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Machen Eigentümer Ansprüche auf Auskunft und Einsicht in die Verwaltungsunterlagen ihrer Gemeinschaft geltend, fühlen sich Verwalter gerne gegängelt und dann steht sehr schnell der Vorwurf im Raum, Eigentümer neigten zur Querulanz – umso mehr, wenn sie derartige Rechte regelmäßig für sich in Anspruch nehmen wollen oder offen lassen, welche Unterlagen sie überhaupt einsehen wollen, zumal dies im Regelfall auch mitten in der Versammlungsperiode geschieht. Eigentümer hingegen werden schnell misstrauisch, wenn Verwaltungen ihrem Ansinnen nicht gleich nachkommen. Und schon ist der Konflikt vorprogrammiert.
§ 18 Abs. 4 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) kodifiziert in seiner Neufassung nunmehr das Recht jedes Eigentümers auf Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen. Jeder Eigentümer kann ohne ermächtigenden Beschluss oder anderweitige Ermächtigung durch die übrigen Eigentümer sein Einsichtsrecht ausüben, selbst wenn er bereits ausgeschieden ist. Er muss das gegenüber dem Verwalter auch gar nicht näher begründen. Im Grundsatz bezieht sich dieser Anspruch auf sämtliche Verwaltungsunterlagen einer Gemeinschaft. Gleichwohl kann der Verwalter verlangen, dass im Vorfeld konkret mitgeteilt wird, in welche Unterlagen beim zu vereinbarenden Termin Einsicht genommen werden soll. Es ist unzumutbar, sämtliche Verwaltungsunterlagen, insbesondere wenn es sich um eine alte Anlage mit vielen Einheiten handelt, für einen solchen Termin aus dem Archiv zu holen und vorzuhalten.
Das alles ist grundsätzlich nicht neu, die Rechtsprechung hatte sich bereits seit langer Zeit in dieser Form geäußert. Neu ist aber, dass dieser Anspruch nunmehr zum Gegenstand des Gesetzes geworden ist. Hierin kann man durchaus eine Aufwertung dieses Anspruchs sehen: Verwalter sind gehalten, in erster Linie transparent zu arbeiten.
In bestimmten Fällen kann an die Stelle des Einsicht begehrenden Eigentümers bzw. Erben eines Eigentümers auch der Insolvenzverwalter, der Zwangsverwalter oder der Testamentsvollstrecker treten, insbesondere in der Dauertestamentsvollstreckung.
Wendet sich ein Eigentümer also mit der Bitte um Einsichtnahme an den Verwalter, wird ihm in angemessener Zeit mindestens ein möglicher Termin anzubieten sein. Dieser Termin bezieht sich auch nicht nur auf den Eigentümer, er kann durchaus auch Hilfspersonen zurate ziehen und mitbringen, insbesondere Steuerberater oder Rechtsanwälte. Dieses Recht findet seine Schranke im ordnungsgemäßen Betrieb des Verwalterbüros. Nur wenn zu befürchten steht, dass hier betriebliche Abläufe mehr als unerheblich gestört werden, könnten Begleitpersonen vom Verwalter ausgeschlossen werden. Die Einsicht erfolgt grundsätzlich im Büro des Verwalters. Liegt es weit entfernt vom Standort der Liegenschaft, dann an einem geeigneten Ort nahe der verwalteten Immobilie. Ein Anspruch auf Gewährung der Einsicht außerhalb der üblichen Bürozeiten der Verwaltung wird nur dann bestehen, wenn der Verwalter sich im Verwaltervertrag gegenüber der Gemeinschaft dazu ausdrücklich verpflichtet hat.
Verpflichtet zur Gewährung der Einsicht ist die Gemeinschaft, insoweit vertreten durch den Verwalter. Der Anspruch des Eigentümers richtet sich also nicht gegen den Verwalter direkt, sondern immer gegen die Gemeinschaft. In diesem Fall sollte die Gemeinschaft aber auch einen Beschluss fassen, den Verursacher mit der entstehenden Sondervergütung belasten zu dürfen.
Achtung: Der Eigentümer kann einen potenziellen Erwerber seiner Immobilie auch bevollmächtigen, in die Beschlusssammlung der Gemeinschaft selbst Einsicht zu nehmen. Selbiges gilt, wenn der Mieter einer Eigentumswohnung im Rahmen der Betriebskostenabrechnung Einsicht in die Belege nehmen möchte. Dann sollte der Verwalter darauf achten, tatsächlich nur diejenigen Belege vorzulegen, die Betriebskosten im Sinne des Gesetzes betreffen. Die Bevollmächtigung durch den Eigentümer ist im Zweifel in beiden Fällen nachzuweisen.
