05.12.2017 Ausgabe: 8/2017

NRW hilft WEG

78 Prozent aller Wohnungen im bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland wurden vor 1990 und damit vor den ersten Wärmeschutz- und Energieeinsparverordnungen gebaut. Entsprechend hoch ist heute der Sanierungsbedarf. Die NRW.BANK hilft nun mit einem WEG-Kredit, dies zu stemmen.

Eigentumswohnungen sind ein Charakteristikum städtischer Wohnungsmärkte. Mehr als ein Fünftel der Wohnungen in Nordrhein-Westfalen ist in der Hand von Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG). Die meisten befinden sich in den großen Städten Köln, Düsseldorf, Essen, Dortmund und Münster. Die Nachfrage ist groß und das Interesse seit der Finanzkrise rasant gestiegen – zur Eigennutzung oder als Kapitalanlage.

Auch wenn aktuell landesweit verstärkt neu gebaut wird, dominiert der Altbestand das Wohnungsangebot der meisten Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Häuser aus der Gründerzeit, Arbeitersiedlungen im Ruhrgebiet oder auch ländliche Fachwerkhäuser, die bis 1949 errichtet wurden, machen rund 20 Prozent des Gesamtbestands aus. In den Großstädten, vor allem in Düsseldorf und im Ruhrgebiet, prägt der rasche Wiederaufbau nach dem Krieg die Bestandsstruktur bis heute. Hier liegt der Anteil an Wohnungen aus den 50er Jahren bei bis zu 30 Prozent. In den 1960ern wuchsen die Städte der Rheinschiene und des Ruhrgebiets schnell. Der Bedarf an Wohnungen war hoch und entsprechend groß ist heute noch der Anteil an Wohnungen aus dieser Dekade. Während in den 1970er Jahren das industrielle Bauen mit Fertigteilsystemen an Bedeutung gewann, waren die 1980er und 90er stark davon geprägt, dass junge Familien in ländlichen Räumen und im Umland der Ballungsräume Einfamilienhäuser bauten. Im Zuge der Zuwanderung nach Deutschland ab Anfang der 1990er Jahre wurde ein Wohnungsmangel offensichtlich, dem man in den Städten mit dem verstärkten Bau von Mehrfamilienhäusern begegnete.

Der Blick auf die Bestandsstruktur zeigt: Viele Wohngebäude im Besitz von Eigentümergemeinschaften weisen allein aufgrund ihres Alters einen hohen Sanierungs- und Modernisierungsbedarf auf. Sowohl für ­Altbauten als auch für Wohnungen aus den 1950er- bis 70er-Jahren besteht Erneuerungsbedarf vor allem der technischen Installationen, meist sind zudem die oberen Etagen nicht barrierefrei zugänglich, die Bausubstanz ist einfach, die Dämmung entsprechend schlecht. Viele Betonelemente weisen Risse auf, Flachdächer sind undicht, energetische Aspekte wurden beim Bau nicht berücksichtigt, für die heute Lösungen gefunden werden müssen. Niedrige Oberflächentemperaturen im Vergleich zu anderen Bautypen führen zu Feuchtigkeitsbildung und Schimmel, es gibt immer noch Wohngebäude, deren Fassade nicht den aktuellen Brandschutzbestimmungen entspricht.

Und das ist nicht alles. Neben notwendigen Sanierungsmaßnahmen steigern auch der technische Fortschritt und geänderte Wohnansprüche den Wunsch vieler Eigentümer, Modernisierungsmaßnahmen wie zum Beispiel den Anbau von Aufzügen und Balkonen durchzuführen. Denn diese erhöhen nicht nur den Wohnkomfort, sondern auch den Gebäudewert. Zudem ist es oft wirtschaftlicher, Gebäude umfassend zu sanieren, als nur akute Schäden zu reparieren. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung lohnen sich auch altersgerechte Umbauten, durch die Bewohner länger in ihrer vertrauten Umgebung wohnen können.

NRW.BANK.WEG-Kredit
  • Förderfähige Investitionskosten können zu 100 Prozent finanziert werden.
  • Das Darlehen kann mit anderen Zuschüssen oder Förderkrediten kombiniert werden.
  • 50 Prozent des Risikos der Hausbank übernimmt die NRW.BANK.
  • Es ist keine Besicherung erforderlich, sofern die Hausbank darauf verzichtet.
  • Weitere Informationen zum Förderprogramm und der Kreditbeantragung enthält eine ­Broschüre, online, zum Download: www.nrwbank.de/wrf-publikationenhttp://www.nrwbank.de/wrf-publikationen
Hürden der Modernisierung und Sanierung

Bei aufwendigen Investitionen am Gemeinschaftseigentum müssen sich die Parteien einigen. Das ist nicht immer einfach, wie das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) 2015 in einer bundesweiten Analyse über Investitionsprozesse in WEG ermittelt hat. Der Studie zufolge besteht bei Eigentumswohnungen tendenziell ein Sanierungsstau, insbesondere bei Energiestandards und Barrierefreiheit. Die Gründe dafür sind vielschichtig: Zum einen fehlen den Eigentümern oftmals die Kenntnisse über den aktuellen und zukünftigen Sanierungsbedarf. Auch Hausverwaltungen setzen sich oft erst mit diesem Thema auseinander, wenn dringende Mängel auftreten. Somit fehlt eine ­mittelfristige Investitionsplanung.
 
