07.09.2022 Ausgabe: 6/22

Mietrecht: Kürzung der Heizkosten bei nicht verbrauchsabhängiger Abrechnung

(BGH, Urteil vom 12.1.2022 - Az. VIII ZR 151/20)

Das Thema

Das Thema Nebenkostenabrechnung beschäftigt trotz der geringen Summen laufend die obergerichtliche und höchstrichterliche Rechtsprechung. Es ist abzusehen, dass insbesondere die Kosten für den Wärmeverbrauch in naher Zukunft noch mehr in den Fokus rücken als bis­her. In § 12 der Heizkostenverordnung steckt erhebliches Streitpotenzial: Hiernach darf der Mieter den auf ihn ent­fallenden Anteil der Kosten für Wärme und Warmwasser um 15 Prozent kürzen, wenn die Kosten für Wärme oder Warmwasser nicht verbrauchsabhängig abgerechnet wer­den. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte nun Gelegen­heit zu präzisieren, wie weit die verbrauchsabhängige Abrechnung reicht und wie umfassend das Kürzungs­recht des Mieters ist.

Der Fall

In dem Wohngebäude der Mieter wurden Heizungs­wärme und Warmwasser durch Fernwärme bereitge­stellt. Zwar wurde die gesamte Wärmemenge erfasst. Bei der zentralen Heiz-und Warmwasserversorgung wurde nicht gesondert durch einen Wärmemengenzäh-ler gemessen, welche Wärmemenge auf die Warmwas-serversorgungsanlage entfiel und welche Wärmemenge damit noch für die Heizanlage übrigblieb. In den Miet­wohnungen selbst waren allerdings Heizkostenverteiler und Warmwasserzähler vorhanden, deren Verbrauch auch ermittelt wurde. Der Vermieter hat den Wärme­verbrauch für die Warmwasserzubereitung nach der in der Heizkostenverordnung, dort § 9 Abs. 2, vorgege­benen Formel ermittelt und dann zu 70 Prozent nach dem gemessenen Verbrauch und zu 30 Prozent nach Wohnfläche umgelegt. Die Mieter wehrten sich gegen diese Berechnungsmethode und haben die Heiz- und Warmwasserkosten insgesamt um 15 Prozent gekürzt. Diese Kürzung für zwei Mietjahre hat der Vermieter nach Ende des Mietverhältnisses von der Kaution abgezogen, die Parteien streiten um die Höhe des Kautionsrück-zahlungsanspruchs. Das Amtsgericht hat den Mietern recht gegeben, das Landgericht gab dem Vermieter recht, mit dem Argument, dass eine verbrauchsabhän­gige Abrechnung ja vorliege, weil der Abrechnung die in der Wohnung der Mieter ermittelten Verbrauchs­werte zugrunde gelegt worden seien; die Berechnung des Verbrauchs der Warmwasserversorgungsanlage über die Formel aus § 9 Abs. 2 Heizkostenverordnung stehe dem nicht entgegen.

Der BGH hebt das Berufungsurteil auf und gibt wie das Amtsgericht wieder den Mietern recht. Die Berech­nungsformel in § 9 Abs. 2 Heizkostenverordnung ist ein Ersatzverfahren, das nur angewendet werden darf, wenn seine Voraussetzungen tatsächlich vorliegen. Es ist nur unter engen Voraussetzungen eröffnet. Zweck der Heiz­kostenverordnung ist es, durch eine möglichst nah am Verbrauch bleibende Abrechnung die Bevölkerung zum Energiesparen anzuhalten. Der Verordnungsgeber hat bei der letzten Novelle der Heizkostenverordnung auch in Betracht gezogen, dass der Anteil des Wärmeverbrauchs am Gesamtenergiebedarf des Gebäudes aufgrund der besseren Wärmedämmung absinkt, womit sich der Anteil der Warmwasserbereitung am Gesamtenergiebedarf umgekehrt erhöht und dessen verbrauchsabhängige Abrechnung umso wichtiger wird. Der Vermieter hatte nicht dargetan, dass die Wärmemessung des Warm­wasserverbrauchs nur mit einem unzumutbar hohen wirtschaftlichen Aufwand durchgeführt werden könne, was Voraussetzung für die Anwendung der Formel nach § 9 Abs. 2 Heizkostenverordnung wäre. Der BGH weist vielmehr darauf hin, dass der anteilige Verbrauch für die Warmwasserversorgung auch dadurch hätte errechnet werden können, dass alle Verbrauchswerte aller Mieter im Haus aufaddiert werden.

Für das Kürzungsrecht nach § 12 Heizkostenverordnung genügt es auch, dass entweder Wärme oder Warmwas­ser nicht korrekt nach Verbrauch abgerechnet werden. Auch wenn nur einer von beiden Anteilen am Gesamt­verbrauch nicht korrekt abgerechnet wird, erstreckt sich das Kürzungsrecht von 15 Prozent auf die gesamten Kosten für Heizung und Warmwasser. Es handelt sich bei dem Kürzungsrecht um einen pauschalierten Scha­densersatzanspruch gegen den Vermieter, der für den Mieter eine vereinfachte Durchsetzbarkeit sicherstellen und den Vermieter dazu anhalten soll, möglichst über­all, wo wirtschaftlich irgend vertretbar, Verbrauchszäh­ler anzubringen.


Verwalterstrategie

Vermietern ist dringend zu empfehlen, noch vor dem kommenden Winter mit der anstehenden Energiepreissteigerung Wärmemengenzähler nachzurüsten, wo dies irgend technisch möglich ist und wirtschaftlich vertretbar ist. Diese müssen auf dem Stand der neuesten technischen Vorgaben der Heizkostenverordnung sein (Fernablesbarkeit). Ausnahmevorschriften der Heizkostenverordnung sind nach dieser BGH-Rechtsprechung eng auszulegen. Nicht zuletzt war die Nachrüstung mit Verbrauchszählern immer schon im Sinne der Heizkostenverordnung, die mit ihrer jüngsten Neuerung europäische Vorgaben zum Energiesparen umgesetzt hat. Angesichts der einfachen Durchsetzbarkeit dieser doch erheblichen Kürzung ist davon auszugehen, dass Mieter ihre zukünftigen Heizkostenabrechnungen ganz genau prüfen werden.

Piekut, Dr. Susanne Schießer & Piotr

DR. SUSANNE SCHIEßER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungs­eigentumsrecht ist Salary Partner der Kanzlei Arnecke Sibeth Dabelstein, München.

PIOTR PIEKUT
Der Rechtsanwalt ist am Berliner Standort derselben Kanzlei u. a. im Miet- und Grundstücksrecht tätig. www.asd-law.com