01.03.2017 Ausgabe: 2/2017

Haltung bewahren!

Wie Sie Querulanten auf Eigentümerversammlungen begegnen, ohne die Nerven zu verlieren.

Jeder kennt sie, die unangenehmen Zeitgenossen, die einem das Leben zur Hölle machen können. Jedes Zusammentreffen wird zur Herausforderung, scheinbar grundlos oder aus reiner Profilierungssucht schießen sie quer, mit immer neuen Facetten. Wir kennen sie als Nörgler, Choleriker, Besserwisser, Arrogante, Quasselstrippen und ewig Leidende – kurz gesagt: Querulanten.

Ein Querulant ist laut Duden jemand, der sich unnötig beschwert und dabei starrköpfig auf sein vermeintliches Recht pocht. Seit jeher stellt er Entscheidungsträger vor die Frage, wie man ihm begegnet. Handelt es sich bei seinen Einwänden um pathologischen Wahn oder sind seine Ansprüche doch berechtigt? Kann man solche Menschen gezielt steuern? Wie kann man ihnen begegnen, ohne selbst die Nerven zu verlieren?

Im täglichen Umgang mit ihnen kann man Strategien entwickeln, um dem jeweiligen Charakter und den individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden. Das braucht etwas Zeit, Wissen und Selbst(!)bewusstsein. Damit ist nicht nur das Bewusstsein für die eigenen Trigger gemeint, also: Warum reagiere ich auf so etwas immer so?, sondern auch die Fähigkeit, klar Grenzen zu setzen.

Im Einzelgespräch und mit der entsprechenden Vorbereitung ist dies zwar auch schon eine Herausforderung, aber machbar. Schwieriger wird’s vor Publikum, in einer Situation, in der man gut dastehen will, weil scheinbar alle Augen auf das eigene Verhalten gerichtet sind: Hier fühlt man sich schnell persönlich angegriffen, je nach Art des Einwandes sogar bloßgestellt.

Der Grund dafür liegt in dem Bedürfnis, Anerkennung für sein Tun zu finden, als kompetent und souverän wahrgenommen zu werden – und das unter dem Druck, den anderen Eigentümern ebenfalls gerecht werden zu wollen und zudem im Zeitrahmen zu bleiben. In der Eigentümerversammlung geht es ja nicht zuletzt darum, Kompetenz zu vermitteln, Vertrauen zu wecken, die Wiederbestellung, gar Folgeaufträge durch Empfehlungen zu sichern.

Querulanten können hier durch Fragen und Beschwerden empfindlich stören – umso mehr, wenn der Eindruck entsteht, dass es gar nicht um die Sache geht, sondern um Ablehnung aus Prinzip. Wie reagiert man nun sachlich kompetent und souverän, um die Versammlungsleitung im Griff zu behalten?

Darauf sollten Sie achten:

  • Prüfen Sie, ob es sich um einen berechtigten Einwand handelt. Lassen Sie sich nicht, getrieben von Ihrer negativen Erwartungshaltung, zu unsachlicher Reaktion verleiten. Nach dem Motto: „War ja klar, der schon wieder …“
  • Stellen Sie Querulanten nie vor versammelter Mannschaft bloß. Treiben Sie nicht in die Enge, beschämen oder belehren Sie nicht. Vermeiden Sie Formulierungen wie: „Sie müssen …“, „Wenn …, dann …“, „Ja, aber …“. Sie leiten immer den Kampf ums „Recht haben“ ein.
  • Achten Sie auf Ihre nonverbale Kommunikation (Haltung, Stimme, Gestik). Das kleinste Anzeichen von Überheblichkeit, Unsicherheit oder dafür, dass Sie genervt sind, ermuntert Querulanten nur.
  • Lassen Sie sich nur bedingt auf inhaltliche Diskussionen ein. Querulanten sind oft beratungsresistent und lassen sich nur schwer von ihren Vorstellungen abbringen. Gegenrede verstärkt ihre Haltung und lässt sie schnell aggressiv werden.
  • Lassen Sie sich von einer hochgezogenen Augenbraue, Tuscheln oder abwertenden Gesten der anderen Eigentümer nicht dazu verleiten, den Querulanten in die Enge zu treiben.

