20.04.2018 Ausgabe: 3/2018

Neue Energien, neue Verträge

Selbst erzeugter Strom vom Dach oder Wärmeleistungen aus dem hauseigenen BHKW – auch dies will vertraglich geregelt sein. Ein Überblick über die Mindestinhalte.

Die Energiewirtschaft ist mittlerweile geprägt davon, Energie in Form von Strom und Wärme rechtssicher und wirtschaftlich in den Alltag der Bevölkerung zu integrieren. Insbesondere vor dem Hintergrund des stetig zunehmenden Anteils erneuerbarer Energien und der damit verbundenen Integration unterschiedlichster Verbrauchergruppen in die Energiewirtschaft wird die rechtliche Absicherung von Lieferverträgen zu einem immer relevanteren Thema. Auch die Wohnungswirtschaft ist hiervon maßgeblich betroffen.

Die Zeiten ändern sich

Die Zeiten, in denen Eigentümer oder Mieter einer Immobilie ihren Strom einfach nur von einem regionalen Energieversorger beziehen, sind lange vorbei. Heute stehen häufig andere Versorgungsstrukturen im Vordergrund, beispielsweise Mieterstrommodelle und die Eigenstromversorgung.

Der Eigentümer oder Vermieter einer Immobilie ist durch Integration der erneuerbaren Energien in der Lage, die Bewohner mit eigenem Strom zu versorgen. Durch Installation einer Photovoltaikanlage auf dem Dach des Gebäudes oder eines Blockheizkraftwerks (BHKW) produziert der Eigentümer den Strom selbst und verkauft ihn an die Bewohner und Verbraucher der Immobilie.
Der hierfür erforderliche Stromliefervertrag wird zwischen dem Eigentümer oder Vermieter und dem Stromverbraucher geschlossen. Als wesentliche Bestandteile des Stromliefervertrages werden hierbei über die Ausgestaltung des Lieferverhältnisses selbst hinaus insbesondere auch Regelungen über den Strompreis und die Vertragslaufzeit getroffen.

Die Preisgestaltung

Die Höhe des Strompreises können die Parteien selbst festlegen. Der hausgemachte Strom erlaubt es dem Eigentümer oder Vermieter, konkurrenzfähig zu sein und den eigenen Strom deutlich kostengünstiger als der örtliche Stromversorger anzubieten. Da dieser Strom direkt an den Verbraucher innerhalb der Immobilie geliefert und nicht über das öffentliche Netz bezogen wird, entfallen Strompreisbestandteile wie Netzentgelte, netzseitige Umlagen, Konzessions- oder ähnliche Abgaben und Steuern. Der Stromverbraucher spart sich daher diese Kosten, die letztendlich nahezu 50 Prozent des Gesamtstrompreises ausmachen.
Darüber hinaus hat der Eigentümer oder Vermieter die Möglichkeit, den vor Ort nicht verbrauchten Strom an den örtlichen Netzbetreiber zu verkaufen. Hierfür erhält er die Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Die Praxis zeigt regelmäßig, dass Energiekonzepte, bei denen der Strom dezentral vor Ort erzeugt und verbraucht wird, einen deutlichen wirtschaftlichen Vorteil mit sich bringen, einen Beitrag zur Energiewende schaffen und die gewöhnlichen Versorgungsstrukturen, beispielsweise den konventionellen Einkauf von Gas oder Heizöl, zunehmend in den Hintergrund treten lassen.

Die Vertragslaufzeit

Hier ist Vorsicht geboten: Stromlieferverträge, die mit einem Haushaltskunden geschlossen werden, dürfen nach den Regelungen des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) eine maximale Anfangslaufzeit von zwei Jahren haben, wobei unter einem Haushaltskunden beispielsweise der Mieter einer Wohnung zu verstehen ist. Die Parteien können im Rahmen des Stromliefervertrages vereinbaren, dass sich dieser nach Ablauf der Anfangslaufzeit um weitere zwölf Monate verlängert. Hintergrund dieser sehr einschränkenden Regelungen bezüglich der Laufzeit sind die vom Gesetzgeber umgesetzten Verbraucherschutzvorschriften.

