01.03.2017 Ausgabe: 2/2017

Mehr Sicherheit

Die neue Aufzugnorm für Komplettanlagen ist in aller Munde. Doch worum geht es?
Und was sind die Konsequenzen für Käufer und Betreiber neuer Anlagen?


Ziel des neuen Regelwerks ist mehr Sicherheit für alle Aufzugnutzer: Fahrgäste, Reinigungspersonal, Servicetechniker und Prüfer. Dazu hat das Europäische Komitee für Normung (CEN) genau genommen zwei Normen verfasst, die für neue Aufzüge in neuen Gebäuden (Neuanlagen) und auch für neue Aufzüge in bestehenden Gebäuden (Aufzugnachrüstungen, Komplettaustausch) angewendet werden können. DIN EN 81-20 regelt die Konstruktion und den Einbau von Seil- und Hydraulikaufzügen für den Güter- und Personentransport. DIN EN 81-50 legt ergänzend die Prüfungen und Berechnungen von Aufzügen und Aufzugkomponenten fest. Beide Normen sind im November 2014 in Deutschland als DIN-Normen übernommen wurden. Noch bis zum 31. August 2017 gilt eine Übergangsregelung. Bis dahin können Seil­aufzüge weiterhin nach der alten EN 81-1 in Verkehr gebracht werden, Hydraulikanlagen nach EN 81-2. Erst ab dem 1. September 2017 gilt ausschließlich das neue Regelwerk mit den damit verbundenen Anforderungen.

Die neuen Sicherheitsanforderungen

Das neue Regelwerk führt zu zahlreichen Änderungen. Dies sind die sechs wichtigsten Punkte.

  • Lichtvorhang: An den Kabinentüren ist statt einer Lichtschranke ein aus vielen einzelnen Lichtschranken bestehender Lichtvorhang vorgeschrieben. So kann Verletzungen durch schließende Türen besser vorgebeugt werden.
  • Festigkeit: Schachttüren, Kabinentüren und -wände müssen höherem Druck durch Kollisionen mit stürzenden Personen standhalten. Deswegen müssen Türen jetzt ihre „Standfestigkeit“ durch einen Pendelschlagversuch beweisen und werden stabiler konstruiert.
  • Beleuchtung: Die Kabine wird heller beleuchtet sein, um Stolpern und Stürzen vorzubeugen. Auch in den Arbeitsbereichen Schacht, Schachtgrube und Kabinendach wird die Beleuchtung zum Schutz der Techniker heller.
  • Schachtgrube: Die Schachtgrubenmaße bestimmter Aufzüge ändern sich, um Servicetechnikern größere Schutzräume zu schaffen. Zudem gibt es genaue Vorgaben für die Schachtgrubenleiter zum sicheren Auf- und Abstieg.
  • Schachtkopf: Auch auf dem Kabinendach bekommen Techniker und Prüfer einen größeren Schutzraum, um sie vor Quetschungen zu schützen.
  • Geländer: Stürze in den Schacht sollen durch neue Vorgaben für Höhe und Festigkeit der Geländer auf dem Fahrkorbdach besser verhindert werden.
Die Konsequenzen für Kunden

Aufzüge von KONE, wenn so bestellt, erfüllen alle Vorschriften. Käufer von neuen Aufzügen nach DIN EN 81-20 müssen also nicht selbst aktiv werden. Wichtiger als je zuvor ist allerdings die Absprache zwischen Käufer und Hersteller. Beide sind nach der Norm verpflichtet, ausführlich über die Einsatzbedingungen der neuen Anlage zu sprechen.

Ein Außenaufzug z. B. benötigt je nach Einsatzgebiet eine Schachtheizung, ein Aufzug im Seniorenheim verstärkte Türen, ein Aufzug im sozialen Brennpunkt eventuell ein vandalismussicheres Bedientableau, wenn er als sicher eingestuft werden soll. Über die entscheidenden Punkte werden Kunden im gemeinsamen Gespräch informiert. Zu Verzögerungen bei der Planung führt das jedoch nicht.

Bei der Ausführung in Keller- und Dachgeschossen sind gegebenenfalls größere Schutzräume unter- und oberhalb des Fahrkorbs zu berücksichtigen. Sie führen entgegen mancher Vermutung nur bedingt zu größeren Gruben und Schachtköpfen. Vielmehr bleiben die Grubenmaße meist gleich. Deutlichere Abweichungen sind nur bei Anlagen mit Nennlasten kleiner als 630  kg festzustellen. Dabei kann von den Schachtgrubenmaßen durch Ersatzmaßnahmen abgewichen werden.

Alles in allem ist die Umsetzung der Regelwerke für die Hersteller mit einem hohen Einsatz von Technik und Wissen in der Entwicklung und Produktion verbunden, auch mit erhöhtem Materialeinsatz, was quer durch die Branche zu moderaten Preisanpassungen führen wird.

Übrigens: Aufzüge, die nach der alten EN 81-1/2 in Verkehr gebracht werden, gelten auch nach dem 1. September 2017 vorerst als Anlagen auf dem Stand der Technik. Ob und wann die Prüfer doch auf die volle Umsetzung des neuen Regelwerks „20/50“ bestehen werden, lässt sich derzeit nicht vorhersagen.


Lipphardt, Thomas

Manager Technische Regelwerke bei KONE