21.01.2014 Ausgabe: 1/2014

Nachvollziehbarkeit der Jahresabrechnung

In der Eigentümerversammlung wurde ein Beschluss über die Jahresabrechnung 2010 gefasst. In der Jahresabrechnung stimmten die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben einerseits und der Saldo der Kontostände vom Jahresanfang und Jahresende andererseits nicht überein. Der sich ergebende Differenzbetrag von ca. 3.500 € wurde in der Jahresabrechnung nicht erläutert. Erst im Laufe des Rechtsstreites wurde der Differenzbetrag von der beklagten Verwalterin damit begründet, dass im Vorjahr Ausgaben in die Jahresabrechnung eingestellt worden seien, die tatsächlich erst im Abrechnungsjahr 2010 erfolgt seien.

Außerdem wurde die Darstellung der Zahlungen auf die Instandhaltungsrücklage durch die Wohnungseigentümer von der beklagten Verwalterin in der Jahresabrechnung 2010 als Ausgabe gewertet und der Betrag von der Position „Wohngeldzahlungen insgesamt“ abgezogen. Die Zahlungen der Wohnungseigentümer gingen auf dem allgemeinen Konto der Gemeinschaft ein und wurden von dort entsprechend ihrer Zweckbestimmung auf ein besonderes Rücklagenkonto weitergeleitet. Die Klägerin hat den Beschluss der Eigentümerversammlung über die Jahresabrechnung angefochten, da sie die Jahresabrechnung für nicht nachvollziehbar hielt.

Die Meinung des Gerichts

Der Beschluss über die Jahresabrechnung 2010 wurde für ungültig erklärt, da die Jahresabrechnung nicht der ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht. Eine Jahresabrechnung entspricht nur dann der ordnungsgemäßen Verwaltung, wenn sie übersichtlich und aus sich heraus nachvollziehbar ist. Grundsätzlich ist eine Jahresabrechnung nur dann rechnerisch schlüssig, wenn der Saldo zwischen den tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben mit dem Saldo der Kontostände vom Jahresanfang und Jahresende übereinstimmt. Anderenfalls müsste die Jahresabrechnung bereits vor der Beschlussfassung erläutert werden. Die nachträgliche Erläuterung des Differenzbetrages im Laufe des Rechtsstreits ändert nichts daran, dass die Jahresabrechnung ohne einen entsprechenden Hinweis auf den Differenzbetrag im Zeitpunkt der Beschlussfassung aus sich heraus nicht verständlich war. Der Differenzbetrag hätte in der Jahresabrechnung bei den Ausgaben angegeben werden können, mit dem Hinweis, dass es sich um bereits im Vorjahr getätigte Ausgaben handelt.

Die Darstellung der Zahlungen auf die Instandhaltungsrücklage als Ausgabe und der Abzug des Betrages von der Position „Wohngeldzahlungen insgesamt“ widerspricht ebenfalls der ordnungsgemäßen Verwaltung. Tatsächlich erfolgte Zahlungen der Wohnungseigentümer auf die Instandhaltungsrücklage sind, wie Vorschüsse auf das Wohn- oder Hausgeld, Einnahmen der Gemeinschaft und müssen auch als Einnahmen in der Abrechnung erscheinen. Dass die Zahlungen der Wohnungseigentümer auf dem allgemeinen Konto der Wohnungseigentümergemeinschaft eingingen und von dort auf ein getrenntes Rücklagenkonto weitergeleitet wurden, macht die Summe nicht zu „Ausgaben“, da dies ein interner Vorgang ist. Anders als die Ausgaben, die in § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WEG genannt werden, führt die interne bzw. rein buchhalterische Zuordnung der Zahlungen zur Rücklage nicht zu einem Geldabfluss, sondern die Gelder bleiben der Gemeinschaft ­erhalten.

Dokumentation

Landgericht Berlin, Urteil vom 19.10.2012 – 55 S 346/11 = ZWE 2013, 374.

Ratschlag für den Verwalter

Die Jahresabrechnung muss übersichtlich und aus sich heraus nachvollziehbar sein, sodass sie für einen Wohnungseigentümer auch ohne Hinzuziehung fachlicher Unterstützung verständlich ist. Schlüssig ist die Jahresabrechnung nur dann, wenn der Saldo zwischen den tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben mit dem Saldo der Kontenstände vom Jahresanfang und Jahresende übereinstimmt, anderenfalls sind Erläuterungen notwendig. Rücklagen stellen keine Ausgaben der Gemeinschaft, sondern Einnahmen dar und sind daher auch als solche in der Jahresabrechnung zu berücksichtigen.

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Schiesser, Dr. Susanne

DR. SUSANNE SCHIESSER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner in der Kanzlei „ Sibeth Partnerschaft Rechtsanwälte Steuerberater“.