15.10.2019 Ausgabe: 5/19

Künftig Meldepflichten für Immobilien­verwaltungen? Der Common Reporting Standard der OECD

Steuerflucht und -hinterziehung führen zu erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen. Daher entwickelte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) den Standard für den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten, Common Reporting Standard (CRS). 2014 verpflichtete sich die Bundesrepublik Deutschland zur Umsetzung eines solchen internationalen Informationsaustauschs und schloss zudem das sogenannte FATCA-Abkommen (Foreign Account Tax Compliance Act) mit den USA zur automatischen Übermittlung steuerlich relevanter Daten.

In seiner ursprünglichen Fassung betrafen die mit den Regelungen verbundenen Meldepflichten auch Konten von Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG). Die Folge: erheblicher zeitlicher und bürokratischer Aufwand für Immobilienverwaltungen und Wohnungseigentümer. Denn Immobilienverwaltungen wären verpflichtet, für jedes einzelne Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft eine Selbstauskunft einzuholen. Um dem entgegenzuwirken, hat der DDIV mit dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) bereits in den Jahren 2014 und 2016 erfolgreich Ausnahmen von den Meldepflichten für Konten von Immobilienverwaltungen erreichen können. Doch im Rahmen der OECD-Prüfung der nationalen Umsetzung der Meldestandards steht die Ausnahme der Treuhandkonten von Hausverwaltern nun erneut auf dem Prüfstand. Dabei sprechen viele Gründe dafür, sie weiterhin als „Low-risk excluded accounts“ einzustufen.

Bedeutende Rolle von ­Wohnimmobilienverwaltern

Viele der über neun Millionen Eigentumswohnungen in rund 1,8 Millionen WEG werden von einer Immobilienverwaltung vertreten und betreut. Darunter befinden sich 4,9 Millionen vermietete Eigentumswohnungen, die auch im Rahmen einer Sondereigentumsverwaltung betreut werden können. Weitere neun Millionen Mietwohnungen privater Eigentümer stehen dem Mietwohnungsmarkt zur Verfügung und werden zu mindestens 20 Prozent im Rahmen der treuhänderischen Mietverwaltung betreut.1  Die 23 276 in der Verwaltung von Wohnimmobilien für Dritte (WEG- und Mietverwaltung) tätigen Unternehmen2  tragen damit enorme wirtschaftliche und gesellschaftliche Verantwortung – insgesamt für Sachwerte in Höhe von rund zwei Billionen Euro.

Bei der Verwaltung von Wohnungseigentum ist die Konten- und Gelderverwaltung dezidiert im Wohnungseigentumsgesetz als Aufgabe definiert. So ist der Verwalter berechtigt, eingenommene Gelder zu verwalten und hierzu Konten zu führen.3 Gleichzeitig ist die Verwaltung dazu verpflichtet, das Vermögen der Eigentümergemeinschaft vom eigenen Vermögen getrennt zu halten.4 Dies geschieht in der Praxis durch die Anlage eines offenen Fremdgeldkontos.

Existenziell wichtige Ausnahmen von der Meldepflicht bei WEG-Konten
2014 erreichte der DDIV, dass Konten von WEG für Instandhaltungsrückstellungen von der Meldepflicht ausgenommen sind. Denn diese Rückstellungen sind nach § 27 Abs. 5 Nr. 4 Wohnungseigentumsgesetz Teil des Verwaltungsvermögens der WEG, die auch die Kontoinhaberin ist – Mitglieder der Gemeinschaft hingegen sind keine (anteiligen) Kontoinhaber.

2016 wirkte der DDIV dann erfolgreich darauf hin, dass auch WEG-Kontokorrentkonten, offene WEG-Fremdkonten und Objektkonten auf die Liste für ausgenommene Konten aufgenommen wurden und keine entsprechenden Meldepflichten bestehen. Diese Ausnahmen hielt das BMF Anfang 2017 in seinem Anwendungsschreiben zum Umgang mit dem OECD-Meldestandard fest.5  Denn auch bei diesen Konten ist wiederum die WEG die alleinige Inhaberin, dementsprechend steht das Verwaltungsvermögen ausschließlich der WEG zu.6 Angesichts des mit der Meldepflicht verbundenen zeitlichen und bürokratischen Aufwands sind diese Ausnahmen existenziell für die Immobilienverwaltungsbranche.

