01.06.2018 Ausgabe: 4/2018

Mieterhöhungen

Was ist angesichts ortsüblicher Vergleichsmieten drin, und welche Fristen sind zu wahren?

Nach 1945 herrschte in Deutschland verständlicherweise eine massive Wohnungsnot, die der Gesetzgeber damals durch die Instrumente der Wohnraumbewirtschaftung und der Mietpreisbindung zu lösen versuchte. In der Folgezeit gab es eine Vielzahl gesetzlicher Änderungen, die zwischen 1967 und 1968 dazu führten, dass für den größten Teil des Wohnungsbestandes die Mietpreisbindung entfallen war. Danach war es Vermietern erlaubt, zum Zwecke der Mieterhöhung eine Änderungskündigung vorzunehmen, also bestehende Mietverträge ohne weiteren Grund zu kündigen und demselben Mieter zugleich dasselbe Objekt mit neuem Mietvertrag zu einer höheren Miete anzubieten. So kam es damals zu Mieterhöhungen in großem Umfang. Die erste sozialliberale Koalition hat deshalb Anfang der 70er Jahre verschiedene Gesetze erlassen.

In Folge des I. Wohnraumkündigungsschutzgesetzes aus dem Jahr 1971 und des II. Wohnraumkündigungsschutzgesetzes aus dem Jahr 1974 wurde die Änderungskündigung zum Zwecke der Mieterhöhung im Wohnraummietrecht ausgeschlossen und stattdessen als verfassungsrechtlich notwendiges Korrelat die Anpassung der Miete im laufenden Mietverhältnis auf die ortsübliche Vergleichsmiete vorgesehen. Dies zunächst ab 1975 in sogenannten Gesetz zur Regelung der Miethöhe (MHG) und ab dem 1.9.2001 nach der zu diesem Zeitpunkt in Kraft tretenden Mietrechtsreform im BGB.

Dort ist bis heute der Ausschluss einer Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung in § 573 Abs. 1 BGB geregelt, die Möglichkeiten zur Mieterhöhung durch den Vermieter bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete in den §§ 558 bis 558e BGB. Daneben gibt es noch die Regelungen der §§ 559 BGB (Mieterhöhung nach Modernisierungsmaßnahmen) und § 560 BGB (Veränderungen von Betriebskosten), deren Notwendigkeit sich zwar nicht aus der Verfassung ergeben hat, die aber aus wohnungswirtschaftlichen Gründen erlassen wurden. Sie gestatten es dem Vermieter, einseitig bestimmte Kosten, etwa nach einer Modernisierung oder aufgrund gestiegener Betriebskosten, auf den Mieter ganz oder teilweise abzuwälzen.

Während die beiden letztgenannten Möglichkeiten zur Mieterhöhung dem Vermieter bei Vorliegen der gesetzlich geregelten Voraussetzungen einen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegenüber seinem Mieter einräumen – ab Beginn des dritten Monats bzw. des übernächsten Monats nach Zugang einer die gesetzlichen Vorgaben erfüllenden Mieterhöhungserklärung (siehe DDIVaktuell 8/17, S. 31 ff. Mieterhöhung nach Modernisierungsmaßnahmen gemäß §§ 559 ff. BGB) – , gestaltet sich der Anspruch des Vermieters auf Anpassung der laufenden Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete nach den §§ 558 ff. BGB komplizierter. Er soll hier betrachtet werden.
Nach § 558 BGB erhält der Vermieter bei Vorliegen der dortigen Voraussetzungen einen Anspruch gegenüber seinem Mieter auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung, also auf Abgabe einer Willenserklärung. Erfüllt der Mieter seine Zustimmungspflicht nicht, muss der Vermieter klagen und zwar auf Erteilung einer derartigen Zustimmung (vgl. § 558b Abs. 2 S. 1 BGB), wobei die entsprechende Willenserklärung mit einem rechtskräftigen positiven Urteil als abgegeben gilt (§ 894 ZPO). Im Einzelnen müssen folgende Voraus­setzungen erfüllt und Fristen beachtet werden:

Die 15-Monats- und Jahressperrfrist

Zunächst muss die bisherige Miete zum Zeitpunkt, zu dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert sein, von Erhöhungen nach den oben genannten §§ 559 bis 560 BGB abgesehen (§ 558 Abs. 1 S. 1 und 3 BGB). Dies bedeutet, dass ein Mieterhöhungsverlangen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete frühestens ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung geltend gemacht werden kann (§ 558 Abs. 1 S. 2 BGB). Der Mieter hat dann bis zum Ablauf des zweiten Kalendermonats nach Zugang eines die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllenden Mieterhöhungsverlangens zuzustimmen (§ 558b Abs. 2 S. 1 BGB), und die erhöhte Miete wird mit Beginn des dritten Kalendermonats nach Zugang des Erhöhungsverlangens vom Mieter geschuldet (§ 558b Abs. 1 BGB). Daraus ergibt sich bei Absendung nach Ablauf von zwölf Monaten nach Mietvertragsabschluss oder der letzten entsprechenden Mieterhöhung die 15-Monatsfrist.

