09.12.2024 Ausgabe: vdivDIGITAL 2024/2

Mobiles Arbeiten aus Arbeitnehmersicht: Rechtliche Herausforderungen und Chancen

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Mobiles Arbeiten nimmt zu. Haben Arbeit­nehmer einen Anspruch darauf? Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten, wenn diese von zu Hause oder unterwegs arbeiten? Sind sie verpflichtet, zu bestimmten Zeiten erreichbar zu sein?

Ausgangspunkt ist, dass es – soweit es keine Vereinbarung zum mobilen Arbeiten gibt – weder ein Recht noch eine Pflicht zum mobilen Arbeiten gibt. Wenn sich die Arbeitsvertragsparteien darauf verständigen, ist folgendes zu beachten:

Rechtliche Rahmenbedingungen: Arbeitszeitgesetz

Das Arbeitszeitgesetz bleibt maßgeblich: Arbeitnehmer dürfen grundsätzlich nicht mehr als acht Stunden täglich arbeiten (§ 3 ArbZG). Dabei müssen Pausen eingehalten werden (§ 4 ArbZG), und es ist sicherzustellen, dass die vorgeschriebenen Ruhezeiten von mindestens elf Stunden (§ 5 ArbZG) gewahrt bleiben. Da es in den meisten Fällen keine Vorgaben des Arbeitgebers gibt, können die Arbeitnehmer selbstbestimmt ihre gesetzlichen Pausen nehmen, z. B. zwei oder drei Kurzpausen à 15 Minuten, sowie den Beginn und das Ende der Arbeitszeit festlegen. Damit scheidet auch eine ständige Erreichbarkeit aus. 

Rechtliche Rahmenbedingungen: Arbeitsschutz und Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

Auch außerhalb des Unternehmens trägt der Arbeitgeber Verantwortung für die Arbeitssicherheit des Arbeitnehmers (§§ 3 und 4 ArbSchG). Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren, dass der Bildschirmarbeitsplatz im Privatbereich fest eingerichtet wird, und dass der Arbeitgeber alles bereitstellt und einrichtet, ist es ein sogenannter Telearbeitsplatz. Dieser muss strenge gesetzliche Vorgaben u. a. nach der Arbeitsstättenverordnung erfüllen. Da dies meistens mit höheren Kosten für den Arbeitgeber verbunden ist, ist es sehr untypisch, dass Arbeitgeber dies tun (werden). Ein Anspruch der Arbeitnehmer auf einen Telearbeitsplatz besteht nicht.

Arbeitsschutz im Homeoffice oder beim mobilen Arbeiten erfolgt daher meistens über Anordnungen des Arbeitgebers und Gefährdungsbeurteilungen. Letztere könnten Zugang zu Privaträumen erfordern. Sollte dieser nicht gewährt werden, kann der Arbeitgeber den Gesundheitsschutz nicht gewährleisten und daher das mobile Arbeiten beenden.

Unfallversichert sind alle Tätigkeiten, die in einem engen Zusammenhang mit den beruflichen Aufgaben stehen. Fällt eine Versicherte die Treppe hinunter und verletzt sich dabei, weil sie im Erdgeschoss die unterbrochene Internetverbindung überprüfen will, die sie für die dienstliche Kommunikation benötigt, wäre dieser Unfall versichert. Auch ein Weg zu einem dienstlich genutzten Drucker wäre abgesichert. Fällt sie hingegen die Treppe hinunter, weil sie eine private Paketsendung entgegennehmen oder sich einen Tee machen will, wäre dies nicht unfallversichert.

Datenschutz und Privatsphäre

Beim mobilen Arbeiten besteht das Risiko, dass personenbezogene Daten ungeschützt über private oder ungesicherte Netzwerke übertragen werden. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, um den Datenschutz sicherzustellen (Art. 32 DSGVO). Dies schließt auch die Nutzung von verschlüsselten Verbindungen und sicheren Arbeitsgeräten ein. Der Arbeitgeber kann hierzu Vorgaben machen. Die erforderliche Ausstattung hat er zu stellen, entsprechende Kosten hat er zu tragen. Das wird er aber nur tun, wenn diese verhältnismäßig bleiben. Sofern er im Betrieb Arbeitsplätze vorhält, hat der Arbeitnehmer dafür zu sorgen, dass z. B. sein Internet bestimmte Dimensionierungen erfüllt.

Zwar darf der Arbeitgeber die Arbeitsleistung kontrollieren, dies muss jedoch verhältnismäßig sein und datenschutzkonform geschehen. Eine permanente Überwachung über z. B. Monitoring-Tools ist unzulässig (Art. 88 DSGVO in Verbindung mit § 26 BDSG).

Mitbestimmungsrechte und Abreden der Arbeitsvertragsparteien: Mitbestimmung des Betriebsrats

Die Einführung und Ausgestaltung mobiler Arbeitsplätze unterliegen der Mitbestimmung des Betriebsrats (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG). Der Betriebsrat hat insbesondere ein Mitspracherecht, wenn es um die Überwachung der Arbeitnehmer oder um Regelungen zur Arbeitszeit geht. Betriebsvereinbarungen können hier verbindliche Regelungen für alle Beschäftigten schaffen und so Rechtssicherheit bieten.

Mitbestimmungsrechte und Abreden der Arbeitsvertragsparteien: Individuelle Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Neben Betriebsvereinbarungen sind auch individuelle Vereinbarungen über mobiles Arbeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer von Bedeutung. Hierbei können beispielsweise Regelungen zur Erreichbarkeit oder zu Kostenübernahmen für Arbeitsmaterialien getroffen werden. Solche Abmachungen sollten stets schriftlich festgehalten werden, um Missverständnisse zu vermeiden (§ 2 NachweisG). Ohne Kostenregelungen gibt es keinen Anspruch auf Übernahme von privaten „Kosten“ durch Wohnraumnutzung, Strommehrverbrauch oder anderes.

Fazit

Mobiles Arbeiten bietet Arbeitnehmern viele Vorteile, bringt aber auch rechtliche Herausforderungen mit sich. Es gilt, eine Balance zwischen Flexibilität und der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben zu finden. Die Vorteile für beide Parteien müssen in fairen Regelungen zu Ausstattung, Erreichbarkeit und Kostenerstattung münden.

Ziegenhagen, Ivailo

Der Fachanwalt fur Arbeits- und Steuerrecht ist in der Berliner Kanzlei IHDE &
Partner Rechtsanwälte für Unternehmen wie Privatpersonentätig, hält Vorträge und fuhrt Schulungen durch.
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