Ende der Ausnahme für ­Treuhandkonten?
Kürzlich teilte das BMF dem DDIV mit, dass die OECD die nationale Umsetzung des OECD-Meldestandards im Rahmen eines gegenseitigen Überprüfungsprozesses untersucht. Hierbei soll auch eruiert werden, ob von Hausverwaltern geführte Treuhandkonten7  weiterhin als „Low-risk excluded accounts“ geführt werden – oder ob sie die entsprechenden Voraussetzungen nicht erfüllen und somit künftig den Meldepflichten nach dem CRS-Standard unterliegen. Nach erster Prüfung der OECD zeichnet sich ab, dass diese Konten die Voraussetzungen aus Sicht der OECD nicht zu erfüllen scheinen. Das BMF bat daher den DDIV um Argumente, die das fehlende Risiko von Steuerhinterziehungen bei diesen Konten belegen.

Mietkaution: geringe Summe,  lange Laufzeit
Treuhandkonten von Hausverwaltern, die Gegenstand der OECD-Prüfung der nationalen Umsetzung des Common Reporting Standards sind, werden in der Praxis ausschließlich in der Verwaltung ungeteilter Mehrfamilienhäuser und der Sondereigentumsverwaltung sowie der Gewerbeverwaltung verwendet. Bei der Mietverwaltung, auf die sich wegen der höheren praktischen Relevanz die weiteren Ausführungen beziehen, werden sie für zwei Zwecke angelegt: zum Verwahren der Mietkautionen und zum Verbuchen der Mieteinnahmen. Die Kündigung der Treuhandkonten kann dabei stets nur durch den Treuhänder erfolgen, den Hausverwalter.

Nach § 551 Abs. 3 BGB hat der Vermieter resp. Verwalter als Vertreter des Vermieters „die ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme bei einem Kreditinstitut zu dem für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist üblichen Zinssatz anzulegen“. Für das Verwalten und Verwahren der Mietkautionen eröffnet daher die Hausverwaltung ein Treuhandkonto mit dem jeweiligen Mieter als wirtschaftlich Berechtigtem. Das von der OECD befürchtete Risiko für Steuerhinterziehungen ist hier allerdings gering. Denn die Saldenhöhe von Treuhandkonten für Mietkautionen beläuft sich auf vergleichsweise niedrige Summen. Die Mietsicherheit, die einmalig oder in drei Raten8 hinterlegt wird, darf gemäß § 551 Abs. 1 BGB höchstens das Dreifache der Monatskaltmiete betragen.

Ein Rechenbeispiel, um die Höhe der jeweiligen Summen zu verdeutlichen: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes betrug die Grundfläche einer durchschnittlichen zu Wohnzwecken vermieteten Wohnung in Deutschland im Jahr 2011 ca. 71 qm.9  Die Nettokaltmiete für Wohnungen bis 80 qm lag im Jahr 2018 durchschnittlich bei 6,90 Euro/qm.10 Daraus ergibt sich eine durchschnittliche Kaltmiete von ca. 490 Euro/Monat. Der durchschnittliche Saldo eines Treuhandkontos für Mietkautionen liegt somit bei rund 1.500 Euro. Diese Beträge sind viel zu gering, um etwaige Steuerhinterziehungstatbestände zu ergeben.

Zudem verbleibt die Mietsicherheit für die Dauer des Mietverhältnisses auf dem Konto. Entsprechend lang sind die Laufzeiten der Treuhandkonten. In Berlin beispielsweise ist dem Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen zufolge die Mietdauer zwischen 2001 und 2016 von 10,5 auf 18 Jahre gestiegen, die Fluktuationsrate ist in dieser Zeit von 9,5 Prozent auf 5,5 Prozent gesunken.11 Auch dieser Aspekt zeigt, dass Treuhandkonten von Hausverwaltern weiterhin als „Low-risk excluded accounts“ geführt werden sollten.

