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26.05.2023 Ausgabe: 4/2023
(OLG Düsseldorf, Hinweisbeschluss vom 20.9.2022 – Az. 24 U 117/21)
Mit Urteil vom 12. Januar 2022 hat der Bundesgerichtshof (BGH) Leitlinien zur Reduktion von Mieten während der Corona-Pandemie gegeben: Die angeordneten Geschäftsschließungen stellen keinen Mietmangel dar. Eine Anpassung der Miete kann nur über das Instrument des Wegfalls der Geschäftsgrundlage erfolgen, wobei sich auch hier eine pauschale Anpassung, etwa um 50 Prozent, verbietet. Im Einzelfall müssen stattdessen die Möglichkeiten zur Weiternutzung der Flächen (z. B. für Online-Handel, als Take-away bei Gaststätten) sowie insbesondere auch die Staatshilfen, die Mieter möglicherweise erhalten haben, gewürdigt werden. Angesichts der Vielzahl der betroffenen Mietverhältnisse kam es in der Praxis zu vergleichsweise wenigen Gerichtsprozessen. Dies mag u. a. auch daran gelegen haben, dass viele Vermieter ihren Mietern bereits während des ersten Lockdowns entgegengekommen sind und schon im Frühsommer 2020 in einem Nachtrag Vereinbarungen zur Abmilderung der Pandemiefolgen geschlossen haben, etwa Erlass oder Stundung für die Monate des ersten Lockdowns (März, April, Mai 2020), verbunden mit einer weiteren befristeten oder auch dauerhaften Mietreduktion, und im Gegenzug einer Verlängerung der Restlaufzeit des Mietverhältnisses. In diesen Fällen kommt es nun häufig zum Streit darüber, ob mit solchen Nachträgen alle Folgen der Pandemie, insbesondere also auch der zweite Lockdown von Dezember 2020 bis März 2021, erfasst sein sollen, oder ob die Voraussetzungen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage für den zweiten Lockdown nochmals gesondert geprüft werden müssen. Einen solchen Fall hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf nun erstmals in einem Hinweisbeschluss behandelt.
Die Mieterin hatte mit Mietvertrag aus dem Jahr 2008 Geschäftsräume angemietet, in denen sie überwiegend Bekleidung verkaufte. Im Vertrag war u. a. vorgesehen, dass der Mieter nur dann gegen die Miete aufrechnen oder ein Zurückbehaltungsrecht ausüben könne, wenn er dies mindestens einen Monat vorher schriftlich anzeigt, anderenfalls er auf eine Rückzahlungsklage verwiesen war.
Im Mai 2020, also noch während des ersten Lockdowns, schlossen die Parteien einen Nachtrag, mit dem sie die Festlaufzeit des Mietverhältnisses um fünf Jahre verlängerten. Die Miete wurde für die gesamte verlängerte Laufzeit um 800 Euro pro Monat reduziert. Darüber hinaus erließ der Vermieter für die Monate April und Mai 2020 die Miete vollständig und minderte sie für Juni bis September 2020 um 50 Prozent.
In zweiten Lockdown waren die in Nordrhein-Westfalen gelegenen Mieträume vom 16. Dezember 2020 bis 7. März 2021 ganz geschlossen. Bis 31. März 2021 war ein Verkauf nur unter Einhaltung von Zutrittsbeschränkungen und Testauflagen möglich. Die beklagte Mieterin hat die Mieten für die Monate Februar und März 2021 einbehalten. Sie trägt vor, dass trotz des Nachtrags vom Mai 2020 nochmals eine Anpassung der Miete wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage im zweiten Lockdown erfolgen müsse. Diese weiteren Folgen der Pandemie seien im Mai 2020 nicht absehbar gewesen, vielmehr seien die Parteien damals gemeinsam davon ausgegangen, dass spätestens mit Ende September 2020 alle staatlichen Beschränkungen wegfallen würden. Darüber hinaus wiesen die Mieträume eine schlechte Durchlüftung auf, die das Infektionsgeschehen förderte.
