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Chancen und Vorteile hybrider und virtueller Eigentümerversammlungen für die WEG-Verwaltung – ein Erfahrungsbericht
Mit der WEG-Novelle zum 1. Dezember 2020 wurden hybride Eigentümerversammlungen rechtskonform. Rein virtuelle Formate wurden von manchen Verwaltungen schon während der Pandemie zumindest für Informationsveranstaltungen genutzt, als Grundlage für die Entscheidungsfindung im Wege sogenannter Vollmachtsversammlungen.
Groß waren die Erwartungen der Branche an die Gesetzesnovelle, die eine Annäherung an das Gesellschaftsrecht bringen sollte, das rein virtuelle Versammlungen mittlerweile erlaubt. Dass in der Immobilienverwaltung dann weiterhin Präsenzveranstaltungen angeboten werden mussten, enttäuschte insbesondere in Zeiten der Pandemie, die bekanntlich die Digitalisierung in vielen Bereichen enorm und zügig vorangetrieben hat. Auch wir hatten bereits begonnen, eingefahrene Strukturen zu überdenken und zu verändern, auch wenn die damit verbundenen Prozesse noch nicht finalisiert worden waren. So viel Wagemut war vor der Pandemie eher selten – Aufbruchstimmung in der Optimierung von Prozessen durch Digitalisierung!
Die Frage, was die neuen gesetzlichen Regelungen wohl bringen, und die großen Erwartungen an den aktuellen Referentenentwurf haben den Enthusiasmus und Wagemut in weiten Teilen aufrechterhalten. Mehr Freiheit und Gestaltungsmöglichkeiten, insbesondere bei der Digitalisierung, wären wünschenswert. Dass die Digitalisierung im Privaten teils deutlich weiter fortgeschritten ist als in der professionellen WEG-Verwaltung, stößt zu Recht auf Unverständnis.
So haben auch wir schon im Jahr 2021 verschiedene Anbieter für die Digitalisierung und hybride Durchführung von Eigentümerversammlungen ausgiebig erprobt und uns letztlich für einen Anbieter entschieden, der innerhalb kürzester Zeit eine der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) entsprechende Online-Anwendung bereitstellte. Das führte auch dazu, dass wir den gesamten Prozess der Wohnungseigentü-merversammlung digital reformieren konnten – ein enormer Fortschritt mit ungeahnten Möglichkeiten für zukunftsfähiges, professionelles und agiles WEG-Management, sowohl für uns Verwalter und unsere Mitarbeiter als auch für unsere Kunden. Die Schulungen haben unsere WEG-Managerinnen und -Manager gefühlt nur wenige Stunden gekostet, weil die Anwendungen intuitiv zu erfassen sind. Auf fachkundigen Support konnten wir trotzdem jederzeit zurückgreifen.
Mit der reinen Online-Anwendung sind nun alle jederzeit und überall einsatzbereit, wobei sich der gesamte Prozess Schritt für Schritt abbilden lässt: Eigentümerversammlung für eine bestimmte Gemeinschaft aus unserem Portfolio anlegen, Versammlungsdatum und -ort festlegen, schon können die Tagesordnungspunkte inklusive Erläuterung, Beschlussvorschlag, an der Abstimmung Beteiligte und Stimmrechtsart festgelegt werden. Aus der Anwendung heraus kann die Einladung direkt per E-Mail versandt oder ein PDF erzeugt werden. Besonders effektiv finden Anwenderinnen und Anwender, dass Tagesordnungspunkte als allgemeine Vorlagen für alle angelegt werden können. Darüber hinaus lassen sich die bereits durchgeführten Versammlungen für das Folgejahr duplizieren.
Konnten hybride Eigentümerversammlungen anfangs mangels eines genehmigenden Beschlusses nach § 23 Abs. 1 S. 2 Wohnungseigen-tumsgesetz noch nicht durchgeführt werden, wurden auch die zunächst als Präsenzversammlungen durchgeführten Veranstaltungen deutlich effizienter. Mit Beamer oder Smartboard haben wir eine Bühnenansicht eingerichtet, über die Teilnehmer den Verlauf der Versammlung verfolgen. Das stellt zwar teils neue Anforderungen an den jeweiligen Versammlungsraum, die sich mit mobilen Geräten und spätestens mit dem rein virtuellen Format aber lösen lassen. Auf Hinweis in der Einladung bringen alle Teilnehmer ihre Smartphones mit. Per WLAN oder mobilem Hotspot bekommen sie Zugang zur Online-Anwendung und stimmen auf der Präsenzversammlung virtuell ab – ohne Stimmzettel für jeden TOP, die angefertigt, ausgeteilt, eingesammelt, händisch ausgezählt und in eine eigens angelegte Excel-Tabelle eingetragen werden müssen. Sekundenschnell liegt das Ergebnis digital protokolliert vor und alle Eigentümer können in der Bühnenansicht die Entwicklung der Abstimmung und das Ergebnis mitverfolgen.