Die ortsübliche Vergleichsmiete

Nachdem diese Mieterhöhungsmöglichkeit es dem Vermieter erlaubt, die aktuelle Miete im laufenden Mietverhältnis auf die ortsübliche Vergleichsmiete zu erhöhen, setzt dies zum einen voraus, dass die bisherige Miete jedenfalls unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, und zum anderen, dass der Vermieter die ortsübliche Vergleichsmiete mit seinem Mieterhöhungsbegehren nicht überschreiten darf.
Nach § 558 Abs. 2 BGB wird die ortsübliche Vergleichsmiete anhand üblicher Entgelte ermittelt, die für Wohnungen vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten vier Jahren vereinbart oder geändert worden sind. Ausgenommen sind Erhöhungen nach § 560 BGB (Anpassung der Betriebskosten). Heranzuziehen sind dabei Zahlen aus der Gemeinde, in der sich die für eine Mieterhöhung vorgesehene Wohnung befindet, oder die einer vergleichbaren Gemeinde.

Die ortsübliche Vergleichsmiete erfordert also nicht die Ermittlung von üblichen Entgelten der letzten vier Jahre für völlig identische Wohnungen mit derjenigen, deren Miete erhöht werden soll, sondern von vergleichbaren Wohnungen. Die sechs Vergleichswohnwertmerkmale sind im Gesetz im Einzelnen genannt: Bei der „Art“ ist zu unterscheiden, ob es sich um ein mehrstöckiges Haus, ein Reihen- oder Doppelhaus, ein Apartment, eine Dachgeschosswohnung o. Ä. handelt. Das Merkmal „Größe“ bezieht sich sowohl auf die tatsächliche Fläche als auch auf die Anzahl der Räume, „Ausstattung“ auf sanitäre Einrichtungen, Bad, Dusche, Fußböden, Isolierungen, Heizungsart. Für die „Beschaffenheit“ sind Alter, Bauweise, Raumeinteilung und Erhaltungszustand maßgeblich. Die „Lage“ ist relevant für die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Ortsteil oder Stadtviertel, die Umgebung und deren Charakter, Umweltbelästigung, Infrastruktur und Verkehrslage. Die „energetische Ausstattung und Beschaffenheit“ umfasst Wärmedämmung, Fensterzustand, Heizung, also sämtliche Kriterien, die für den Energieverbrauch maßgeblich sind.

Das BGB verlangt vom Vermieter im Mieterhöhungsverlangen aber nicht nur die konkrete Bezifferung der ortsüblichen Vergleichsmiete, auf die er die laufende Miete erhöhen möchte, sondern auch deren Begründung. § 558a Abs. 2 BGB erlaubt dabei die Bezugnahme auf einen allgemein zugänglichen Mietspiegel (einfach gemäß § 558c BGB oder qualifiziert gemäß § 558d BGB; näher § 558a Abs. 4 BGB), eine Mietdatenbank (§ 558e BGB, in Deutschland nicht verbreitet), ein begründetes und dem Mieterhöhungsverlangen beizufügendes Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, dessen Kosten vom Vermieter, nicht vom Mieter zu tragen sind, oder einzelne vergleichbare Wohnungen, für die dem Mieterhöhungsverlangen entsprechende Entgelte gezahlt werden. Hier genügt die Nennung von drei Wohnungen, die mit Angaben zu Straße, Hausnummer, Etage und Lage im Stockwerk ­identifizierbar sein müssen.
Grundsätzlich steht dem Vermieter die Wahl ­seines Begründungsmittels frei. Existiert in der Gemeinde, in der sich seine Wohnung befindet, ein ­qualifizierter Mietspiegel im Sinne von § 558d BGB, muss er in seinem Mieterhöhungsverlangen aber die sich daraus ergebenden Angaben zwingend ­mitteilen, auch wenn er seine Mieterhöhung auf ein ­anderes Begründungsmittel stützen sollte (§ 558a Abs. 3 BGB).

Diese Vorgaben sind, wie alle Regelungen in den §§ 558 ff. BGB, zu Lasten des Wohnraummieters nicht abdingbar. Abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Mieters sind also allesamt unwirksam.