So können Sie reagieren:

  • Bleiben Sie klar und deutlich: keine Ausweichmanöver oder schwammige Formulierungen.
  • Üben Sie sich im aktiven Zuhören. Dazu eignen sich Formulierungen wie: „Wenn ich Sie jetzt richtig verstanden habe, dann geht es ihnen um …“. Nach der Zusammenfassung bringen Sie Ihre Meinung zum Thema vor, ohne das Wort „aber“ zu benutzen. Voraussetzung für den Erfolg dieser Gesprächstechnik sind die innere Haltung „Du bist o.k. – ich bin o.k.“ und der Wille, zu verstehen, um eine Lösung zu finden.
  • Sollten Sie feststellen, dass Sie selbst kurz davor sind, rechthaberisch oder verbissen zu reagieren, trinken Sie in Ruhe einen Schluck Wasser, genießen das kühle, erfrischende Gefühl und atmen tief durch, bevor Sie angemessen antworten.
  • Stellen Sie lieber Fragen, als Anweisungen zu erteilen: „Können wir uns so einigen, dass …?“, „Haben Sie einen Alternativvorschlag?“, „Was halten Sie davon, wenn wir jetzt … und dann später …?“
  • Gegebenenfalls können Sie in diesem Zusammenhang um eine schriftliche Zusammenfassung der vorgebrachten Punkte zur späteren Prüfung bitten.
  • Fordern Sie andere Meinungen aktiv ein und behandeln Sie diese gleichberechtigt.
  • Setzen Sie ein zeitliches Limit für einzelne Redebeiträge.

Nörgler, Pessimisten und Leidende sollte man auf keinen Fall beschwichtigen. Sie verspüren sonst den Drang zu beweisen, wie schlimm es wirklich ist. Wer allerdings zu viel Verständnis für vorgebrachte Sorgen und Nöte aufbringt, läuft Gefahr, die ganze Versammlung in Lähmung zu versetzen. Auch hier spart die Bitte um eine schriftliche Ausführung der Bedenken oder Beschwerden Zeit und Nerven. Da Nörgler dazu neigen, ihre Plattform bestmöglich zu nutzen, hier ein weiterer Tipp:

  • Selbst wenn Sie sich auf mögliche Einwände akribisch vorbereitet haben, seien Sie sparsam mit voreiligen Vorschlägen und Lösungsansätzen. Gehen Sie taktisch vor. Der Querulant braucht etwas Vorlauf, um sich darzustellen. Gut für Sie, wenn Sie genau darauf reagieren können: „Gut, dass Sie darauf hinweisen. Ich hatte mir das auch schon ­überlegt …“

Persönlichen Angriffen, gar in beleidigender Absicht, sollte man klare Grenzen entgegensetzen:

  • „Sie vergreifen sich im Ton. Das akzeptiere ich nicht. Auf sachlicher Ebene können wir das gerne fortsetzen.“

Setzen Sie kurze Unterbrechungen bewusst ein, um Kräfte zu sammeln.

Der persönliche Stresslevel

Der angemessene souveräne Umgang mit Störern hat viel mit unserem persönlichen Stresslevel zu tun. Drei Dinge sollten Sie beachten, bevor Sie in die Versammlung gehen: Ruhe, positive Stresshormone aktivieren, positive Selbstinstruktion.

Setzen Sie sich ein Zeitlimit: Zwischen dem Abschluss Ihrer Vorbereitungen und dem Beginn der Versammlung sollte mindestens eine halbe Stunde liegen. Nutzen Sie sie, um Kraft zu tanken – bei einem kurzen Spaziergang oder einer Tasse Kaffee.

Üben Sie sich in positiver Selbstinstruktion: Auch Sportler gehen in den Wettkampf mit dem Gedanken „Ich schaffe das“. Gehen Sie in Gedanken kurz den Ablauf und Ihre möglichen Interventionen bei Störungen durch. Bleiben Sie positiv. Sie können das aktiv durch Ihre Körperhaltung beeinflussen. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass schon das zweiminütige Verharren in Siegerpose ausreicht, um eine Prüfung positiv zu beeinflussen. Also: die Beine hüftbreit aufstellen, Brustkorb raus, Hände in die Seiten gestützt, Kopf hoch und mit einem „Ja, ich schaff' das!“ zwei Minuten halten. Viel Erfolg.

Foto: © MichaelJayBerlin / Shutterstock.com


Meyer-Lentge, Evelyn

Die als syst. Coach tätige Kommunikations- und Selbstbehauptungstrainerin hat viele Jahre in der Hausverwaltung gearbeitet und ist freie Seminarleiterin und Referentin des EBZ und der FHöV Köln.
www.coach-ml.de