11.08.2025 Ausgabe: 5/2025

Nur unmittelbar mit der baulichen Veränderung verbundene Auswirkungen können zu unbilliger Benachteiligung eines Eigentümers führen.

(BGH, Urteil vom 28.3.2025 – Az. V ZR 105/24, BeckRS 2025, 8081)

Das Thema

Die Beschlussfassung über die Gestattung einer baulichen Veränderung ist insbesondere dann streitbefangen, wenn Eigentümer befürchten, dass mit dem späteren bestimmungsgemäßen Gebrauch erhebliche Immissionen einhergehen. In letzter Zeit häufen sich Fälle, in denen die Anbringung eines Split-Klimageräts zugunsten eines einzelnen Eigentümers gestattet wird, der Beschluss jedoch im Nachgang von einzelnen Eigentümern mit der Begründung angefochten wird, die Lärmimmission würde eine unbillige Benachteiligung im Sinne des § 20 Abs. 4 Alt. 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) darstellen.

Bislang hat die in der Literatur und Rechtsprechung verbreitete Ansicht dazu geführt, dass im Hinblick auf mögliche Immissionen neben der eigentlichen Gestattung der baulichen Veränderung zugleich einige flankie enden Nutzungsregelungen getroffen wurden, um den Anforderungen an eine ordnungsmäßige Verwaltung sowie den Voraussetzungen des § 20 WEG gerecht zu werden.

Der Bundesgerichtshof (BGH) entscheidet mit seinem nachstehenden Urteil die bislang höchstrichterlich offen gelassene Frage, ob bei der Prüfung der unbilligen Benachteiligung nur die unmittelbar mit der baulichen Veränderung verbundenen Auswirkungen oder auch die mittelbar mit der baulichen Veränderung verbundenen Auswirkungen – etwa durch den späteren Gebrauch – zu berücksichtigen sind.

Der Fall

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). Sie ficht den auf der Eigentümerversammlung vom 23. November 2022 gefassten Beschluss an, wodurch dem Eigentümer der Penthouse-Wohnung im achten Obergeschoss der Einbau eines Split-Klimageräts auf eigene Kosten gestattet wurde. Die Klägerin unterliegt in allen drei Instanzen.

Grundsätzlich folgt die Kompetenz der Eigentümer zur Gestattung einer baulichen Veränderung aus § 20 Abs. 1 WEG. Bedenken gegen den Gestattungsbeschluss selbst bestehen nicht: In der Anbringung des Split-Klimageräts ist weder eine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage nach § 20 Abs. 4 Alt. 1 WEG noch eine unbillige Benachteiligung nach § 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG zu sehen.

Erst wenn die beabsichtigte Maßnahme bei wertender Betrachtung und in Abwägung mit den mit der baulichen Veränderung verfolgten Vorteilen einem verständigen Wohnungseigentümer in zumutbarer Weise nicht mehr abverlangt werden kann, liegt eine unbillige Benachteiligung vor. Voraussetzung des Merkmals der unbilligen Benachteiligung ist damit, dass die bauliche Veränderung zu einer treuwidrigen Ungleichbehandlung führt, konkret einem oder einer Gruppe von Eigentümern Nachteile in größerem Umfang zugemutet würden als den übrigen. Zu berücksichtigen sind hierbei nur die unmittelbar mit der baulichen Veränderung verbundenen Auswirkungen (Bohrung durch die Außenfassade sowie Art und Ort der Anbringung des Split-Klimageräts), nicht jedoch die Auswirkungen des späteren Gebrauchs (Geräuschentwicklung, Lärm). Die Auswirkungen des Gebrauchs sind ausnahmsweise nur dann in die Abwägungsentscheidung einzubeziehen, wenn zum Zeit­punkt der Beschlussfassung für die Eigentümer offensichtlich ist, dass der spätere Gebrauch zwangsläufig mit einer unbilligen Benachteiligung eines oder mehrerer Wohnungseigentümer einhergeht. Nur diese Vorgehensweise wird der Abwägung der gegenläufigen Interessen von bauwilligem und den überstimmten Wohnungseigentümern im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung und dem Gesetzeszweck von § 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG, dem vorhandenen Sanierungsbedarf von Wohnungseigentumsanlagen zu begegnen, gerecht.

Regelmäßig bestehen aufseiten des bauwilligen Eigentümers objektiv nachvollziehbare Interessen an der baulichen Veränderung (bspw. Aufheizen der Wohnung im Sommer) die den (bloßen) Bedenken der übrigen Eigentümer wegen mit der späteren Nutzung verbundener Benachteiligungen überwiegen. Denn diesen Bedenken kann anderweitig Rechnung getragen werden: Den übrigen Wohnungseigentümern stehen Abwehransprüche wegen Immissionen im räumlichen Bereich ihres Sondereigentums infolge der Nutzung der baulichen Ver­änderung zu; diese werden durch die Bestandskraft des gestattenden Beschlusses nicht ausgeschlossen. Weiter kann die Nutzung der baulichen Veränderung auf der Grundlage der für die Hausordnung eingeräumten Beschlusskompetenz geregelt werden. Die Voraussetzungen der unbilligen Benachteiligung waren daher nicht gegeben; das Begehren der Klägerin blieb ohne Erfolg.

VERWALTERSTRATEGIE

Der BGH entscheidet die bislang offen gebliebene Frage entgegen der bisherigen Instanzrechtsprechung dahingehend, dass im Rahmen von § 20 Abs. 4 Alt. 2 WEG nur solche Auswirkungen zu berücksichtigen sind, die zwangsläufig und untrennbar mit der baulichen Veränderung verbunden sind. Sämtliche Immissionen, die nicht unmittelbar bei der Installation des Geräts auftreten, haben auf die Ordnungsmäßigkeit des Gestattungsbeschlusses keinen Einfluss. Anders kann sich der Fall ausnahmsweise nur dann darstellen, wenn sich die Benachteiligung einzelner Eigentümer objektiv aufdrängt (etwa wenn das Klimagerät direkt neben einem Schlafzimmerfenster montiert wird). Nur in diesen Fällen wird man künftig noch eine den Gestattungsbeschluss flankie ende Nutzungsregelung fordern können. Hiervon unberührt bleibt die Möglichkeit der GdWE, die Nutzung der baulichen Veränderung auf der Grundlage der für die Hausordnung eingeräumten Beschlusskompetenz zu regeln, was dringend zu empfehlen ist. Kommt es zu nachteiligen Immissionen im räumlichen Bereich des Sondereigentums, sind die einzelnen Eigentümer künftig auf ihre individuellen Abwehransprüche zu verweisen.

VDIV Aktuell Autorin - Franziska Bordt
Bordt, Franziska

Selbstständige Rechtsanwältin, 
Vorstandsmitglied, Referentin Recht 
VDIV Bayern