Viele durchlaufende ­Posten bei ­Treuhandkonten für ­Mieteinnahmen
Ähnliches gilt für Treuhandkonten für Mieteinnahmen, für deren Verbuchung in vielen Fällen ein Treuhandkonto mit dem Haus-/Wohnungseigentümer als wirtschaftlich Berechtigtem angelegt wird. Diese Treuhandkonten werden in der Regel für die Dauer des Vertragsverhältnisses zwischen Treugeber (Eigentümer) und Treuhänder (Hausverwaltung) geführt. Da Verwaltungsmandate meist langfristig wahrgenommen werden, beträgt die Laufzeit von Vertragsverhältnissen zwischen (Miet-) Verwaltern und Eigentümern in der Praxis stets mehrere Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte. Zudem ist zu berücksichtigen, dass ein nicht unerheblicher Anteil der verbuchten Mieteinnahmen durchlaufende Posten sind. Diese werden umgehend beispielsweise für die laufende Bewirtschaftung in Form von Hausstrom, Kosten zur Erzeugung von Wärmeenergie, Steuern, Versicherungen sowie das Begleichen der Verwaltervergütung verwendet oder fließen in die Instandhaltungsrücklage. Das Konto sollte stets eine verfügbare Rücklage für dringende Fälle aufweisen, in denen beispielsweise Gefahr im Verzug ist und eine Anforderung der erforderlichen Gelder nicht mehr möglich wäre. Nach Abzug dieser Posten verbleibt ein Überschuss, der in der Regel auf ein separates Konto des Eigentümers überwiesen wird. Die Höhe der durchgängig auf dem Konto verfügbaren Gelder bemisst sich demnach nach der vereinbarten kurzfristig verfügbaren Rücklage.

Anforderungen an Immobilienverwalter
Wie bereits dargelegt, sind Immobilienverwalter – ebenso wie Vermieter – gesetzlich dazu verpflichtet, die Mietkaution bei einem Kreditinstitut anzulegen. Dabei können sie sich unter Umständen strafbar machen, wenn sie die Kaution nicht gemäß § 551 BGB getrennt vom eigenen Vermögen verwahren. Das gilt insbesondere, wenn der Hausverwalter – oder Vermieter – die konkrete Gefahr, dass er in Insolvenz gehen könnte, erkennt und die ungetrennte Anlage dennoch billigt. In diesem Fall kann er sich der Untreue nach § 266 StGB schuldig machen, wie der BGH bereits entschied.12
Wohnimmobilienverwalter dürfen zudem seit dem 1. August 2018 nur bei Vorliegen einer Gewerbeerlaubnis nach § 34c Gewerbeordnung gewerblich tätig sein.

Für die Erteilung der Erlaubnis müssen sie Zuverlässigkeit, geordnete Vermögensverhältnisse und eine Berufshaftpflichtversicherung nachweisen. Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt in der Regel nicht, wer in den letzten fünf Jahren vor Stellung des Antrages wegen eines Verbrechens oder wegen Diebstahls, Unterschlagung, Erpressung, Betruges, Untreue, Geldwäsche, Urkundenfälschung, Hehlerei, Wuchers oder einer Insolvenzstraftat rechtskräftig verurteilt worden ist.13  Ein Verstoß gegen diese Pflicht kann zu berufsrechtlichen Konsequenzen führen.

Umfangreiche ­Sicherungsmecha­nismen bestehen bereits.
Zwar sind Mietverwalter nach den aktuellen gesetzlichen Vorgaben nicht verpflichtet anzuzeigen, dass Konten als Treuhandkonten eröffnet und die darauf eingezahlten Gelder für Zwecke dieses Treuhandverhältnisses verwahrt werden. Doch bei der Eröffnung von Treuhandkonten sind Kreditinstitute seit dem 1. Januar 2018 aufgrund des Steuerumgehungsbekämpfungsgesetzes verpflichtet, die steuerliche Ansässigkeit sowie die Steuer-Identifikationsnummer (TIN) des wirtschaftlich Berechtigten abzufragen.14 Dadurch sind Kontenbeziehungen kontrollierbar und für Behörden nachvollziehbar geregelt.
Treuhandkonten von Haus- und Mietverwaltern werden zudem im Rahmen der geltenden Gesetze und Regeln für Banken überwacht und reguliert. Diese unterliegen dem Geldwäschegesetz, dem Kreditwesengesetz und dem Strafgesetzbuch. Daneben gelten die internationalen und nationalen Finanz- und Wirtschaftsembargovorschriften sowie weitere nationale und internationale gesetzliche Vorschriften. Es werden die Beschränkungen des Kapital- und Zahlungsverkehrs auf der Grundlage von Sanktionsmaßnahmen der Vereinten Nationen, der OFAC, der Europäischen Union sowie der nationalen Behörden (Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium der Finanzen), im Benehmen mit der Deutschen Bundesbank sowie die Empfehlungen der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) beachtet. Die Einhaltung der oben genannten Standards wird jeweils vor dem Eingehen einer neuen Geschäftsbeziehung durch die Bank geprüft. Dadurch ist im Verlauf der Geschäftsbeziehung risikobasiert eine kontinuierliche Überwachung der Transaktionen gewährleistet.
Darüber hinaus muss der Konteninhaber bzw. die Hausverwaltung dem wirtschaftlich Berechtigten (Eigentümer) die Zinsabrechnungen bzw. Steuerbescheinigungen zur Verfügung stellen. Dadurch kann die korrekte Versteuerung im Rahmen der privaten Steuererklärung durch den wirtschaftlich Berechtigten erfolgen, und die Konten werden somit bei den jeweiligen Finanzbehörden angezeigt.