Diesem Vorbringen folgten weder das Landgericht (LG) noch das OLG Düsseldorf in zweiter Instanz. Das OLG betont nochmals, dass die coronabedingten staatlichen Einschränkungen keinen Mangel der Mietsache darstellen, da sie nicht auf der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage der Mietsache beruhen, sondern an den Geschäftsbetrieb des Mieters mit dem sich daraus ergebenden Publikumsverkehr anknüpfen. Weder die Nutzung der angemieteten Räume als solche noch die Überlassung der Mieträumlichkeiten war verboten. Das Mietobjekt stand für den vereinbarten Zweck weiterhin zur Verfügung. Auf eine schlechte Durchlüftung kann sich die Mieterin schon deshalb nicht berufen, weil ihr die entsprechenden technischen Möglichkeiten und Anlagen seit der Übernahme der Mieträume vor vielen Jahren bekannt waren und sie nicht vorträgt, dass die vorhandene Lüftung nicht den Anforderungen der Baubeschreibung aus dem Mietvertrag entsprechen würde.
Die Voraussetzungen für eine Störung der Geschäftsgrundlage liegen dem Nachtrag von 2020 zufolge nicht mehr vor. Der Wegfall der Geschäftsgrundlage setzt voraus, dass die Parteien in Unkenntnis der späteren Umstände oder Entwicklungen gehandelt haben und den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie Kenntnis davon gehabt hätten. Für die Kenntnis genügt die Vorhersehbarkeit der Störung. Das Gericht führt aus, dass sich bereits im Mai 2020 abzeichnete, dass die Pandemie auch im Herbst 2020 voraussichtlich noch nicht überwunden sein würde. Zu diesem Zeitpunkt war den Parteien die Gefahr, dass hoheitliche Beschränkungen aus Gründen des Infektionsschutzes zu Geschäftsschließungen bzw. Zugangsbeschränkungen und Hygienemaßnahmen führen könnten, sehr wohl bekannt. Weitere staatliche Beschränkungen waren zwar im Mai 2020 nicht gewiss, nach damaligem Wissensstand jedoch ein durchaus realistisches, nicht fernliegendes Szenario. Die Benennung der Professoren Drosten und Streeck als Zeugen dafür, dass die Pandemie bestimmt im Sommer 2020 vorbei sei, wird bereits durch Pressemitteilungen widerlegt. Ebenso führt die Genehmigung der klinischen Prüfung eines Impfstoffs Ende April 2020 nicht dazu, dass man annehmen konnte, dieser werde bis Ende September 2020 zugelassen, und dann sei bereits die Herdenimmunisierung der bundesdeutschen Bevölkerung erreicht.
Die gesamten wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie waren daher Gegenstand des im Mai 2020 abgeschlossenen Nachtrags. Unkenntnis über die pandemische Lage bestand zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr, der Wegfall der Geschäftsgrundlage kommt für den zweiten Lockdown daher nicht mehr in Betracht.
Schließlich stellt das OLG auch noch fest, dass die Klausel, mit der die Vorankündigung der Aufrechnung und Zurückbehaltung von Mieten verlangt wird, insoweit rechtswirksam ist.
VERWALTERSTRATEGIE
Ist ein Vermieter seinem Mieter während oder kurz nach dem ersten Lockdown im Frühsommer 2020 mit einem Nachtrag entgegengekommen, der Regelungen auch für die Zeit nach dem ersten Lockdown enthält, etwa Mietnachlässe und Laufzeitverlängerungen, so ist nach dieser Entscheidung davon auszugehen, dass damit die gesamten Folgen der Pandemie abgedeckt sind und für weitere Reduzierungen wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage im zweiten Lockdown kein Anlass mehr besteht. Anders mag dies bei einer reinen Stundungsvereinbarung für Mieten in den ersten Corona-Monaten März, April und Mai 2020 gewertet werden. Allerdings sind einige Fragen zum Wegfall der Geschäftsgrundlage immer noch ungeklärt, insbesondere hat die Rechtsprechung bisher keine Berechnungsformel entwickelt, die Umsatzeinbußen, Gewinneinbußen und Staatshilfen zueinander ins Verhältnis setzt. Häufig wirkt sich allerdings die umfassende Nachweispflicht, die den Mieter trifft, im Prozess bereits zu dessen Lasten aus.
DR. SUSANNE SCHIEßER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner der Kanzlei Arnecke Sibeth Dabelstein, München.
PIOTR PIEKUT
Der Rechtsanwalt ist am Berliner Standort derselben Kanzlei u. a. im Miet- und Grundstücksrecht tätig. www.asd-law.com