Die Kappungsgrenze

Zusätzlich zur ortsüblichen Vergleichsmiete werden Mieterhöhungsverlangen durch eine weitere gesetzliche Regelung begrenzt: die sogenannte Kappungsgrenze. Danach darf sich die Miete innerhalb von drei Jahren, wiederum von Erhöhungen nach den §§ 559 bis 560 BGB abgesehen, um nicht mehr als 20 Prozent bzw. sogar um nicht mehr als 15 Prozent erhöhen. Letzteres bei Mietwohnungen, die sich in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde befinden, wo eine sogenannte Kappungsgrenzensenkungsverordnung des jeweiligen Bundeslandes gilt, so die Regelung in § 558 Abs. 3 BGB (mit Ausnahmeregelungen für öffentlich geförderte Wohnungen gemäß § 558 Abs. 4 BGB). Die Drei-Jahresfrist wird zurückgerechnet auf den Zeitpunkt, zu dem die Mieterhöhung in Kraft treten soll (§ 558b Abs. 1 BGB).

Die Kappungsgrenze erlaubt es allerdings nicht, dass eine Miete in jedem Fall innerhalb von drei Jahren um 15 oder 20 Prozent erhöht werden kann. Vielmehr muss der Vermieter zunächst, wie ausgeführt, darlegen und begründen, dass die bisherige Miete unterhalb einer konkret zu beziffernden ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Beträgt die Differenz dann mehr als 15 oder 20 Prozent, wird die Mieterhöhung auf diese Kappungsgrenze „gedeckelt“.

Formvorschriften und Fristen

Nach § 558 a Abs. 1 BGB muss das Mieterhöhungsverlangen des Vermieters dem Mieter mindestens in Textform im Sinne von § 126b BGB erklärt werden. Neben Papier würde also auch ein USB-Stick, eine CD-ROM, Speicherkarten, Festplatten, E-Mails sowie ein Computerfax zur Einhaltung der Form genügen. Wichtig ist allerdings das Speichern auf einem dauerhaften Datenträger ohne Manipulationsmöglichkeit unter Nennung der Person des Erklärenden mit einem erforderlichen Abschluss der Erklärung. Zudem muss der Vermieter für den Zugang dieser Mieterhöhungserklärung bei allen Mietern Sorge tragen.

Auch wenn das Mieterhöhungsverlangen dem Mieter am ersten, zweiten oder dritten Tag eines Monats zugehen sollte, würde dieser Monat bei der Berechnung der oben bereits angesprochenen Zustimmungsfrist des Mieters nicht mitgezählt. Vielmehr hat der Mieter zwei volle Monate Zeit („bis zum Ablauf des zweiten Kalendermonats nach dem Zugang des Verlangens“), um zu prüfen, ob er der Mieterhöhung zustimmt (§ 558b Abs. 2 S. 1 BGB). Stimmt der Mieter nicht zu, muss der Vermieter innerhalb von drei weiteren Monaten Klage auf Zustimmung beim zuständigen Amtsgericht gegen den Mieter erheben (§ 558b Abs. 2 S. 2 BGB), und zwar zwingend gegen alle Mieter, die den Mietvertrag auf Mieterseite abgeschlossen haben. Versäumt der Vermieter diese Frist, wird sein Mieterhöhungsbegehren unwirksam, kann aber jederzeit wiederholt werden. Des Weiteren hat der Vermieter die Möglichkeit, im Rechtsstreit sein Mieterhöhungsverlangen nachzuholen und etwaige Mängel eines von ihm bereits abgegebenen Erhöhungsverlangens zu beheben. Dies heilt aber nicht etwa bereits angelaufene Fristen, sondern sämtliche dargestellten Fristen beginnen erneut zu laufen, so § 558b Abs. 3 BGB.

Fazit

Der hier vorgesehene Rahmen ermöglicht es lediglich, einen ersten Überblick über die Voraussetzungen einer Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete unter Beachtung der gesetzlich vorgeschriebenen Formvorgaben und Fristen zu geben. Zwar ist eine solche Mieterhöhung sicherlich kein „Hexenwerk“. Wegen der vielfältigen formellen und inhaltlichen Vorgaben empfiehlt es sich aber, Hilfe von Fachleuten in Anspruch zu nehmen, um nicht „Schiffbruch“ zu erleiden. Professionelle Verwalter, der örtliche Haus & Grund Eigentümerverein und entsprechend qualifizierte Fachanwältinnen und -anwälte kennen sich damit aus.

Foto: © Meryll / Shutterstock.com


Hannemann, Thomas

Der Rechtsanwalt ist in der Kanzlei ­Hannemann, Eckl & Moersch Rechts­anwälte PartG mbB, Karlsruhe, tätig.
www.Rechts-undSteuerkanzlei.de