15.04.2021 Ausgabe: 2/21

Mustergültig - Der neue Verwaltervertrag des VDIV Deutschland

Mit dem novellierten  Wohnungseigentumsrecht (WEG) haben sich auch hinsichtlich der Rechte und Pflichten im Verhältnis von Eigentümern, Wohnungseigentümergemeinschaft und Verwaltungen grundlegende Änderungen ergeben. Darüber, dass die Bedeutung einer qualifizierten Verwaltung, die eine Immobilie gemeinsam mit der Gemeinschaft betreut, nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, herrscht Einigkeit, beim Eigentümerverband Haus & Grund und beim VDIV Deutschland. Beide Verbände haben sich daher darauf verständigt, einen Verwaltervertrag vorzulegen, der sowohl den Interessen der Wohnungseigentümer als auch denen der Verwaltungen gerecht wird. Der nun vorgelegte Vertrag steht in der Tradition der Musterverträge, die der VDIV Deutschland über Jahre hinweg aktualisiert und der jeweiligen Rechtsprechung und Rechtslage angepasst hat. Für die neue Version haben sich alle Beteiligten insbesondere aber auch der Aufgabe gestellt, das über die Jahre hinweg gewachsene Vertragswerk in sinnvoller Weise zu kürzen, um die Bereitschaft zur Verwendung zu stärken. Der Anpassung des aktualisierten Dokuments an die heutigen Bedürfnisse hat sich eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Präsidiums und der Landesverbände angenommen. Das so entstandene Vertragsmuster wurde auf höchster Ebene beider Verbände final ausdiskutiert, formatiert und schlussendlich allen Landesverbänden zur Verfügung gestellt.

Hinweise zur Nutzung
Verwaltungen, die das Vertragsmuster nutzen, ist zu empfehlen, die Erläuterungen und Hinweise des VDIV Deutschland zu beachten und die Vorschläge zur Verwendung nach Möglichkeit umzusetzen.

Vertragspartner sind wie bisher die Wohnungseigentümergemeinschaft und die Verwaltung. Regelungen im Hinblick auf Ansprüche einzelner Verwaltungen sind nicht notwendig. Selbst Auskunfts- und Einsichtsrechte müssen einzelne Eigentümer nunmehr gegen die Gemeinschaft verfolgen, nicht mehr gegen die Verwaltung. Zu beachten ist auch, dass sämtliche Vergütungen für die Verwaltung jeweils die Gemeinschaft schuldet, die dann die Verteilung im Innenverhältnis gegebenenfalls durch Beschluss zu regeln hat. Eine Verwaltung hat im Hinblick auf einzelne Eigentümer auch keine Tätigkeiten mehr zu entfalten. Eigentümer haben sich insoweit entweder selbst zu kümmern, oder sich fachlicher Hilfe zu bedienen.

Aufgaben und Befugnisse des Verwalters
§ 27 Abs. 1 WEG veranlasst zu einem besonderen Hinweis: Im Gespräch mit Haus & Grund Deutschland ergab sich, dass insbesondere die Möglichkeit der Ausgestaltung der Rechte und Pflichten des Verwalters gemäß § 27 Abs. 1 WEG dort besondere Beachtung gefunden hatte. Insofern hat man sich darauf verständigt, es bei diesem wichtigen Punkt im Verwaltervertrag aus Gründen der Transparenz bei einem Hinweis bewenden zu lassen, dass hier eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümer angeraten ist. Eine dazu geeignete Musterbeschlussfassung wurde allen Mitgliedern der Landesverbände bereits zur Verfügung gestellt. Im Übrigen konkretisiert der vorgelegte Verwaltervertrag die Aufgaben des Verwalters, wiederum gegliedert in Grundleistungen und besondere Leistungen. Die niedergelegten besonderen Leistungen fallen regelmäßig nur ausnahmsweise an, bilden teils einen außergewöhnlichen und nicht von vornherein kalkulierbaren Umfang ab, oder es handelt sich um Aufgaben des Verwalters, die ein erhöhtes Haftungsrisiko auslösen.

Darstellung von Zusatzleistungen
Da der Bundesgerichtshof (BGH) fordert, dass im Falle der Vereinbarung variabler Vergütungsbestandteile zusätzlich zur Pauschalvergütung Leistungen umso transparenter beschrieben werden müssen, hält das Vertragsmuster an der bisherigen zweispaltigen Darstellung der zu erbringenden Verwalterleistungen fest. Auch die neu hinzugekommenen Pflichten des Verwalters wurden in den Vertrag aufgenommen: Durchführung und Nachholung von Grundbucheinträgen gemäß § 10 Abs. 3 WEG; Einrichtung und Führung weiterer Rücklagen neben der allgemeinen Erhaltungsrücklage, § 28 Abs. 1 und 4 WEG; Erstellen und Bekanntgeben eines Vermögensberichts, § 28 Abs. 4 WEG; Modernisierungsankündigungen nach § 15 WEG; Tätigkeiten im Rahmen der Erfüllung von Ansprüchen einzelner Eigentümer auf bauliche Maßnahmen, § 20 WEG; zusätzliche Tätigkeiten im Rahmen von Umlaufbeschlüssen, § 23 Abs. 3 WEG; Ermöglichung der Versammlung der Wohnungseigentümer als Hybridveranstaltung, § 23 Abs. 1 S. 2 WEG.