Mit Inkrafttreten des Mieterstromgesetzes wird die Integration der erneuerbaren Energien sowohl im Bereich von Neubauten als auch bei Bestandsimmobilien deutlich gefördert. Der Eigentümer oder Vermieter als Betreiber einer Anlage, die erneuerbare Energien nutzt, erhält für den an den Verbraucher gelieferten Strom eine zusätzliche Förderung, den sogenannten Mieterstromzuschlag. Vor diesem Hintergrund werden Eigenversorgungskonzepte und die dezentrale Energieversorgung in der Immobilienwirtschaft noch interessanter, da der Vermieter bzw. Eigentümer neben dem selbst festgelegten Strompreis für den Stromverbraucher sowohl die übliche EEG-Vergütung für den Überschussstrom erhält als auch den Mieterstromzuschlag für den ins Gebäude gelieferten Strom.

Zu beachten ist hierbei, dass die Regelungen über den Mieterstrom (Stromlieferung) nicht im Rahmen des Mietvertrages vereinbart werden dürfen. Nach § 42a Abs. 2 EnWG darf ein Mieterstromvertrag nicht Bestandteil eines Vertrages sein, in dem Regelungen über die Miete von Wohnraum enthalten sind. Um die Wirksamkeit des Stromliefervertrages nicht zu gefährden, ist es daher notwendig, zwei getrennte Verträge – Mietvertrag und Mieterstromvertrag – zu schließen.

Was gilt für Wärmelieferungen?

Die Praxis zeigt immer häufiger, dass nicht nur Vereinbarungen über eine dezentrale Stromlieferung getroffen werden, sondern auch der Bereich der Wärme zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Als Wärmeträger wird überwiegend Heißwasser verwendet. Hierbei enthalten Wärmelieferverträge grundsätzlich die gleichen Regelungsinhalte wie Stromlieferverträge. Insbesondere die Hauptleistungspflichten der Parteien (Wärmelieferant und Abnehmer) werden hierbei individuell an die Bedürfnisse angepasst. Dazu gehören nicht nur Vereinbarungen über Liefer- und Abnahmeverpflichtungen, Haftungsregelungen und Preisanpassungen, sondern auch die Vertragslaufzeit.

Gerade Wohnungsunternehmen und Personen, die einen solchen Wärmeliefervertrag mehrfach verwenden, sind verpflichtet, ihre Verträge in puncto Laufzeit rechtssicher zu gestalten. Da ein Wärmeliefervertrag bei mehrfacher Verwendung als Allgemeine Geschäftsbedingung der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeVO) unterliegt, muss er den erhöhten Anforderungen dieser Wärmelieferverordnung entsprechen. In der Immobilienwirtschaft werden solche Lieferverträge häufig als Grundlage für Vertragsschlüsse mehrfach verwendet, was die Anwendung der AVBFernwärmeVO eröffnet.
Dies hat zur Folge, dass insbesondere die Regelung des § 32 AVBFernwärmeVO zum Tragen kommt. In dessen Abs. 1 ist die Laufzeit von Versorgungsverträgen auf eine Dauer von maximal zehn Jahren beschränkt. Den Vertragsparteien steht jedoch die Möglichkeit offen, die Laufzeit zweimal um weitere fünf Jahre zu verlängern (Verlängerungsoption). Diese einschränkende Regelung sollte insbesondere bei der Anlageninstallation und damit verbundenen Investition berücksichtigt werden, um wirtschaftliche Risiken zu vermeiden.

Fazit und Ausblick

Die Wohnungswirtschaft ist nicht mehr nur passiv von der Energiewende betroffen, sondern sie spielt mittlerweile eine wesentliche Rolle bei der Umsetzung der politisch gesetzten Klimaziele. Selbstversorgungskonzepte machen nicht nur unabhängig von örtlichen Versorgungsunternehmen, sie tragen auch zur Wertsteigerung der Immobilie bei und machen sie für Nutzer attraktiver.

Foto: © Diyana Dimitrova / Shutterstock.com


Streich, Finn

Der Rechtsanwalt ist in der auf Bau-, Energie- und Mietrecht spezialisierten Kanzlei Rechtsanwälte Streich & Kollegen, Stuttgart, Hamburg, tätig.
www.raestreich.de