15.04.2025 Ausgabe: 3/2025

Mietrecht: einheitliches Mietverhältnis oder selbstständige Verträge?

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Entscheidend dafür, ob ein einheitliches Mietverhältnis oder mehrere selbstständige Verträge begründet werden, ist der Wille der Vertragsparteien.

(AG Hamburg-Altona, Urteil vom 2.5.2024 – Az. 318a C 115/24)

Das Thema

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat bereits entschieden, dass in der Regel – wenn eine Garage und eine Wohnung zwar im Zusammenhang, jedoch mit jeweils isoliertem Mietvertrag vermietet werden – anzunehmen ist, dass die Parteien kein einheitliches Mietverhältnis begründen wollten. Entscheidend ist die Differenzierung insbesondere im Hinblick auf das anzuwendende Recht. Liegt ein einheitliches Rechtsverhältnis vor, finden die Bestimmungen des Wohnraummietrechts insgesamt Anwendung. Zuletzt hat die Frage, ob ein einheitliches oder jeweils ein isoliertes Vertragsverhältnis vorliegt, insbesondere im Hinblick auf Umgehungstatbestände im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse an Aktualität gewonnen hat. Das Amtsgericht (AG) Hamburg­Altona hat mit nachstehender Entscheidung festgelegt, dass für die Entscheidung, ob ein einheitliches Mietverhältnis oder mehrere selbstständige Verträge begründet werden, der Wille der Vertragsparteien maßgeblich ist.

Der Fall

Die Parteien schlossen den Mietvertrag für die erste Wohnung der Verfügungsklägerin im Gebäudekomplex der Verfügungsbeklagten im Jahr 2006. Gleichzeitig mit dem Wohnraummietvertrag schlossen sie einen Vertrag über die Nutzung eines Tiefgaragenstellplatzes, der sich auf demselben Grundstück wie die Wohnung befindet. § 2 Abs. 2 des Stellplatzmietvertrages lautet wie folgt: „Jeder Vertragspartner kann unabhängig von einem Wohnungsmietvertrag mit einer Frist von zwei Monaten zum Monatsende kündigen, unbeschadet des Rechtes zur fristlosen Kündigung. Die Kündigung muss schriftlich erfolgen.“

Zwischenzeitlich ist die Verfügungsklägerin in eine andere Wohnung gezogen, der Stellplatzmietvertrag wurde in diesem Zusammenhang nicht verändert. Die Parteien haben hierzu einen neuen Wohnungsmietvertrag geschlossen. Der neue wie auch der vorhergehende Wohnraummietvertrag verpflichtet die Mieter, die jeweilige Tiefgaragenstellplatzordnung zu beachten.

Die Verfügungsbeklagte kündigte den Stellplatzmietvertrag und vermietete diesen an einen Dritten. Die Verfügungsklägerin begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung, u. a. der Verfügungsbeklagten bis zur formell rechtskräftigen Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung die Vermietung des Stellplatzes an einen Dritten zu untersagen.

Das Begehren der Verfügungsklägerin hat keinen Erfolg. Die Verfügungsklägerin ist zur Nutzung des Stellplatzes nicht mehr berechtigt. Der Mietvertrag über den streitgegenständlichen Stellplatz ist durch die Kündigung wirksam beendet, denn die zwischen den Parteien geschlossenen Mietverträge über den Wohnraum und über den Garagenstellplatz sind rechtlich selbstständige Verträge.

Maßgeblich für die Entscheidung, ob selbstständige Verträge oder ein einheitliches Mietverhältnis über Wohnraum und einen Pkw­Stellplatz begründet werden, ist der Wille der Parteien. Liegt – wie im konkreten Fall – keine ausdrückliche Regelung vor, ist auf den mutmaßlichen Willen unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls abzustellen.

Im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung spricht grundsätzlich eine tatsächliche Vermutung für die rechtliche Selbstständigkeit der beiden Verträge. Für die Widerlegung dieser Vermutung müssen bestimmte Umstände vorliegen, was im konkreten Fall nicht gegeben ist.

Zunächst sind die Verträge auf unterschiedlichen Vertragsurkunden geschlossen worden und nehmen keinerlei Bezug aufeinander. Auch der Abschluss der Verträge zum gleichen Zeitpunkt spricht für zwei getrennte Vertragsverhältnisse. Es kann auch nicht angenommen werden, dass stets davon auszugehen ist, dass Mieter die Verträge über Wohnung und Stellplatz als Einheit ansehen würden. Dass sich der Stellplatz in der Nähe der Wohnung befindet, habe hierauf keinen Einfluss. Der Vertrag über den Tiefgaragenstellplatz konnte unabhängig von dem Wohnungsmietvertrag gekündigt werden.

Verwalterstrategie

Das AG Hamburg­Altona schließt sich mit seinem Urteil den bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung herausgebildeten Grundsätzen an, wonach für die Abgrenzung, ob ein einheitliches Mietverhältnis besteht oder zwei rechtlich selbstständige Verträge, der Parteiwille entscheidend ist (BGH, Urteil vom 12.10.2011, Az. VIII ZR 251/10). In der Regel spricht eine tatsächliche Vermutung für die Annahme selbstständiger Vertragsverhältnisse.

Maßgeblich sind die Umstände des jeweiligen Einzelfalls. Für ein einheitliches Mietverhältnis und damit für die Widerlegung der Regelvermutung kann die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit sprechen.

Sehen die Verträge jedoch beispielsweise unterschiedliche Kündigungsfristen und unterschiedliche Regelungen zur Mieterhöhung vor und stehen ohne jeglichen Bezug nebeneinander, kann selbst ein Keller, der sich im selben Gebäude wie eine Wohnung befindet, einem rechtlich eigenständigen Mietverhältnis unterliegen (BGH, Schlussurteil vom 5.7.2023, Az. VIII ZR 94/21).

VDIV Aktuell Autorin - Franziska Bordt
Bordt, Franziska

Selbstständige Rechtsanwältin, 
Vorstandsmitglied, Referentin Recht 
VDIV Bayern