Vergütungsfragen
Die neu geregelte, jederzeit mögliche Abberufung des Verwalters auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes wirft die Frage auf, wie Verwaltungen damit umgehen, wenn sie das Mandat wieder verlieren, kurz nachdem sie die Liegenschaft gerade in ihren Bestand eingepflegt haben. Da der Aufwand für diese Einrichtung nicht gesondert kalkuliert wird, droht hier wirtschaftlicher Schaden. Neu in das Vertragsmuster aufgenommen wurde daher eine variable Vergütung für den Fall, dass die Abberufung kurz nach der Bestellung erfolgt, ohne dass der Verwalter dies zu vertreten hätte. Ob dies im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung allerdings durchsetzbar wäre, wurde bereits im Vorfeld bezweifelt. Gleichwohl haben sich beide Verbände entschieden, bis zu einer anders lautenden obergerichtlichen Entscheidung an der Regelung festzuhalten.

Tätigkeiten des Verwalters, die durch ein Fehlverhalten einzelner Eigentümer anfallen, beispielsweise Mahnschreiben, müssen von der Gemeinschaft vergütet werden, der es wiederum obliegt, über die Verteilung dieser Kosten im Innenverhältnis durch Mehrheitsbeschluss zu entscheiden. Aufgabe des Verwalters ist es hier, die Möglichkeit für solche Beschlüsse durch die Gestaltung der Tagesordnung der Eigentümerversammlung zu schaffen.

Wird für Festvergütungen eine automatische regelmäßige Erhöhung nach einem bestimmten Prozentsatz vereinbart, ist darauf zu achten, die Ausgangsbasis dafür unmissverständlich zu definieren: Liegt das bei Vertragsschluss vereinbarte Honorar zugrunde, oder das jeweils letzte, das mit der Zeit bereits erhöht wurde?

Abrechnung variabler Vergütungen
Intensiv diskutiert wurde die Frage, in welchen Zeiteinheiten variable Vergütungen abgerechnet werden dürfen. Geraten wird hier eindeutig zur minutengenauen Abrechnung. Rechtssicherheit besteht insofern, als ein Verwalter für eine besondere Leistung, die fünf Minuten in Anspruch genommen hat, nicht 15 Minuten berechnen darf. Nach Auffassung aller am Vertragsentwurf Beteiligten wäre hier allenfalls eine Abrechnung nach jeweils angefangenen fünf Minuten möglich.

Bei der Abrechnung von Kopierkosten orientiert sich der Vertrag am Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).

Zugriff aufs Gemeinschaftskonto?
Grundsätzlich dürfen Verwalter sich ihre Vergütung – sowohl die Grundvergütung als auch die variablen Vergütungsbestandteile – vom Konto der Gemeinschaft überweisen. Voraussetzung dafür ist lediglich eine ordnungsgemäße Rechnungstellung. Haus & Grund gab hiergegen zu bedenken, dass wohl kein Verwalter es einem Geschäftspartner mit angeblich berechtigten Zahlungsansprüchen gestatten würde, sich unbegrenzt und unkontrolliert von seinem Konto zu bedienen. Schlussendlich wurde eine Lösung gefunden: Die Entnahme von variablen Vergütungsbeträgen vom Konto der Eigentümergemeinschaft bedarf ab einer bestimmten Höhe zwar nicht der Zustimmung des Verwaltungsbeirates, der Verwalter soll aber verpflichtet sein, den Verwaltungsbeirat hierüber zu informieren.

Nicht mehr zeitgemäße ­Vergütungsmodelle
Als nicht mehr zeitgemäß wurden Vereinbarungen erachtet, nach denen sich Vergütungen prozentual an der Höhe von Baukosten und dergleichen orientieren. Da solche Vergütungsmodelle nicht den tatsächlichen Aufwand eines Verwalters berücksichtigen, gewährleisten sie nicht die vom BGH für variable Vergütungen geforderte Transparenz, sodass sie im Einzelfall die Gemeinschaft unangemessen benachteiligen können. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund von Bedeutung, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Regelfall rechtlich als Verbraucher gilt, womit sämtliche verbraucherschützenden Normen zur Anwendung kommen. In diesem Sinne hat die Zusammenarbeit mit Haus & Grund sicherlich zu einem Vertragswerk geführt, das in der vorliegenden Form größtmögliche Akzeptanz bei Eigentümern und Verwaltungen, aber auch bei der Justiz finden sollte.


BEZUGSQUELLEN
Für Mitglieder der VDIV-Landesverbände steht der Vertrag wie in den Jahren zuvor kostenlos im Intranet zum Download zur Verfügung. Käuflich erwerben kann man ihn im Paket mit Ausfüllhinweisen und weiteren Musterdokumenten im Online-Shop des VDIV Deutschland:
www.vdiv.de/verwaltervertrag
Unabhängig davon hat auch der VDIV NRW seinen WEG-Verwaltervertrag anlässlich des Inkrafttretens der WEG-Novelle aktualisiert. Dieser Vertrag wird auch vom VDIV Hessen he­rausgegeben. Nähere Informationen und Bestellung:
vdiv-nrw.de
vdiv-hessen.de


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Schwarz, Marco J.

Der Rechtsanwalt Marco J. Schwarz ist Justitiar des VDIV Bayern und in der Kanzlei Schwarz, Thönebe & Kollegen in München tätig.