Dem Einwurf von Kritikern, dass z. B. ältere Menschen benachteiligt werden, weil sie sich mit der virtuellen Abstimmung schwertun, setzt die Anwendung die Möglichkeit der Abstimmung per Handzeichen entgegen. Unsere Erfahrung damit: Im Jahr der Einführung unserer Online-Lösung haben auf ca. zehn Versammlungen der Eigentümer von rund 1.200 Wohneinheiten bei einer Anwesenheitsquote von etwa 65 Prozent insgesamt drei Eigentümer von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Von altersbedingter Benachteiligung konnte keine Rede sein – im Gegenteil: Die Älteren waren meist besser vorbereitet und schneller mit ihrer Stimmabgabe als die Jüngeren.
In absehbarer Zeit werden wir auch die digitale Signatur auf unseren Endgeräten integrieren, sodass das digital erstellte Protokoll am Ende der Versammlung unterzeichnet und im Anschluss über das CRM-System allen Eigentümern als PDF zur Verfügung gestellt werden kann. Weil die Anwendung unterdessen auch die Beschlusssammlung schon komplettiert hat, ist am Ende der Versammlung auch für uns tatsächlich Schluss – nur die gefassten Beschlüsse sind noch umzusetzen.
Seit diesem Jahr bieten wir für Eigentümerversammlungen auch das Hybridformat an, was sich technisch nicht merklich von der digitalen Präsenzversammlung unterscheidet. Für die Chat-Ansicht gibt es einen mobilen Monitor, der an unsere Tablets angeschlossen wird, eine 360°-Kamera und eine Konferenzspinne. Online Teilnehmende haben die gleiche Bühnenansicht wie die vor Ort Anwesenden, melden sich per virtuellem Handzeichen und erhalten Rederecht. Auf Wunsch sind sie in der Bühnenansicht per Video zu sehen. Die Abstimmung erfolgt ebenso virtuell wie in Präsenz.
Alles in allem hoffen wir in unserem Unternehmen sehr auf die rein virtuelle Versammlung und sind sicher, dass sie genauso reibungslos verlaufen wie die digitalen Präsenz- und Hybridformate. Das hat u. a. folgende Gründe:
Weil für Wohnungseigentümer die Wege zum Versammlungsort entfallen, wird sich die Terminfindung einfacher gestalten. Da für die Teilnahme eine verfügbare Internet-anbindung und ein entsprechendes Endgerät ausreichen, werden sich insbesondere bei wichtigen Themen mehr Eigentümer an Entscheidungen und Beschlussfassungen beteiligen. Die Kosten und der Aufwand für anzumietende Räume entfallen, Versammlungen können so zudem zu anderen Tageszeiten stattfinden. Drängende Beschlüsse können einfacher unterjährig in außerordentlichen Versammlungen gefasst werden. Vor allem an entlegenen Orten und in ländlichen Regionen können virtuell zu erbringende Verwalterleistungen leichter ausgeführt werden, für die sich sonst kaum ein Auftragnehmer findet.
Vorteile bietet das virtuelle Format auch für Verwaltungsunternehmen: Reise- und Fahrtkosten entfallen, die Kosten für Hardware und Lizenzen können vertraglich und/oder per Beschlussfassung auf die Eigentümer umgelegt werden. Für Gemeinschaften, die diese Kosten nicht tragen wollen, lässt sich dies mit der Vergütungsvereinbarung zur Wiederbestellung nachjustieren. Da Verwaltungspersonal an virtuellen Eigentümerversammlungen auch remote teilnehmen kann, wird die WEG-Verwaltung als Beruf attraktiver.
Wer nun mit der Beschränkung der Eigentümerrechte gegen virtuelle Versammlungsformate argumentiert, sei auf die seit geraumer Zeit ausschließlich virtuell angebotenen Leistungen vieler Behörden verwiesen. In den FAQ des Referentenentwurfs vom 21. September 2023 findet sich hierzu Folgendes: „Verfügt eine Wohnungseigentümerin oder ein Wohnungseigentümer nicht selbst über die erforderlichen Mittel oder Fähigkeiten zur Teilnahme an einer virtuellen Wohnungseigentümerversammlung, ist insbesondere eine Unterstützung durch Familienangehörige, Freundinnen und Freunde, Bekannte oder Nachbarinnen und Nachbarn denkbar. Handelt es sich um selbstgenutztes Wohnungseigentum, kommt in Betracht, bei einer anderen Miteigentümerin oder einem anderen Miteigentümer, die oder der ebenfalls in der Anlage wohnt, teilzunehmen. Möglich erscheint es außerdem, kommerzielle Angebote zu nutzen. Schließlich besteht – wie bereits bislang – die Möglichkeit, sich in der Wohnungseigentümerversammlung vertreten zu lassen und auf diese Weise die eigenen Interessen wahrzunehmen.“
Blicken wir also gespannt auf das, was in Berlin zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes tatsächlich beschlossen werden wird – und freuen uns über jede zeitnahe Anpassung, die die Willensbildung in Eigentümergemeinschaften fortschrittlicher gestaltet.