21.04.2016 Ausgabe: 3/2016

Ich brauch‘ das für die Steuer!

Die Jahresabrechnung: Wie wichtig ist die Einhaltung der Fristen zur Fertigstellung für die Einkommensteuer des Eigentümers? Woran müssen sich WEG- und Mietverwalter halten?

Kaum hat das neue Jahr begonnen, die Abrechnungen der Energieversorger für das vergangene liegen gerade vor, schon fordern die ersten Eigentümer die Fertigstellung der Jahresabrechnung – stets mit Hinweis auf die fristwahrende Bearbeitung ihrer persönlichen Steuererklärung. Aber müssen sich Verwalter davon wirklich noch zusätzlich unter Druck setzen lassen?

Die Abgabefristen im Steuerrecht

Nach den allgemeinen Bestimmungen der Abgabenordnung sind Einkommensteuererklärungen gem. § 149 Abs. 2 AO dem Finanzamt spätestens fünf Monate nach Ablauf des Kalenderjahres einzureichen, damit also bis zum 31. Mai des Folgejahres. Wird der Steuerpflichtige durch einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe oder andere Personen i.S.d. §§ 3 und 4 StBerG vertreten, gilt eine allgemeine
Fristverlängerung bis zum 31. Dezember des Folgejahres. In begründeten Einzelfällen können die genannten Fristen auf Antrag bis zum 31.7. des Folgejahres bzw. 28. 2. des übernächsten Jahres verlängert werden.

Welche Fristen sind zu beachten?

Der WEG-Verwalter hat die Aufstellung der Abrechnung nach Ablauf des Wirtschaftsjahres innerhalb einer angemessenen Frist, die i.d.R. drei bis sechs Monate beträgt, vorzulegen (Bärmann/Becker § 28 Rn. 105; OLG Zweibrücken ZMR 2007, 728 und 887; BayObLG WE 1991, 223 f.). Durch Vereinbarung kann eine abweichende Frist bestimmt werden. Darüber hinaus hat er die steuerlichen Abgabefristen zu beachten, soweit von ihm als Vertreter der Gemeinschaft für diese eine Steuererklärung abzugeben ist.
Für den Mietverwalter wird sich die Frist zur Vorlage der Abrechnungen gegenüber dem Eigentümer i.d.R. aus den vertraglichen Vereinbarungen ergeben. Unabhängig davon hat er die Frist zur Vorlage der jährlichen Betriebskostenabrechnung an die Mieter gem. § 556 Abs. 3 BGB zu beachten.

Welche Auswirkungen haben die genannten Fristen auf die Steuererklärung der Eigentümer?

Hinsichtlich der Abrechnungen des WEG-Verwalters ist zunächst festzuhalten, dass dem Finanzamt grundsätzlich die Besteuerungsgrundlagen (gemeinsame Einkünfte, Steuerabzugsbeträge etc.) der Wohnungseigentümergemeinschaften im Rahmen des gesonderten Feststellungsverfahrens gem. § 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO zu erklären sind. In der überwiegenden Zahl aller Fälle verzichtet die Finanzverwaltung jedoch auf dieses auch für die Behörden sehr aufwendige Verfahren, soweit die Fälle von geringer Bedeutung sind (§ 180 Abs. 3 Nr. 2 AO). Die Finanzämter begnügen sich dann regelmäßig mit der Vorlage der durch den Verwalter erstellten Jahresabrechnung, wenn aus ihr die gemeinschaftlichen Einnahmen (z. B. Zinserträge, Mieteinnahmen etc.) und Steuerabzugsbeträge hervorgehen.

Während im Rahmen des formellen Feststellungsverfahrens auch die im Zweifel bereits rechtskräftigen Steuerbescheide der Miteigentümer nochmals geändert werden können (§ 175 Abs. 1 Nr. 1 AO), ist dies durch die einfache Vorlage der Jahresabrechnung nicht möglich. Daher werden Miteigentümer darauf achten, dass sie dem Finanzamt die steuerlich relevanten Daten ihrer Jahresabrechnung zeitgleich mit ihrer persönlichen Steuererklärung einreichen, da sie andernfalls den Verlust möglicher Steuervergünstigungen befürchten müssen. So erscheint der plötzliche Termindruck, dem sowohl einzelne Eigentümer als auch die Verwalter unterliegen, zunächst durchaus verständlich, zumindest für den Fall, dass Eigentümer ihre Steuererklärung in eigener Verantwortung erstellen und damit an die Fünfmonats-Frist gebunden sind.

