27.05.2022 Ausgabe: 4/22

Gute Aussichten für Einsteiger und Aussteiger - Professionalisierung ist für den Erfolg von Immobilienverwaltungen heute wichtiger denn je.

Das Geschäftsmodell Immobi­lienverwaltung stößt aktuell auf großes Interesse. „Die Nachfrage nach Hausver­waltungen ist exorbitant hoch“, erklärt Michael Friedrich. „Für ein Berliner Unter­nehmen habe ich über Nacht 100 Anfra­gen erhalten, davon 40 seriöse.“ Michael Friedrich war selbst viele Jahre Verwal­ter; heute berät er Hausverwaltungen und bringt auf seiner Unternehmensbörse ver­kaufswillige Inhaber und Inhaberinnen mit Kaufinteressenten zusammen. Seine Erfah­rung: Kaufinteressenten haben oft zu hohe Erwartungen. „In neun von zehn Fällen erhalten Käufer nicht, was sie gerne hät­ten: ein modernes, mit gutem Personal ausgestattetes Verwaltungsunternehmen, das digital gut aufgestellt ist, professionell arbeitet und den Preiskampf nicht mit­macht“, sagt er.


Geringe Veränderungsbereitschaft bremst Erfolge aus
Auch auf Verkäuferseite gibt es Hemm­schuhe. „Verwalter kennen oft noch nicht einmal den Wert ihres Unternehmens“, hat Friedrich erfahren. „Viele denken nicht wie Unternehmer. Sie sehen sich als Dienstleister und erfüllen nahezu jeden Kunden­wunsch. Man arbeitet am Wochenende, berechnet Leistungen nicht, obwohl es der Vertrag hergäbe, und scheut die Auseinan­dersetzung über eine Erhöhung der Vergü­tung.“ Stress und Frustration sind die Folge.

Der Markt aber zwingt zum Umdenken. „In den nächsten zwei bis drei Jahren werden wir einen Prozess sehen, der Ver­waltungen in eine neue Richtung drän­gen wird“, prognostiziert Martin Kaßler, Geschäftsführer des VDIV Deutschland. „Neue Verwaltungsunternehmen werden in den Wachstumsmarkt eintreten, beste­hende Unternehmen ihr Portfolio aus­bauen. Sehr kleine und digital schlecht aufgestellte Immobilienverwaltungen werden den Markt verlassen, auch weil die Anforderungen der Kunden und des Gesetzgebers steigen.“


Vertragsgestaltung und Digitalisierung als Hebel
In der Folge sieht Kaßler eine zuneh­mende Spezialisierung der Unterneh­men und eine steigende Nachfrage nach professionellen Anbietern auf die Branche zukommen. Diese Entwicklung macht er am neuen Wohnungseigen-tumsgesetz (WEG) fest, das Verwaltern eine geschäftsführerähnliche Stellung und mehr Handlungsmöglichkeiten einräumt – Stichwort: freiwillige Ver­tragsleistungen. Hinzu kommt die Digi­talisierung, die Unternehmen hilft, Prozesse zu optimieren, den Fach kräf-temangel abzufedern und den Kunden moderne Services wie die unterjährige Verbrauchserfassung anzubieten.

Wer den Wert seiner Immobilienver­waltung steigern will, muss das auf dem Schirm haben. „Immobilienverwaltungen haben es in der Hand, ihr Portfolio und ihre Vergütungsstruktur zu optimieren“, betont Kaßler. Der auch wegen des refor­mierten WEG naheliegendste Schritt sei, neue Verträge mit Eigentümergemein­schaften zu schließen.


Professionalisierung für den Quereinstieg
Es lohnt sich, genau zu beobachten, wer gerade gründet. Zunehmend inte­ressieren sich Quereinsteiger aus der Immobilienbranche für die Miet- und WEG-Verwaltung und qualifizieren sich oder ihr Team entsprechend. Denn die neue Zertifizierungspflicht nimmt nie­manden aus.

So ein Quereinsteiger ist Stefan Klimek, Immobilienmakler, geprüfter Immobilienbewerter und seit 2018 Geschäftsführer eines Familienunternehmens in Remagen. „Immer wieder fragen uns Kunden, die mit unseren Vermarktungsleistun­gen zufrieden sind, ob wir auch Immobilienverwaltung anbieten“, erzählt er. „Natürlich ist diese Erweiterung für uns sinnvoll.“ Neben Kundenkontakten und Top-Bewertungen ist sein Verständnis des kleinstädtisch geprägten Marktes vorteilhaft. „Durch unsere Präsenz und Bekanntheit in der Region haben wir ein gutes Standing“, so Klimek.

