02.08.2021 Ausgabe: 4/21

Kein Ende in Sicht! Kein Ende in Sicht! Verwahrentgelte für Bankguthaben sind für Privatanleger genau wie für gewerbliche Bankkunden oder auch Eigentümergemeinschaften Realität geworden.

Das seit Jahren anhaltende niedrige Zinsniveau wird uns wohl noch auf längere Sicht erhalten bleiben. Wir rechnen mindestens mittelfristig mit gleichbleibenden Geld- und Kapitalmarktsätzen. Dies belegen auch von Akteuren der Europäischen Zentralbank (EZB) in der Pressekonferenz vom 11. März 2021 getroffene Aussagen: Vermutet wird, dass sich die Wirtschaftslage im Jahr 2021 insgesamt verbessern dürfte. Hinsichtlich der kurzfristigen wirtschaftlichen Aussichten herrscht jedoch nach wie vor Unsicherheit. Vor diesem Hintergrund hat der EZB-Rat die folgenden Beschlüsse gefasst:

Erstens werden die Nettoankäufe im Rahmen des Pandemie-Notfallankaufprogramms Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP), das einen Gesamtumfang von 1.850 Mrd. Euro hat, mindestens bis Ende März 2022 und in jedem Fall so lange weitergeführt werden, bis die Phase der Corona-Krise nach Einschätzung des Rates überstanden ist.

Zweitens werden die Nettoankäufe im Rahmen des Programms zum Ankauf von Vermögenswerten, Asset Purchase Programme (APP), mit einem Umfang von 20 Mrd. Euro monatlich fortgesetzt. Der EZB-Rat geht weiterhin davon aus, dass die monatlichen Nettoankäufe von Vermögenswerten im Rahmen des APP so lange fortgesetzt werden, wie dies für die Verstärkung der akkommodierenden Wirkung der Leitzinsen erforderlich ist.

Drittens beschloss der Rat, die Leitzinsen der EZB unverändert zu belassen.

Was die Finanzpolitik betrifft, so bleibt angesichts des starken Konjunkturabschwungs im Euroraum ein ambitionierter und koordinierter finanzpolitischer Kurs unumgänglich. Marktstudien belegen des Weiteren, dass die Negativzins-Welle nicht abreißen wird. Im Gegenteil: Es kommen fast täglich neue Banken und Sparkassen hinzu, die 0,50 Prozent als Verwahrentgelt auf Guthaben berechnen. Die Auswirkungen treffen nicht nur private Anleger, sondern in besonderem Maße auch Wohnungseigentümergemeinschaften, denen – je nach Rücklagenvermögen – nennenswerte Beträge aus der Erhaltungsrücklage abschmelzen. Wohnungseigentümergemeinschaften und ihre Verwaltungen stehen somit immer häufiger vor der Problematik, Verwahrentgelte zu vermeiden und zugleich die Vorgaben des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) zu erfüllen. Hier besagt § 19 Abs. 2 S. 4, dass zu einer ordnungsmäßigen Verwaltung und Benutzung insbesondere auch die Ansammlung einer angemessenen Erhaltungsrücklage gehört. Wie allerdings die Anlage der Erhaltungsrücklage erfolgen soll, erläutert das Gesetz nicht.

In vielen Fällen stellt sich längst nicht mehr die Frage, ob Strafzinsen, Negativzinsen oder – wie es offiziell heißt: – Verwahrentgelte für Guthaben gezahlt werden müssen, sondern nur noch, wie hoch diese ausfallen und ob sie zudem von teils drastisch erhöhten Kontoführungsgebühren flankiert werden.

Worauf also ist zu achten, wenn man negative Folgen des aktuellen Zinsniveaus vermeiden will? Dazu ein paar Anregungen aus der Praxis:

Die Sicherheit der Einlage
Aus unserer Sicht ist es von elementarer Bedeutung, wie Einlagen abgesichert sind. Je nach Institut kann dies unterschiedlich geregelt sein. Die BfW – Bank für Wohnungswirtschaft AG (BfW-Bank) ist gemäß Rechtsverordnung des Bundesministers der Finanzen vom 24. August 1998 der Entschädigungseinrichtung für die privatrechtlichen Institute zugewiesen worden. Der besondere Schutz von Guthaben von Eigentümergemeinschaften besteht bei der BfW-Bank darin, dass pro Wohnungseigentümer – und unter Berücksichtigung etwaiger weiterer, gegebenenfalls geschützter Einlagen des Eigentümers – 100.000 Euro abgesichert sind.

Die Organisation der Konten
Generell sollten Konten – wie es bei der BfW-Bank üblich ist – auf den Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft als „offenes Fremdgeldkonto“ geführt werden. Das erhöht nicht nur die Transparenz für die Wohnungseigentümer, sondern erfüllt auch § 27 Abs. 5 Wohnungseigentumsgesetz (WEG), die Trennung der Gelder vom Vermögen der Verwaltung. Kontoinhaber ist in diesem Fall die Eigentümergemeinschaft. Die bevollmächtigte Verwaltung erhält den Zugriff auf deren Konten. Damit sind die Guthaben der Gemeinschaft im Falle einer Insolvenz der Verwaltung pfändungs- und insolvenzsicher.

Die Kontoführungskosten
Die Preisgestaltung ist in diesem Bereich von atemberaubender Vielfalt. Flat Rates sind wegen ihrer Transparenz und der besseren Kalkulierbarkeit vorzuziehen. Rücklagenkonten sollten kostenfrei oder zu geringen Kosten geführt werden. Sparen kann man durch den Verzicht auf gedruckte Kontoauszüge. In elektronischer Form sollten sie kostenfrei sein.

Die Höhe der Rücklagen
Eine weitere Möglichkeit, um Schaden durch Negativzinsen von Gemeinschaften abzuwenden, besteht darin, bereits angedachte und geplante Sanierungsmaßnahmen vorzuziehen und vorhandene Rücklagen zumindest zum Teil dafür zu verwenden. So lässt sich das Bankguthaben ggf. unterhalb der Obergrenze für Freibeträge verwahrentgeltfrei anlegen.

Die Frage des Geschäftsmodells
Geldinstitute, die sich – wie beispielsweise die BfW AG – auf die Belange der Immobilienwirtschaft fokussieren, indem sie etwa über Konten Mittel aus der Wohnungswirtschaft wie Rücklagen oder Mietkautionen bündeln und diese über Kredite für anstehende Sanierungsmaßnahmen an Eigentümergemeinschaften ausleihen, können ihre Kontoführungskosten eher stabil niedrig halten. Dies erfordert allerdings immer auch ein hohes Maß an Kostendisziplin, Technisierung und Innovationskraft – verbunden mit dem Willen, Kunden nicht belasten zu wollen.

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Heinrich, Jürgen

Generalbevollmächtigter BfW – Bank für Wohnungswirtschaft AG