Gibt es einen Ausweg aus dem scheinbaren Fristen-Dilemma?

Diesen Ausführungen lässt sich entnehmen, dass es zwischen den allgemeinen steuerlichen Abgabefristen und den Fristen der Verwalter für die Erstellung der Abrechnungen im Grunde kaum einen Unterschied gibt. Theoretisch dürfte es im Regelfall damit auch nicht zu dem
vorgeblichen Termindruck kommen. Sollte jedoch die Abrechnung des Verwalters im Ausnahmefall – aus welchen Gründen auch immer – nicht spätestens innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Rechnungsjahres vorliegen, bleibt den steuerlich nicht vertretenen Eigentümern zunächst nur die Möglichkeit, in ihre persönliche Steuererklärung vorerst geschätzte Werte einzustellen, um zumindest die Abgabefrist zu wahren. Allerdings müssen sie nunmehr besonderes Augenmerk auf den Steuerbescheid legen, der ihnen zu einem späteren Zeitpunkt
zugeht. Spätestens dann sollte die Abrechnung des Verwalters vorliegen. Weicht der Steuerbescheid zu Ungunsten des Eigentümers von den Angaben in der eingereichten Steuererklärung ab, müsste der betroffene Eigentümer gem. § 355 Abs. 1 AO innerhalb eines Monats Einspruch einlegen. Zur Begründung des Einspruchs sind dem Finanzamt dann zwingend auch die Daten aus der aktuellen Abrechnung des Verwalters vorzulegen, da andernfalls der Einspruch nach Ablauf einer weiteren Nachfrist als unbegründet zurückgewiesen werden kann. In der Folge bliebe dem Eigentümer nur noch der Weg des Klageverfahrens vor dem zuständigen Finanzgericht, um die Korrektur des fehlerhaften Steuerbescheids zu seinen Gunsten durchzusetzen. In einem solchen Fall hätte der Eigentümer als Einspruchsführer zusätzlich die Kosten des Klageverfahrens zu tragen, soweit die Abrechnungsunterlagen des Verwalters erst mit der Klagebegründung eingereicht werden können.

Vielfach werden Steuerbescheide durch die Finanzverwaltung jedoch gem. § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erteilt. Solange der Vorbehalt durch das Finanzamt nicht ausdrücklich aufgehoben wird oder durch Ablauf der vierjährigen Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO für ESt-Bescheide) unwirksam wird, ist eine Änderung des Steuerbescheids jederzeit möglich. In diesem Fall könnte der Eigentümer die verspätet vorgelegten Abrechnungsunterlagen des Verwalters dem Finanzamt also auch nach Ablauf der Einmonats-Frist nachreichen.

Der Vorbehalt gem. § 164 Abs. 1 AO darf jedoch nicht verwechselt werden mit dem Vorläufigkeitsvermerk gem. § 165 AO, da sich in diesem Fall die vorläufige Steuerfestsetzung immer nur auf bestimmte Punkte im Steuerbescheid bezieht, die in jedem Bescheid auch besonders erläutert werden.
Es versteht sich von selbst, dass der Eigentümer die Änderung seines Steuerbescheids auch dann zu beantragen hat, wenn er nach Einsicht in die Abrechnung des Verwalters zu dem Ergebnis kommt, dass sich die Nachmeldung der Daten aus der Verwalterabrechnung zu seinen
Ungunsten auswirkt (§ 153 AO).

Empfehlung für Verwalter

Abrechnungen sollten innerhalb der rechtlich anerkannten angemessenen Fristen vorgelegt werden. Die aufgezeigten Probleme und Lösungswege betreffen im Wesentlichen nur die steuerlich nicht vertretenen Eigentümer. In allen anderen Fällen kann man dem beiderseitigen Termindruck vielfach durch die verlängerten steuerlichen Abgabefristen entgehen. Letztlich bleibt aber für Verwalter bei verspäteter Vorlage der Abrechnungen immer das Risiko, für zusätzliche Kosten der Eigentümer in Anspruch genommen zu werden, die möglicherweise im Einspruchsverfahren entstehen könnten.

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Wilhelmy, Wolfgang

Der Steuerberater betätigt sich auch als Autor und Referent im Wohnungs­eigentumsrecht.
www.steuerberater-­wilhelmy.de