Ein weiteres Problem ist, dass die Interessen innerhalb der WEG häufig sehr unterschiedlich sind. Die einen sind nicht überzeugt von der Notwendigkeit der Maßnahme, andere scheuen die Veränderung. Vielen Eigentümergemeinschaften fehlen allerdings schlicht die finanziellen Mittel. Trotz der monatlichen Hausgeldzahlungen reichen die Rücklagen für größere Maßnahmen nicht aus. So werden bei Bedarf einmalige Sonderumlagen erhoben, die zwar gemeinsam beschlossen werden, aber häufig am fehlenden Kapital Einzelner scheitern. Und Finanzierungsangebote speziell für WEG waren bislang nicht flächendeckend verfügbar.

Finanzierungshilfe für WEG

NRW.BANK und NRW-Bauministerium haben deshalb gemeinsam ein Programm aufgelegt, das es den WEG im Bundesland erstmals ermöglicht, Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen gemeinsam zu finanzieren: Der NRW.BANK.WEG-Kredit richtet sich an Gemeinschaften von Wohnungseigentümern mit überwiegend selbst genutztem Wohnraum und wird als Verbandsdarlehen über die jeweilige Hausbank vergeben. Gefördert werden Maßnahmen, mit denen die gesetzlichen Energiestandards erreicht, der Ressourcenverbrauch reduziert und Barrieren abgebaut werden. Pro Wohneinheit können bis zu 30.000 Euro beantragt werden. Eine Wohnungseigentümergemeinschaft kann dabei höchstens zehn Millionen Euro erhalten. Das Darlehen läuft über zehn Jahre bei einem tilgungsfreien Jahr. Voraussetzung für die Bewilligung dieses Förderdarlehens sind rechtsgültige Beschlüsse der WEG für die ­geplanten Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen.

Mit dem Angebot schließen Landesregierung und NRW.BANK eine bestehende Lücke bei der Kreditversorgung von WEG – und geben so der ins Stocken geratenen energetischen Sanierung und ­Modernisierung von Eigentumswohnungen Anschub.

Überregionale WEG-Kredite

Für WEG ist es nach wie vor oft schwierig, einen Kredit aufzunehmen. Die Geldinstitute begründen dies mit hohen Risiken und dem organisatorischen Aufwand: Bei Verbandsdarlehen haftet jeder Eigentümer entsprechend seinem Miteigentumsanteil auch dann, wenn er im Innenverhältnis gar nicht an der Finanzierung beteiligt ist, sondern seinen eigenen Anteil z. B. aus Erspartem aufbringt. Kreditinstitute prüfen Bonität und Sicherheiten aller Eigentümer – viel Aufwand, der das Geschäftsfeld WEG vergleichsweise unattraktiv macht. Der Aufwand lässt sich aber durch Kooperation mit den Förderbanken des Bundes und der Länder umgehen. Diese vergeben Zuschüsse und Kredite nicht direkt, sondern leiten sie über eine Bank zum Kreditnehmer durch. Viele Landesbanken übernehmen Ausfallbürgschaften, womit die dingliche Besicherung des Darlehens über den Grundbucheintrag entfällt. Die folgenden Geldinstitute bieten Kredite für WEG auch jenseits der Grenzen NRWs an – als eigene Produkte oder in Verbindung mit Förderbanken.

Bundesweit

  • Bank für Wohnungswirtschaft, BfW
  • Deutsche Kreditbank AG, DKB
  • Hausbank München eG

Auf Landesebene

  • Bremer Aufbaubank, BAB
  • Hamburgische Investitions- und ­Förderbank, IFB
  • Investitionsbank Berlin, IBB
  • Investitionsbank Schleswig-Holstein, IB.SH
  • Landeskreditbank Baden-Württemberg, L-Bank
  • LBS Südwest
  • Saarländische Investitionskreditbank, SIKB
  • Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau
  • Wirtschafts- und Infrastrukturbank ­Hessen, WI-Bank

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Suhlrie, Dietrich

Vorstandsmitglied der NRW.BANK