Unverhältnismäßigen ­Bürokratieaufwand vermeiden.

Vor diesem Hintergrund sieht der DDIV eine potenzielle Rücknahme der Einstufung von Treuhandkonten von Hausverwaltern und insbesondere von Mietkautionskonten als „Low-risk excluded accounts“ äußerst kritisch. Denn durch die Rücknahme der genannten Einstufung würde sich sowohl für die Immobilienverwaltungsbranche als auch für entsprechende Banken sowie für die Vermieter- und Mieterschaft erheblicher zusätzlicher Bürokratieaufwand ergeben. Dieser Zusatzaufwand stünde angesichts der geringen Kontensalden in keinem Verhältnis, da z. B. Mietkautionskonten stets einen Saldo von weit unter 50.000 US-Dollar aufweisen. Zudem bestehen bereits heute in Gestalt des Kreditwesengesetzes, des Strafgesetzbuchs, der Abgabenordnung, des Geldwäschegesetzes und internationaler Vorschriften spezifische Mechanismen, die Steuerhinterziehung durch Treuhandkonten entgegenwirken. Wann die Prüfung der OECD abgeschlossen sein wird, ist derzeit noch nicht abzusehen. Bis dahin gelten die beschlossenen Ausnahmen für Treuhandkonten von Hausverwaltungen weiter.15

1    BBSR-Online-Publikation, Nr. 02/2015: ­Privateigentümer von Mietwohnungen in ­Mehrfamilienhäusern, S. 123
2    Statistisches Bundesamt: Strukturerhebung im Dienstleistungsbereich 2016, Fachserie 9 Reihe 4.3, 2018
3    Vgl. § 27 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 3 Nr. 5 ­Wohnungseigentumsgesetz
4    Vgl. § 27 Abs. 5 Wohnungseigentumsgesetz, siehe hierzu auch Bärmann/Merle/Becker
§ 27 Rn. 239 ff.
5    Vgl. Schreiben des BMF vom 1. Februar 2017, ­Geschäftszeichen IV B 6 - S 1315/13/10021 :044, Rn. 165, Ziffern 1, 5, 27
6    Vgl. § 10 Abs. 7 Wohnungseigentumsgesetz
7    Vgl. Schreiben des BMF vom 1.2.2017, ­Geschäftszeichen IV B 6 – S 1315/13/10021:044, Rn. 165, Ziffer 1
8    Vgl. § 551 Abs. 2 BGB
9    Statistisches Bundesamt: Auszug aus dem ­Datenreport 2016, 9. Wohnen, S. 283
10    www.immowelt.de/immobilienpreise/deutschland/mietspiegel
12    Vgl. BGH-Urteil vom 2.4.2008 – Az. 5 StR 354/07
11    Vgl. Immobilien Zeitung vom 9.11.2017 „­Wohnungsknappheit und steigende Mieten bergen Konfliktpotenzial“
13    Vgl. § 34c Abs. 2 Nr. 1 GewO
14    Vgl. auch § 154 Abs. 2a Abgabenordnung
15    Dieser Beitrag erschien zuerst in ZWE – ­Zeitschrift für Wohnungseigentumsrecht, Ausgabe 4/2019

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Kaßler, Martin

Geschäftsführer des VDIV Deutschland