02.05.2019 Ausgabe: 3/19

Kündigung aller Vermieter auch nach Eigentumserwerb eines einzigen Vermieters notwendig – keine Konfusion!

§ 566 BGB regelt, dass der Erwerber eines Grundstücks in alle Mietverhältnisse über dieses Grundstück oder Gebäude auf diesem Grundstück eintritt. Der BGH hatte in den letzten Jahren Gelegenheit, die Voraussetzungen dieses gesetzlichen Übergangs eines Mietverhältnisses zu schärfen und die wenigen Fälle der analogen Anwendung zu präzisieren. Nun entscheidet der BGH eine – eigentlich alltägliche – Konstellation dahingehend, dass ein automatischer Eintritt des Erwerbers gerade nicht stattfindet und daher alle früheren Vermieter notwendige Erklärungen im Mietverhältnis, insbesondere ­Kündigungen, abgeben müssen.

DER FALL

Ehefrau und Ehemann waren Miteigentümer eines Zweifamilienhauses. Sie vermieteten beide als Vermieter die zweite Wohnung an den Mieter, den späteren Beklagten. Die Eheleute trennten sich, und im Zuge dieser Trennung erwarb die Ehefrau den Miteigentumsanteil des Ehemannes, wurde so Alleineigentümerin des Anwesens. Da nun das Eigentum am Haus und an der vermieteten Wohnung in einer Person vereinigt war, ging die Ehefrau davon aus, dass sie alleine darüber verfügen, also auch den Mietvertrag alleine kündigen könne. Sie erklärte die Kündigung ohne ihren Ehemann und klagte gegen den Mieter auf Räumung. Nachdem dieser während des laufenden Prozesses ausgezogen war, drehte sich die BGH-Entscheidung nur noch um die Kosten. Der BGH nahm dies aber zum Anlass, der Ansicht der Ehefrau zur Kündigungsbefugnis eine Absage zu erteilen. Ein Eintritt der Ehefrau in das auch mit ihrem Ehemann abgeschlossene Mietverhältnis konnte gerade nicht kraft Gesetzes gemäß § 566 BGB erfolgen. Nach seinem Wortlaut ist § 566 BGB nicht anwendbar, da dieser die Veräußerung an einen Dritten vorsieht, der bislang an dem Mietverhältnis nicht beteiligt war und personenverschieden von dem/den bisherigen Vermieter/n sein muss. Dies war hier nicht der Fall, da ein Vermieter seinen Miteigentumsanteil an den anderen Vermieter veräußert.
Jedoch auch eine analoge Anwendung des § 566 BGB scheidet aus. Der BGH erörtert nochmals die Voraussetzungen einer Analogie, die nur dann zulässig ist, wenn der Gesetzgeber nach den gleichen Grundsätzen wohl das gleiche Abwägungsergebnis getroffen hätte. Hierbei ist insbesondere der Schutzzweck der Norm zu beachten. Schutzzweck des § 566 BGB ist der Schutz des Mieters vor dem Verlust des Besitzes an der Mietsache (insbesondere an der Wohnung) gegenüber einem neuen Erwerber, der ohne diese Vorschrift nicht an den Mietvertrag gebunden wäre und die Wohnung herausverlangen könnte. Der Gesetzgeber des BGB hat hier den alten Grundsatz aus dem germanischen Recht „Kauf bricht nicht Miete“ umgesetzt. Dieser Schutzzweck ist im entschiedenen Fall jedoch nicht einschlägig, denn der Erwerber, hier die Ehefrau, ist ja selbst Vermieter und damit selbst an den Mietvertrag gebunden. Der Mieter bedarf also des Schutzes nicht. Damit kann sich die Ehefrau und Erwerberin auch nicht automatisch auf einen gesetzlichen Übergang des Mietverhältnisses berufen. Praktikabilitätserwägungen, wonach der Alleineigentümer auch alleine über das Schicksal des Mietverhältnisses entscheiden können soll, dürfen nach dem BGH keine Rolle spielen. Der Ehemann war also durch die Übertragung seines Miteigentumsanteils auf die Ehefrau nicht automatisch aus dem Mietverhältnis ausgeschieden, die Kündigung hätte daher von beiden Ehegatten ­unterzeichnet werden müssen.

Verwalter­strategie

Bei einem Eigentumswechsel ist immer genau zu prüfen, ob das Mietverhältnis tatsächlich kraft Gesetzes auf den neuen Erwerber übergegangen ist, oder ob der bisherige (Mit-)Vermieter noch bei Gestaltungserklärungen, insbesondere bei Kündigungen mitwirken muss. Die Situation, dass bei einer Trennung und finanziellen Auseinandersetzung zwischen Ehegatten Miteigentumsanteile an Immobilien übertragen werden, ist häufig. Hier sollte bei der Übertragung entweder eine Bevollmächtigung des übernehmenden Ehegatten oder aber die Verpflichtung des übertragenden Ehegatten zur weiteren Mitwirkung bei der Gestaltung der Mietverhältnisse geregelt werden. Anderenfalls müssen sich vor Ausspruch der Kündigung zunächst einmal die (Ex-)Ehegatten über das Vorgehen in dem gemeinsam abgeschlossenen Mietverhältnis einig werden.

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Schiesser, Dr. Susanne

DR. SUSANNE SCHIESSER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner in der Kanzlei „ Sibeth Partnerschaft Rechtsanwälte Steuerberater“.