Eine zur Immobilienverwalterin ausgebil­dete Fachkraft baut den Bereich nun seit 2022 auf; das digitale Kundenportal und die professionelle Verwalter-Software sind schon angeschafft. „Häufig höre ich von Kunden, die ich beim Wohnungs­kauf unterstützt habe, dass die Eigen­tümergemeinschaft mit den Leistungen ihrer Verwaltung unzufrieden ist. Kri­tikpunkt ist die Erreichbarkeit, die feh­lende Notrufnummer“, erklärt Klimek. „Es besser zu machen, ist für uns eine zusätzliche Motivation.“


In die Nische mit Alleinstellungsmerkmal
Daniel Schmolke von der DSI, Dr.-Ing. Schmolke Immobilien e. K., hat die Miet-und WEG-Verwaltung bereits 2011 in sein Portfolio aufgenommen. Als promovierter Bauingenieur, Wirtschaftsingenieur und Diplomkaufmann ist Schmolke in der Ver­walterbranche eher eine Ausnahme. „In nur wenigen Verwaltungen trifft man auf technische Kompetenz. Dabei begrüßen es viele Eigentümergemeinschaften, wenn ihre Verwaltung sowohl kaufmännische als auch technische Expertise mitbringt“, so seine Erfahrung. Das gilt für Mietverwal-tungskunden sogar noch stärker.

Mit seiner Absage an den oft üblichen Preiswettbewerb, einem Fullservice-Angebot und fokussiert auf eine quali­tätsorientierte Klientel hat er sich eine gute Marktposition erarbeitet. Auch Schmolke bietet moderne Kommunika­tionswege. „Unser digitales Serviceportal ist für Eigentümer oft ein Entscheidungs­kriterium. Auch ältere Kunden nutzen täg­lich ihr Handy und verfolgen gerne per Push-Nachricht, was wir für sie tun.“ Er hat heute 2.000 Objekte in der Verwal­tung – das Konzept funktioniert also gut.


5 TIPPS ZUR NACHFOLGEPLANUNG
 

1 Strukturen überprüfen
Wer morgen eine wertvolle Immobilienverwaltung verkaufen oder überge­ben will, überprüft heute, wie sich das Geschäft professioneller und rentab­ler gestalten lässt. Den Wert einer Hausverwaltung bestimmen die Zahl der verwalteten Einheiten, Jahresumsatz, Digitalisierungsgrad, Verträge und Ver­tragslaufzeiten, Kundenportfolio und Mitarbeiterstruktur.

2 Unternehmer-Mindset aufbauen
Die Situationsanalyse zeigt Schwachstellen auf: Wo liegt Potenzial brach? Wo stehen Leistungen und Vergütung im Missverhältnis? Nur wer bereit ist, gewohntes Fahrwasser zu verlassen, sich Ziele setzt und klare Entscheidun­gen trifft, bewirkt nachhaltige Veränderungen.

3 Unternehmenswert steigern
Gesteckte Ziele werden mit konkreten Maßnahmen erreicht. Die Kundenstruk­tur lässt sich beispielsweise optimieren, indem Verträge mit Eigentümerge­meinschaften, die bei niedriger Zahlungsbereitschaft hohe Ansprüche stellen, auslaufen. Umgekehrt kann eine Immobilienverwaltung mit digitalen Services Neukunden begeistern, die dann auch gerne dafür zahlen. Solche Services wer­den möglich, wenn Dokumente zentral in der Cloud gemanagt, Service-Platt­formen für die Zusammenarbeit mit Partnern genutzt und die Eigentümer und Mieter via Kundenportal bedient werden. Anstöße, wie man die Digitalisierung voranbringt, gibt es bei den Landesverbänden des VDIV Deutschland, auf Mes­sen und Veranstaltungen. Die Tools und Basissysteme, die idealerweise flexibel vernetzungsfähig sind, finden sich bei unterschiedlichen Softwareanbietern.

4 Den richtigen Nachfolger finden
Um die Nachfolge perfekt zu regeln, gibt es mehr als eine Option. Neben Verkauf und Übergabe innerhalb der Familie können Fachkräfte für die Unternehmensführung aufgebaut werden. Auch eine Geschäftsleitung einzustellen und das Unternehmen zu behalten, ist möglich.

5 Kontinuität gewährleisten
Das Verwaltergeschäft lebt von der persönlichen Betreuung. Dass Kundinnen und Kunden bei einem Wechsel der Unternehmensführung miteinbezogen werden, ist für beide Seiten wichtig. „Damit sich alle an die neue Situation gewöhnen können, sollte für einen sanften Übergang gesorgt werden“, rät Friedrich. „Käufer und Verkäufer arbeiten idealerweise sechs bis zwölf Monate Hand in Hand.“

Kunow, Dr. Ilonka

freie Redakteurin, Gauting