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(AG Brandenburg, Urteil vom 30.4.2024 - Az. 30 C 196/23)
Seit Inkrafttreten des Konsumcannabisgesetzes (KCanG) häufen sich Fragen nach Möglichkeiten, der nun geschaffenen Legalisierung Grenzen zu setzen – sei es durch Beschluss und eine Benutzungsregelung in Wohnungseigentümergemein-schaften oder per Hausordnung und die Möglichkeit, bei Verstößen im Rahmen der Mietverwaltung zu kündigen. Das nachstehende Urteil ist eines der ersten, das sich seit Inkrafttreten des KCanG am 1. April 2024 mit den Auswirkungen des Cannabiskonsums, der den räumlichen Bereich der eigenen Wohnung überschreitet, auseinandersetzt.
Die Parteien des Rechtsstreits sind durch einen Wohnraummietvertrag miteinander verbunden. Die Klägerin, die Vermieterin, begehrt von dem beklagten Mieter die Räumung des Mietobjekts. Ihr Begehren stützt die Klägerin auf eine Kündigung, die sie – ebenso wie die ihr vorausgegangene Abmahnung – mit der Störung des Hausfriedens u. a. durch Bedrohung, Beleidigung und Belästigung anderer Mieter sowie Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz begründet.
Nachdem der Mieter der Kündigung widersprach, macht die Klägerin ihre Ansprüche auf Räumung und Herausgabe des Mietobjekts gerichtlich geltend, und dies mit Erfolg.
Voraussetzung der außerordentlichen fristlosen Kündigung eines Mietverhältnisses aus wichtigen Grund gemäß § 543 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist, dass dem Kündigenden bei einer Abwägung der gegenseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dies ist eine Frage der Umstände des Einzelfalls, wobei insbesondere auch das Verschulden der jeweiligen Vertragsparteien zu berücksichtigen ist. Mit anderen Worten: Das Vertrauen der einen Vertragspartei muss durch die schadhaften Pflichtverletzungen der anderen in ein künftig vertragsgemäßes Verhalten nachhaltig beschädigt sein.
Ein solcher wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 BGB kann nach § 569 Abs. 2 BGB – wie vorliegend – insbesondere bei einer schwerwiegenden Störung des Hausfriedens gegeben sein.
Im konkreten Fall rechtfertigen die von dem beklagten Mieter begangenen Straftaten und Beleidigungen gegenüber den übrigen Mietern des Mehrfamilienhauses und damit die nachhaltige Störung des Hausfriedens die außerordentliche fristlose Kündigung des Mietverhältnisses. Der Beklagte hat nachweislich u. a. nicht nur die Straftatbestände der Körperverletzung, Sachbeschädigung, des Diebstahls, der Beleidigungen zum Nachteil der übrigen Mieter des Mehrfamilienhauses erfüllt, sondern auch das Mietobjekt als illegales Lager von Betäubungsmitteln benutzt sowie den Handel mit Betäubungsmitteln aus dem Mietobjekt heraus betrieben.
Zwar liege die bei dem Beklagten vorgefundene Menge an Cannabis nicht über dem mit dem 1. April 2024 durch das KCanG zulässigen Besitz zum Eigenkonsum von bis zu 25 g. Jedoch ist – unabhängig davon, dass noch weitere, nicht legalisierte Betäubungsmittel vorgefunden wurden – eine Störung des Hausfriedens auch nach Inkrafttreten des KCanG grundsätzlich immer dann gegeben, wenn sich der Cannabiskonsums von dem räumlichen Bereich des Mietobjekts auf die gemeinschaftlich genutzten Räume und Flächen auswirkt. Je nach der Intensität der Auswirkung kann diese nicht nur ein störendes, sondern sogar unerträgliches bzw. gesundheitsgefährdendes Ausmaß erreichen.
Demnach liegt in dem Verhalten des Beklagten im konkreten Fall zumindest ein Verstoß gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme, insbesondere da minderjährige Kinder in demselben Haus wohnen und den Hauseingang und Hausflur an der Wohnungstür des Beklagten vorbei benutzen müssen. Eine derartige Störung des Hausfriedens und ein derartiger Missbrauch des Mietobjekts muss von einem Vermieter nicht hingenommen werden. Aufgrund dieser und den weiteren durch den beklagten Mieter verwirklichten Pflichtverletzungen war der Klage stattzugeben.
VERWALTERSTRATEGIE
Bereits vor dem Inkrafttreten des KCanG zum 1. April 2024 entsprach es der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der auch das Amtsgericht (AG) mit der vorstehenden Entscheidung folgt, dass Straftaten des Mieters, die er unter Zuhilfenahme der Mietsache oder zum Nachteil der anderen Mieter des Anwesens verübt, aufgrund einer nachhaltigen Störung des Hausfriedens und der mietvertraglichen Pflichten die außerordentliche fristlose Kündigung durch den Vermieter rechtfertigen. So entschied bspw. das AG Köln mit Urteil vom 25. März 2008, Az. 219 C 554/07, dass der erhebliche Anbau von Cannabis im Mietobjekt eine vertragliche Obhutspflichtverletzung darstellt; der Anbau nur in geringem Umfang und Eigenkonsum stellte hingegen keinen die außerordentliche Kündigung rechtfertigenden wichtigen Grund dar (AG Köln, Urteil vom 28.3.2003 – Az. 208 C 141/02, BeckRS 2006, 7756).
Auch nach dem Inkrafttreten des KCanG werden – aller Voraussicht nach – diese Grundsätze zumindest auf die neue Rechtslage übertragen weiterhin Geltung haben. Soweit das Verhalten des Mieters bzw. Wohnungseigentümers vom KCanG gedeckt ist, liegt kein Verstoß gegen das gegenseitige Rücksichtnahmegebot vor. Ist das Handeln des Mieters bzw. Eigentümers rechtswidrig und nicht von den Grenzen des KCanG gedeckt, drohen hingegen Konsequenzen. Insbesondere Auswirkungen auf den Bereich der gemeinschaftlich genutzten Flächen können unter Berücksichtigung der Interessen der Mitbewohner – hier insbesondere minderjährige Kinder – ein unerträgliches oder gefährdendes Maß erreichen; im Bereich der Wohnungseigentumsverwaltung bieten sich korrespondierend hierzu Nutzungsbeschränkungen durch Beschränkung des Konsums und Anbaus im räumlichen Bereich der Gemeinschaftsflächen an.
Rechtsanwältin; Unternehmensrecht
Kanzlei Bub Memminger & Partner, München
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