01.03.2016 Ausgabe: 2/2016

Neues aus den Gerichten

So wurde 2015 zu Streitfragen rund um die Eigentümerversammlung entschieden.

Verwalterbestellung

Die Bestellung des Verwalters entspricht grundsätzlich nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn in derselben Eigentümerversammlung, in der die Bestellung erfolgt, auch die Eckpunkte des abzuschließenden Verwaltervertrags (Laufzeit und Vergütung) in wesentlichen Umrissen geregelt werden; hiervon kann nur unter besonderen Umständen übergangsweise abgewichen werden.
BGH, Urteil vom 27.2.2015 – V ZR 114/14 

Kreditaufnahme

1.    Auch die Aufnahme eines langfristigen, hohen Kredits durch die Wohnungseigentümergemeinschaft kann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen.
2.    Voraussetzung ist allerdings, dass das Risiko einer Nachschusspflicht der Wohnungseigentümer vor der Beschlussfassung erörtert wurde; dies muss aus dem Protokoll der Eigentümerversammlung hervorgehen.
3.    Ob ein Beschluss über eine Kreditaufnahme sich im Übrigen in den Grenzen des den Wohnungseigentümern zustehenden Gestaltungsermessens hält, kann nicht generell, sondern nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der allseitigen Interessen bestimmt ­werden.
 BGH, Urteil vom 25.9.2015 –  V ZR 244/14 

Beschlussmängel

1.    Bei der wohnungseigentumsrechtlichen Beschlussmängelklage kann die Revisionszulassung auf einzelne Beschlussmängelgründe beschränkt werden.
2.    Das Kopfstimmprinzip nach § 25 II WEG ist auch im Sachbereich des § 16 III WEG ­abdingbar.
 BGH, Urteil vom 10.7.2015 – V ZR 198/14 

Ablehnung eines ­Zahlungsbegehrens

1.    Wird ein von einem Wohnungseigentümer gegen den Verband gerichtetes Zahlungsbegehren durch Beschluss abgelehnt, besteht regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungsklage.
2.    Im Rahmen der Begründetheit einer solchen Klage ist lediglich zu prüfen, ob im Zeitpunkt der Beschlussfassung allein die freiwillige Erfüllung des Anspruchs ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hätte; dies ist nur dann anzunehmen, wenn der Anspruch offenkundig und ohne jeden vernünftigen Zweifel begründet war.
 BGH, Urteil vom 2.10.2015 – V ZR 5/15 

Teilnahmepflicht für Eigentümer

1.    Es besteht keine Treuepflicht für Wohnungseigentümer, an Eigentümerversammlungen teilzunehmen und diesen bis zum Ende beizuwohnen.
2.    Verlässt ein Wohnungseigentümer vorzeitig die Eigentümerversammlung und führt er damit die Beschlussunfähigkeit der Versammlung herbei, so ist es ihm nicht verwehrt, sich im Rahmen der Anfechtungsklage gegen nach seinem Weggang getroffene Beschlüsse auf die fehlende Beschlussfähigkeit zu berufen. Ein solches Verhalten ist nicht treuwidrig.
3.    Die Rechtsprechung zum Boykott einer GmbH-Gesellschafterversammlung ist nicht auf die Beschlussfassung von WEG übertragbar.
  AG Neumarkt, Urteil vom 20.8.2015 – 4 C 5/14 WEG 

Vertretungsvollmacht
  1. Das Rechtsschutzbedürfnis besteht fort, wenn die Annahme von Folgenbeseitigungsansprüchen zumindest im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer nicht ausgeschlossen werden kann.
  2. Zum Gegenstand der Willensbildung auf einer Eigentümerversammlung gehören sämtliche Angelegenheiten der  Wohnungseigentümergemeinschaft, auch die Beschlussfassung über die Verteidigung von angefochtenen Beschlüssen.
  3. Eine Vollmacht wird als nicht bestehend angesehen, wenn auf Verlangen eines Versammlungsteilnehmers das Original der Vollmachtsurkunde nicht vorgelegt wird.
  4. Eine wirksame Zurückweisung der Vollmacht setzt voraus, dass der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis setzt. Die Information des Verwalters von der Bevollmächtigung genügt nicht.

 LG Frankfurt/Main, Urteil vom 5.8.2015 – 2-13 S 32/13 

Nichtige Versammlungsbeschlüsse

  1. Beschlüsse der Eigentümerversammlung können auch konkludent, d. h. stillschweigend, verkündet werden. Die Wiedergabe der für sich genommen eindeutigen Abstimmungsergebnisse im Versammlungsprotokoll reichen für die Annahme aus.
  2. Ein Beschluss, der den Verwalter dazu zwingt, zukünftig allen Zahlungsverkehr durch Eigentümer mit mehr als 50 % der Stimmen abzeichnen zu lassen, ist nichtig, weil er den Verwalter handlungsunfähig macht.
  3. Ein Beschluss, der die Zustimmung von mehr als 50 % der Eigentümer für jedwede Vertragsänderung nötig macht, ist nichtig, weil er zu unbestimmt ist.
  4. Ein Beschluss über die zukünftige Verwalterbestellung hinsichtlich Dauer und Höhe des Honorars ist nichtig, weil er die freie Auswahl des Verwalters einengt.
  5. Fehlen hingegen nur jegliche Eckdaten des Verwaltervertrages, macht das den Beschluss nur anfechtbar.
  6. Sollen einem Wohnungseigentümer vom Gemeinschaftskonto der Eigentümer Auslagen erstattet werden, die er aufgrund von Skonto-Abzug gar nicht tätigen musste, stellte dies eine Veruntreuung von Gemeinschaftsgeldern dar. Ein dahingehender Beschluss ist nichtig.

 LG Berlin, Urteil vom 8.5.2015 –  55 S 123/14 WEG 

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