Weder muss der Verwalter selbst Kopien der Unterlagen zur Verfügung stellen, noch muss er eine Möglichkeit für den Eigentümer vorhalten, Kopien von Unterlagen zu fertigen, soweit er sich hierzu nicht ausdrücklich im Verwaltervertrag verpflichtet hat. Wer Kopien benötigt, kann selbst Fotografien anfertigen oder mittels eines mitgebrachten mobilen Kopiergerätes Kopien ziehen. Das darf der Verwalter auch nicht verbieten. Häufig weigern sich Verwalter, die Einzelabrechnungen anderer Einheiten zur Einsicht vorzulegen – dies in der irrigen Annahme, datenschutzrechtliche Belange seien berührt. Das ist falsch! In der Beschlussfassung über die Nachschüsse bzw. Anpassung der beschlossenen Vorschüsse bezieht sich die Stimmabgabe des einzelnen Eigentümers notwendigerweise Weise auf alle Einheiten einer Gemeinschaft, nicht nur auf die eigene. Wurde ein Nachschuss fehlerhaft ermittelt, sind auch alle anderen fehlerhaft, ebenso bei Anpassungen der beschlossenen Vorschüsse. Kein Zweifel kann daher daran bestehen, dass der einzelne Eigentümer auch in die Abrechnungen seiner Miteigentümer Einsicht nehmen darf.
Auch ein ausgeschiedener Verwalter hat nach Übergabe der Unterlagen an seinen Nachfolger noch Rechte auf Einsicht in die Unterlagen. Dies umso mehr, als er häufig noch verpflichtet ist, Abrechnungen für Vorjahre zu korrigieren oder neu zu erstellen. Wird beispielsweise durch ein Urteil die Beschlussfassung über die Folgen einer Jahresabrechnung für ungültig erklärt, ist der ausgeschiedene Verwalter gehalten, die Fehler in der Abrechnung zu korrigieren. Zu diesem Zweck sollte der neue Verwalter seinem Vorgänger im Namen der Gemeinschaft ausdrücklich die Einsicht in die notwendigen Unterlagen anbieten!
So weit, so gut. Nach erfolgter Einsicht gibt es häufig Rückfragen. Hier muss ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass Auskunftsansprüche der Gemeinschaft insgesamt zustehen, nicht dem einzelnen Eigentümer. Der Anspruch auf Einsicht richtet sich gegen die Gemeinschaft, sie wird durch den Verwalter als Organ der Gemeinschaft zu gewähren sein. Auskünfte hingegen erteilt der Verwalter im Regelfall an die Gemeinschaft direkt, und zwar in der Eigentümerversammlung. Fragen, die sich für den einzelnen Eigentümer aus der Einsicht ergeben, müssen also mitnichten grundsätzlich direkt vom Verwalter beantwortet werden. Er kann auf die Eigentümerversammlung verweisen.
Manche Eigentümer neigen dazu, vor der Eigentümerversammlung ganze Fragenkataloge zu erstellen und an den Verwalter zu versenden. Auch hier ist dieser nicht verpflichtet, derartige Kataloge im Vorfeld der Versammlung abzuarbeiten.
Ausnahme: Der einzelne Eigentümer hat eine besondere, ausschließlich ihn betreffende Frage, die eilbedürftig ist. Hier ist beispielsweise an Fragen im Zusammenhang mit der Abwicklung eines Wasserschadens zu denken, da der gemeinschaftliche Versicherungsschutz im Regelfall auch diverse Schäden im Sondereigentum abdeckt. Gibt es hier aufgrund der besonderen Konstellation Fragen, die ausschließlich den geschädigten Eigentümer und sein Sondereigentum betreffen, wird der Verwalter im Auftrag der Gemeinschaft auch außerhalb der Eigentümerversammlung antworten müssen.
Möchte ein Eigentümer Auskünfte in der Eigentümerversammlung erlangen, muss er einen entsprechenden Beschlussantrag stellen, die Gemeinschaft zu verpflichten, die entsprechende Auskunft beim Verwalter abzuverlangen. Wird der Beschluss gefasst, ist der Verwalter ohne Weiteres verpflichtet, die gewünschte Auskunft zu erteilen. Wird der Beschluss nicht gefasst, weil der Eigentümer in schikanöser Art und Weise Auskünfte erlangen möchte, müsste der überstimmte Eigentümer die nicht zustande gekommene Beschlussfassung anfechten und Beschlussersetzungsklage erheben.
Das Recht jedes Eigentümers findet seine Schranken also in der Schikane. Wer in schikanöser Art und Weise Einsichts- und Auskunftsrechte für sich in Anspruch nimmt, wird sich insoweit auch gerichtlich nicht durchsetzen.
Der Rechtsanwalt Marco J. Schwarz ist Justitiar des VDIV Bayern und in der Kanzlei Schwarz, Thönebe & Kollegen in München tätig.