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(BGH, Urteil vom 19.7.2023 – Az. VIII ZR 229/22)
Die Regelungen zur Mietpreisbremse sehen zugunsten des Vermieters vor, dass er die sogenannte „Vormiete“ verlangen darf, wenn diese über der nach § 556d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zulässigen liegt, also über der ortsüblichen Miete plus zehn Prozent Aufschlag. Die Regelung wurde bei Einführung der Mietpreisbremse im Jahr 2015 ins Gesetz aufgenommen, um Vermieter, insbesondere private Vermieter, die auf die Höhe der Mieteinnahmen für den eigenen Lebensunterhalt angewiesen sind, davor zu schützen, dass Mieten bei einer anstehenden Neuvermietung abgesenkt werden müssen.
Diese Faustregel hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun anhand der Gesetzesformulierung genauer interpretiert. Die relevante Passage in § 556e Abs. 1 S. 1 BGB lautet: „Ist die Miete, die der vorherige Mieter zuletzt schuldete (Vormiete), höher als die nach § 556d Abs. 1 zulässige Miete, so darf eine Miete bis zur Höhe der Vormiete vereinbart werden.“
Die Wohnung, ein 38 Quadratmeter großes Apartment in Berlin, war seit 1. Juli 2017 zu einer Nettokaltmiete von 480 Euro vermietet. Diese Miete war einer Indexmieterhöhung unterworfen. Im vorangegangenen Mietverhältnis, das am 15. Juni 2015 begonnen hatte, war eine Nettokaltmiete von 422 Euro vereinbart worden. Auch dieses Mietverhältnis fällt bereits unter die Miet-preisbremse, die in Berlin am 1. Juni 2015 in Kraft getreten war. Im Vor-Vormietvertrag vom 1. März 2014 war eine Nettokaltmiete von 380 Euro vereinbart worden, damit zehn Euro pro Quadratmeter. Es war unstreitig und wird daher auch nicht mehr ausgeführt, dass die ortsübliche Vergleichsmiete nach Berliner Mietspiegel jedenfalls deutlich unter der Vor-Vormiete aus dem Jahr 2014 lag und sich die verlangte Miete daher nur mit der Ausnahmeregelung der Vormiete begründen ließ.
Der BGH weist zunächst darauf hin, dass die Vereinbarungen zur Miethöhe nach der Mietpreisbremse immer nur insoweit unwirksam sind, als sie die zulässige Miethöhe nach den Regelungen der Mietpreisbremse übersteigen, es tritt also eine geltungserhaltende Reduktion auf das gerade noch Zulässige ein. Der BGH ist mit der Vorinstanz, dem Landgericht Berlin, der Ansicht, dass die „Vormiete“ ebenfalls nur in der Höhe zugrunde gelegt werden kann, in der sie selbst den Regelungen der Mietpreisbremse entspricht. Ist die Vormiete ihrerseits nach den Regelungen der Mietpreisbremse bereits überhöht, ist sie ebenfalls entsprechend zu reduzieren. Gegebenenfalls kann hier auf die Vor-Vormiete zurückgegriffen werden. Dies ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut: „der Mieter zuletzt schuldete„. Eine überhöhte Vormiete hätte der Vormieter nicht geschuldet. Dass der Vormieter untätig blieb, geht also nicht zulasten des neuen Mieters.
Der BGH prüft daher die Vormiete anhand der Regeln der Mietpreisbremse. Da auch schon die im Vormietvertrag vom 15. Juni 2015 vereinbarte Miete in Höhe von 422 Euro der Mietpreisbremse unterfiel und deutlich überhöht war, kann und muss auch für diese Miete auf die Ausnahmeregelung der Vormiete zurückgegriffen werden. Es wird also die Vor-Vormiete, die im Mietvertrag vom 1. März 2014 vereinbart war, geprüft. Da zu diesem Zeitpunkt die Mietpreisbremse noch nicht galt, war diese Miete jedenfalls wirksam vereinbart. Da diese Miete mit 380 Euro immer noch höher liegt als die aktuelle ortsübliche Miete nach dem Berliner Mietspiegel, muss diese Miete aus dem Vor-Vormietvertrag von 2014 als zulässige Miete zugrunde gelegt werden.
Da hier eine Indexierung vereinbart war, deren Gültigkeit unabhängig von der Miethöhe ist, setzt die Berechnung der Indexierung auf die Vor-Vormiete auf. Hieraus ergibt sich die damit jetzt zulässige Miete. Im Übrigen wurde der Vermieter zur Rückzahlung für die Monate ab der erstmaligen Rüge des Mieters verurteilt, eine Verjährung von Rückzahlungsansprüchen war aufgrund der Geltung der ersten Mietpreisbremse nicht zu prüfen.
VERWALTERSTRATEGIE
Bei der Berechnung der zulässigen Miete und ebenso bei den Auskunftsansprüchen nach dem aktuellen Stand der Mietpreisbremse darf nach diesem Urteil nicht einfach die vereinbarte Vormieter zugrunde gelegt werden. Vielmehr ist diese dahingehend zu überprüfen, ob sie den Vereinbarungen der Mietpreisbremse entsprochen hätte. Ist dies nicht der Fall, setzt sich die Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen in die Vergangenheit fort, gegebenenfalls ist dann als zulässige Vormiete die letzte Miete anzusehen, die vor Einführung der Mietpreisbremse im jeweiligen Bundesland galt. Leider nimmt das Urteil nicht Stellung zu Indexerhöhungen unter den Vormietverhältnissen, sodass offen bleibt, ob Mieterhöhungen nach einer wirksamen Indexklausel in den Vormietverhältnissen zu einer Erhöhung der zulässigen Vormiete führen können.
DR. SUSANNE SCHIEßER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner der Kanzlei Arnecke Sibeth Dabelstein, München.
PIOTR PIEKUT
Der Rechtsanwalt ist am Berliner Standort derselben Kanzlei u. a. im Miet- und Grundstücksrecht tätig. www.asd-law.com