20.07.2017 Ausgabe: 5/2017

Mehr als nur ein Blickfang

Im Zuge der energetischen Sanierung und Modernisierung setzte man in Gießen auf den Komplettaustausch der Balkone. Ein Projektbericht.

Ein großer Anteil der Investitionen im Baubereich fließt jährlich in Sanierungen. Insbesondere Wohngebäude aus den 1960er Jahren weisen oft einen schlechten Wärmeschutz auf. Um Leerstand langfristig zu vermeiden, sind umfassende Maßnahmen notwendig. Unter Berücksichtigung sozialer Aspekte und energetischer Vorgaben müssen wirtschaftliche und innovative Lösungen gefunden werden. Vor dieser Aufgabe stand jetzt auch die Wohnbau Gießen GmbH. Zum Bestand der kommunalen Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft gehören auch drei Hochhäuser in der Gießener Eichgärtenallee. Das Ensemble wurde 1965 errichtet und befindet sich in attraktiver Lage, unmittelbar am Philosophenwald. Nacheinander werden die drei Objekte jetzt energetisch auf den aktuellen Stand gebracht. Die Sanierung und Modernisierung des ersten wurde gerade abgeschlossen. Es verfügt nun bereits unter anderem über verbesserten Wärmeschutz und neue Balkone, die mit einer flexiblen Verglasung die fast ganzjährige wohnraumähnliche Nutzung ermöglichen.

Alte Balkone mit Defiziten

Das besondere Augenmerk galt bei der Planung den Balkonen. Sie waren aufgrund des baulichen Zustands, aber auch in Bezug auf ihre Abmessungen nicht mehr zeitgemäß: Bei der Errichtung der Gebäude wurden sie dem Baujahr entsprechend mit einer Kragplatte anbetoniert, die eine weite Auskragung nicht zuließ. Mit einer Tiefe von 1,30 m waren die Platzverhältnisse daher sehr begrenzt. Die massive Betonbrüstung nahm zusätzlich Platz und Licht – mit entsprechender Einschränkung der Nutzbarkeit. Dies sollte sich durch die Sanierung ändern. Man entschied sich für den Komplettaustausch durch eine Balkon­anlage von Balco.

Schneller und problemloser Neubau

Die gesamte Bauzeit für die Sanierung betrug anderthalb Jahre. Davon nahm der Neubau der vier Balkontürme mit je zwölf Balkonen vier Monate in Anspruch. Den Start der Bauarbeiten markierte der Abbruch der Bestandsbalkone. Im Anschluss daran fanden die Gerüstarbeiten statt. Um die neuen Balkone fachgerecht an den Bestand anzugliedern, wurden im ersten Schritt Anschlusspunkte am Gebäude festgelegt und Tragkonsolen angebaut. Die Ausführung mit thermischer Trennung zwischen Balkon und Gebäude vermeidet kritische Wärmebrücken und unnötige Wärmeverluste. Für den sicheren Stand der Balkonkonstruktion, kamen außerdem Fundamente hinzu. Nach Abschluss aller baulichen Vorbereitungen am Gebäude erfolgte schließlich der Neubau der Balkone – mit denen nun auch die Wohnungen im Erdgeschoss über einen privaten Freisitz verfügen.

Verglasung für ganzjährige Nutzung

Im Unterschied zur konventionellen offenen Variante sind die neuen Balkon nun verglast. Die Verglasung kann je nach Witterung beliebig geöffnet oder geschlossen werden, was die Nutzung im Grunde ganzjährig ermöglicht. „Im Zuge der Sanierung zum Niedrigenergiehaus sprachen vor allem Vorteile wie Energieeinsparung und Schallschutz für die verglaste Ausführung“, so Balco-Projektleiter Marcel Peter. Für Rainer Pauli, Prokurist der Wohnbau Gießen, waren darüber hinaus auch die Instandhaltung und das Design relevant. Hier punkteten geschlossene gegenüber offenen Balkonen. In der Eichgärtenallee verfügen sie neben beweglichen Fenstern im oberen Bereich über eine feststehende Brüstung mit Glasanteil – die sogenannte „Front Sight“, die mehr Lichteinfall bietet und zudem die Möglichkeit, im Sitzen aus dem Balkon zu schauen. Bei den Fenstern im oberen Bereich fiel die Wahl auf das System „Twin“, bestehend aus mehreren gerahmten Glaselementen, die sich flexibel schieben oder einklappen lassen. Im geöffneten Zustand bieten sie maximalen Ausblick; geschlossen schützen sie vor Wind, Kälte und Nässe. Das integrierte Belüftungssystem sorgt außerdem für angenehm frische Luft, mindert das Risiko der Kondenswasserbildung am Glas und beugt der Schimmelbildung an den Wänden vor.

Wohnflächenerweiterung mit Vorzügen

Mit einer Breite von 3,95 m und einer Tiefe von 1,75 m bieten die neuen Balkone nun über zwei Quadratmeter mehr Platz als die alten Konstruktionen. So stellen sie zugleich auch eine echte Wohnflächenerweiterung dar und, wie Rainer Pauli feststellt: „Die Balkone sind zwar nicht mit einem Wintergarten gleichzusetzen, aber dennoch fast das ganze Jahr nutzbar. Die Mieter nutzen die neu dazu gewonnene Fläche wohnraum­ähnlich und gestalten sie so, dass man von Wohnraumqualität sprechen kann.“ Neben dem Raumgewinn ist auch die Energieeffizienz ein wichtiger Punkt. In den Wintermonaten erwärmt die Sonne die dahinterliegenden Räume, und an heißen Sommertagen reduziert eine Querlüftung die Wärme. Das schafft ein angenehmes Raumklima. Der verglaste und geschützte Bereich vor der Wohnung verbessert zudem den Schallschutz. Bei geschlossener Verglasung werden Außengeräusche wirksam gedämpft, Unterhaltungen auf dem Balkon dringen weniger stark nach außen.


Individuelle Fassadengestaltung

Nach der Sanierung zeigt sich nun auch die Fassade in neuer Optik. Grundlage für die Gestaltung war die Zusammenarbeit mit einem professionellen Farbdesigner. Wenngleich es sich um baugleiche Gebäude handelt, sollte sie für jedes Haus individuell sein. „Es ist wichtig, dass wir für jedes Haus ein eigenes Farbkonzept haben und nichts kopieren, damit die Mieter sich mit ihrem Haus identifizieren können“, erklärt Rainer Pauli. Die Balkone sind in diesem Kontext ein wichtiges Gestaltungselement. Hier bot sich für die Balkonanlage neben einer breiten Material- auch eine große Farbvielfalt. Am Objekt in der Eichgärtenallee setzten die Planer mit der farblichen Ausführung der unteren Brüstungselemente Akzente: Geschossweise wechseln sich zwei verschiedene Grüntöne, Weiß und Grau ab. Der Fassadenanstrich wurde in Grautönen gehalten.

Fazit

Das Projekt in Gießen zeigt, dass die Erneuerung von Balkonen im Rahmen einer umfassenden energetischen Sanierung eine sinnvolle Maßnahme darstellt. Zum einen verbessert der neue Außenraum die Wohnqualität, zum anderen trägt er wesentlich zur optischen Aufwertung des gesamten Gebäudes bei. Diese Aspekte steigern nicht zuletzt die Attraktivität und den Wert der Immobilie und haben somit einen positiven Einfluss auf das Stadtbild.

Fotos: Balco Balkonkonstruktionen GmbH


Albrecht, Stefanie

Marketing Coordinator Balko Balkonkonstruktionen GmbH