07.03.2013 Ausgabe: 2/2013

Keine Änderung von Stimmzetteln, die bereits abgegeben wurden

In einer Wohnungseigentümerversammlung wurde über einen Beschlussantrag mit Hilfe von Stimmzetteln abgestimmt, die vom Versammlungsleiter geöffnet und vom Verwalter durch Eintragung in eine Tabelle ausgezählt wurden. Zu einem ungeklärten Zeitpunkt forderten zwei Wohnungseigentümer ihre bereits abgegebenen Stimmzettel zurück und änderten diese. Bei der Auszählung wurde das Ergebnis der Abstimmung unter Berücksichtigung der geänderten Stimmzettel ermittelt. Der Beschluss wurde mit dem Argument angefochten, dass die Änderung der Stimmen nach Abgabe der Stimmzettel nicht mehr möglich gewesen sei.

Die Meinung des Gerichts:

Der BGH hält Widerruf und Änderung der Stimmabgabe nicht mehr für möglich, wenn und sobald der Versammlungsleiter die Stimmzettel erhalten hat. Die Einzelstimmen der Wohnungseigentümer sind empfangsbedürftige Willenserklärungen gegenüber dem Versammlungsleiter. Sie werden wirksam und verbindlich, sobald sie ihm als Empfänger zugegangen sind. Das ist unter Anwesenden der Fall, wenn von der Erklärung zur Ermittlung des Abstimmungsergebnisses Kenntnis genommen wird. Für den Fall der Abstimmung mit Hilfe von Stimmzetteln, ist der Zugang aber schon gegeben, wenn die Stimmzettel die mit der Auszählung und Ermittlung des Abstimmungsergebnisses betrauten Personen erreicht haben. In diesem Moment sind die Stimmen wirksam und verbindlich abgegeben, ein Widerruf ist ab dann nicht mehr möglich. Auf den Zeitpunkt der Kenntnisnahme und Auszählung der Stimme kommt es dann nicht an. Daher waren die Stimmen wie anfangs abgegeben und nicht mit dem geänderten Inhalt für die Ermittlung des Abstimmungsergebnisses zu berücksichtigen.

Dokumentation: BGH, Urt. v. 13. 07. 2012 – V ZR 254/11, Entscheidungsabdruck in NJW Heft 46 vom 08. 11. 2012.

Ratschlag für den Verwalter:

Die Verwendung von Stimmzetteln ist ein probates Mittel, um in Eigentümerversammlungen die Beschlussfassung übersichtlich und prüfbar durchzuführen. Der Verwalter sollte klar stellen, dass die abstimmenden Wohnungseigentümer an ihre mit den Stimmzetteln gemachte Entscheidung gebunden sind, sobald der Stimmzettel der mit der Durchführung der Abstimmung und Auszählung betrauten Person oder einem Assistenten zugegangen ist. Das ist der Fall, wenn der Stimmzettel dieser Person übergeben oder in eine Urne eingeworfen wurde.

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Schiesser, Dr. Susanne

DR. SUSANNE SCHIESSER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner in der Kanzlei „ Sibeth Partnerschaft Rechtsanwälte Steuerberater“.