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(LG Berlin II, Beschluss vom 23.5.2024 – Az. 67 T 30/24)
Gerät ein Mieter in finanzielle Schwierigkeiten und bleiben die Mietzahlungen aus, ist der Wunsch des Vermieters nach der Beendigung des Mietverhältnisses nicht fern. In diesem Fall bedarf es einer genauen Prüfung, wann aufgrund eines Zahlungsverzugs gekündigt werden darf. Das Landgericht (LG) Berlin II hat mit nachfolgender Entscheidung festgestellt, dass die mit einem Zahlungsverzug begründete Pflichtverletzung des Mieters nicht allein deshalb „erheblich“ gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist, weil der Zahlungsrückstand summenmäßig über eine Monatsmiete hinausgeht. Für die Erheblichkeitsprüfung und damit die Rechtfertigung der Kündigung ist vielmehr auf sämtliche Umstände des Einzelfalls abzustellen.
Die Parteien des Rechtsstreits sind durch ein Wohnraummietverhältnis miteinander verbunden, das der klagende Vermieter ordentlich gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB kündigte. Seine Kündigung begründete der Kläger mit dem erheblichen Zahlungsverzug des Beklagten, der sich summenmäßig etwas über eine Monatsmiete belief.
Der Kläger macht nun gegen den Beklagten Räumung und Herausgabe geltend. Gegenstand der Entscheidung ist das Prozesskostenhilfegesuch des Beklagten, um sich gegen die Räumungsklage zur Wehr setzen zu können.
Das Amtsgericht wies den Antrag auf Prozesskostenhilfe des Beklagten mangels Aussicht auf Erfolg zurück. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner sofortigen Beschwerde erfolgreich.
Voraussetzung einer positiven Entscheidung und damit der Gewährung von Prozesskostenhilfe ist, dass die Rechtsverteidigung gemäß § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) Aussicht auf Erfolg hat. Dies bejahte das Landgericht Berlin II vorliegend entgegen der erstinstanzlichen Ansicht. Denn die Beendigung des Mietverhältnisses auf Grundlage der ordentlichen Kündigung ist jedenfalls nicht zweifelsfrei geben und bedarf einer Überprüfung im Einzelfall. Zum einen liegt nur ein „Bagatellrückstand“ vor. Zum anderen ist unabhängig von der geschuldeten Summe, die nur knapp eine Monatsmiete überschreitet, nicht zwingend die Erheblichkeitsschwelle des § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB überschritten. Denn es sind neben der rein summenmäßigen Betrachtung jeweils auch immer die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten zu berücksichtigen. All dies rechtfertigt die Bewilligung der Prozesskostenhilfe und lässt eine Rechtsverteidigung nicht von vornherein aussichtslos erscheinen.
VERWALTERSTRATEGIE
Gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB sind Vermieter berechtigt, ein Mietverhältnis durch eine ordentliche Kündigung zu beenden, wenn ihnen ein berechtigtes Interesse hierzu zukommt. Dieses berechtigte Interesse eines Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses ist dann gegeben, wenn der Mieter seine vertraglich geschuldeten Pflichten in nicht unerheblicher Weise verletzt hat. Ob eine erhebliche Vertragsverletzung vorliegt, ist eine Frage der Abwägung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Schwere und Dauer der Pflichtverletzung und der persönlichen Verhältnisse des Mieters. Entscheidend kann weiter sein, ob der Mieter die Pflichtverletzung vorsätzlich oder fahrlässig begangen hat und ob mit einer Wiederholung dieser zu rechnen ist, oder ob der Mieter Maßnahmen ergriffen hat, um die Schwere der Pflichtverletzung abzumildern bzw. bestenfalls zukünftig vollständig zu verhindern.
Es bedarf damit neben dem Vorliegen eines Zahlungsrückstandes auch der Betrachtung der konkreten Umstände des Einzelfalls, um beurteilen zu können, ob eine Kündigung begründet ist. Dieser Aspekt der Prüfung wird in der Praxis nur zu gerne vernachlässigt.
Rechtsanwältin; Kanzlei Bub Memminger & Partner, München