23.07.2020 Ausgabe: 4/20

Mietrecht - Kosten einer Zwischenablesung als Verwaltungskosten

(LG Leipzig, Urteil vom 5.9.2019, Az. 8 O 1620/18)

DAS THEMA
Das erst kürzlich veröffentlichte Urteil des Landgerichts Leipzig greift ebenfalls das Thema Verwaltungskosten auf, das bereits im letzten Heft anhand der neuesten BGH-Rechtsprechung  thematisiert wurde. Hier werden Verwaltungskostenanteile in der Heiz-und Betriebskostenabrechnung betrachtet.

DER FALL
Es handelte sich um eine im deutschen Recht immer noch eher ungewöhnliche Musterklage eines eingetragenen Vereins, der auch Verbraucherinteressen vertritt. Dieser Verein klagte gegen einen großen Leipziger Vermieter auf Unterlassung der Verwendung bestimmter Klauseln in seinen Mustermietverträgen. Konkret ging es um die Folgenden: „Endet das Mietverhältnis während einer laufenden Abrechnungsperiode, ist eine Zwischenablesung der Verbrauchserfassungsgeräte vorzunehmen. Hierfür anfallende Zusatzkosten trägt der Mieter.“ Und weiter: „Zu Beginn und zum Ende des Mietverhältnisses findet eine Zwischenablesung der Verbrauchserfassungsgeräte durch das Unternehmen statt, das die Nebenkostenabrechnung erstellt. Hierfür anfallende Kosten trägt der Mieter.“

Das LG Leipzig gab der Unterlassungsklage recht und verurteilte den Vermieter, bei Meidung eines Ordnungsgeldes die Verwendung dieser Klauseln zu unterlassen. Ebenso ist zu unterlassen, sich in abgeschlossenen Mietverträge hierauf zu berufen.

Das Gericht argumentiert hierbei zunächst mit einem älteren Urteil des BGH (vom 14.11.2007, Az. VIII ZR 19/07), in dem ein Fall zu entscheiden war, bei dem die Übernahme von Kosten der Zwischenablesung im Mietvertrag gerade nicht ausdrücklich geregelt war. Hier hatte der BGH diese Kosten bereits als Verwaltungskosten eingeordnet und konsequenterweise entschieden, dass sie vom Vermieter getragen werden müssen, falls sich keine mietvertragliche Regelung findet.

Der beklagte Vermieter argumentierte nun auf Basis dieses Urteils, dass hiermit eine vertragliche Regelung gerade nicht ausgeschlossen worden sei. Im Gegenteil, der BGH habe nur den Fall entschieden, dass vertraglich eben keine Regelung zur Übernahme der Zwischenablesekosten getroffen worden sei. Eine solche Regelung könnten die Parteien daher jederzeit und auch formularvertraglich treffen. Weiter führte der Vermieter ins Feld, dass die Kosten gering seien, den Mieter nicht übermäßig belasteten und dass außerdem die Übernahme dieser Kosten durch den bisherigen, ausziehenden Mieter nur gerecht sei und nicht einem neuen Mieter zugemutet werden dürften.

Der klagende Verbraucherschutzverein argumentierte allerdings mit der fortgeschriebenen BGH-Rechtsprechung, dass Verwaltungskosten nach der Betriebskostenverordnung eben nicht umgelegt werden dürften und eine diesbezügliche formularvertragliche Abrede nach § 556 Abs. 4 BGB unwirksam sei. Auch können die Klauseln so ausgelegt werden, dass der Mieter diese Nutzerwechselgebühr in jedem Falle zu zahlen hätte, also auch bei einer berechtigten außerordentlichen Kündigung seitens des Mieters, welche der Vermieter zu vertreten hätte. Auch müsste der Mieter der zweiten Klausel zufolge die Nutzerwechselgebühr zweimal tragen, nämlich einmal bei Beginn und einmal bei Ende seines Mietverhältnisses. Dies sei eine erhebliche Benachteiligung nach § 307 BGB und daher formularvertraglich unwirksam. Schließlich wird auch noch ins Feld geführt, dass das Ableseunternehmen wahrscheinlich höhere Preise verlangt (einschließlich An- und Abfahrt und Mehrwertsteuer), als der Vermieter für eine eigene Tätigkeit berechnet hätte.

Das LG Leipzig schließt sich der Argumentation des klagenden Vereins an. Zwar können Regelungen über die Kostentragung der Zwischenablesung individualvertraglich getroffen werden, nicht aber in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Diese verstoßen dann gegen wesentliche Grundgedanken gesetzlicher Regelungen. Von § 556 Abs. 1, Abs. 4 BGB darf nicht zum Nachteil des Mieters abgewichen werden. Dass es sich bei den Zwischenablesekosten um Verwaltungskosten handelt, hat der BGH bereits entschieden. Das LG Leipzig weist darauf hin, dass sich daran nichts ändert, wenn diese Kosten vertraglich in Zusammenhang mit den Heizkosten aufgeführt werden. Auch auf die geringe Höhe kommt es nicht an. Ebenso wenig kann die Frage, ob der Vormieter oder der Nachmieter gerechterweise diese Kosten tragen soll, keine Rolle spielen. Für Gerechtigkeit zwischen seinen Mietern muss der Vermieter sorgen. Insbesondere erachtet das LG Leipzig die Doppelbelastung bei Einzug und Auszug, die in der zweiten Klausel festgelegt ist, für AGB-widrig.

Verwalter­strategie
Das Urteil des LG Leipzig stimmt in der Tendenz mit dem kürzlich besprochenen BGH-Urteil überein. In bereits abgeschlossenen Mietverträgen kann sich der Vermieter nicht mehr auf eine solche Klausel zur Umlage der Zwischenablesungskosten berufen. Die Umlage von Kosten der Zwischenablesung kann wohl nur noch individualvertraglich wirksam vereinbart werden. Aus Vermietersicht bleibt fraglich, wie dieses Problem nun gehandhabt werden soll. Hier bleibt darauf hinzuweisen, dass eine Zwischenablesung von Heiz- und Warmwasserkosten nicht zwingend vorgeschrieben ist. In neu abzuschließenden Verträgen können die Wasserkosten, die übers ganze Jahr in etwa gleichmäßig anfallen, auch zeitanteilig umgelegt werden, die Heizkosten nach Gradzahltagen. In Bestandsmietverträgen, in denen weiter nichts geregelt ist, könnte die Zwischenablesung ggf. durch die Nutzer selbst oder durch den Verwalter durchgeführt werden. ­Letzteres ist bei Funkablesung stichtaggenau und einfach durchzuführen.

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Schiesser, Dr. Susanne

DR. SUSANNE SCHIESSER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner in der Kanzlei „ Sibeth Partnerschaft Rechtsanwälte Steuerberater“.