08.05.2013 Ausgabe: 3/2013

Praktische Tipps zur Legionellenprüfung

Die Trinkwasserverordnung birgt viele Risiken für Verwalter. Dieser Artikel gibt praktische Hinweise zum Umgang mit den Anforderungen und zeigt, was im Fall der Fälle zu tun ist und wie Kontaminationen vermieden werden können.

Die gute Nachricht vorweg: Die mancherorts gemeldeten Horrorzahlen, nach denen 40 Prozent der Wohnanlagen mit Legionellen kontaminiert sind, bestätigen sich in der Masse nicht. Aus unserem Auftragsvolumen von mehr als 100 000 Proben kommen wir gerade einmal auf 9,5 Prozent über dem sogenannten technischen Maßnahmenwert, der Eigentümer und Verwalter zum Handeln zwingt. Drei Viertel der kontaminierten Proben liegen im unteren Bereich zwischen 101 und 1000 Kolonie bildenden Einheiten (KBE/100 ml) pro 100 Milliliter. Kontaminationen dieser Größenordnungen können meist durch richtige Temperatureinstellungen am Warmwasserspeicher, einen Hydraulischen Abgleich der einzelnen Verteilleitungen und ausgiebiges Spülen der Stränge beseitigt werden.

Wenn allerdings eine Wohnanlage stark kontaminiert ist, kann es schnell unangenehm werden, wenn der Verwalter nicht sofort richtig reagiert. Das zeigt ein Beispiel, über das in letzter Zeit die Medien ausführlich berichteten. Das Neu-Ulmer Donaucenter („das größte Haus der Stadt“) ist eine Wohnanlage mit 300 Wohnungen auf 17 Stockwerken. Inzwischen haben TV-Sender, regionale und überregionale Tageszeitungen ausführlich darüber berichtet, dass die 500 Bewohner des Gebäudes nicht mehr duschen dürfen – und das seit Ende November 2012. Das Gesundheitsamt hatte ein entsprechendes Verbot ausgesprochen, weil sich bei der Untersuchung herausgestellt hat, dass das Trinkwasser mit 15 500 KBE/100 ml extrem belastet und damit stark gesundheitsgefährdend ist.

Der Imageschaden für das Objekt und die Verwaltung ist enorm. Durch schnelles und richtiges Handeln hätte das vermutlich vermieden werden können. Inzwischen hat ein Bewohner Hausverwaltung, Eigentümergemeinschaft und Gesundheitsamt wegen des Verdachts der fahrlässigen versuchten Körperverletzung angezeigt. Damit erhält der Fall eine strafrechtliche Dimension.

Die Maßnahmen

Wird der technische Maßnahmenwert überschritten, müssen unverzüglich folgende Maßnahmen eingeleitet werden:

  • Ortsbegehung, prüfen, ob die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten wurden
  • Gefährdungsanalyse erstellen
  • Abgeleitete Maßnahmen unverzüglich dem Gesundheitsamt mitteilen
  • Befunde und Maßnahmen zehn Jahre archivieren
  • Maßnahmen durchführen, Trinkwasseranlage auf den Stand der allgemein anerkannten Regeln der Technik bringen
  • Wasserqualität erneut überprüfen und Ergebnisse unverzüglich dem Gesundheitsamt mitteilen
  • Wohnungsnutzer unverzüglich über die Ergebnisse aus der Gefährdungsanalyse und der abschließenden Untersuchung informieren
Maßnahmen zur Gefährdungsminimierung

Kurzfristig

  • Anpassen der Temperaturen auf die anerkannten Regeln der Technik
  • Leitungen in leer stehenden Wohnungen regelmäßig spülen
  • Dauerhafte Verbindungen zwischen Heizungs- und Trinkwassersystem trennen

Mittelfristig

  • Leitungen dämmen
  • Hydraulische Strangregulierventile einbauen
  • Totleitungen und ungenutzte Waschbecken (außen oder im Keller) rückbauen
Erleichterungen und Haftungsverschärfung

Die letzte Änderung der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) im Dezember 2012 brachte einige Erleichterungen mit sich. Dazu gehört, dass das Trinkwasser im gewerblichen Bereich nicht wie ursprünglich geplant jährlich, sondern im Dreijahresrhythmus untersucht werden muss. Entlastet werden Verwalter auch dadurch, dass die Meldepflicht für Trinkwasserinstallationen an das zuständige Gesundheitsamt entfallen ist. Allerdings haben diese Erleichterungen auch einen Pferdefuß: deutlich mehr Verantwortung und damit ein größeres Haftungsrisiko für Eigentümer und Verwalter, die jetzt alle positiven Befunde unverzüglich dem Gesundheitsamt melden und die notwendigen Arbeiten zur Sanierung von mit Legionellen befallenen Anlagen in eigener Verantwortung organisieren müssen.

In der Praxis erweisen sich die kurzen Fristen für den erforderlichen Vor-Ort-Termin und die Durchführung der Gefährdungsanalyse als große Herausforderung, wenn ein Legionellenbefall festgestellt wurde. Entsprechend umsichtig und schnell müssen Verwalter agieren. Sobald der Verwalter die Information erhält, dass in einem Objekt der technische Maßnahmenwert von 100 KBE/100 ml überschritten ist, muss unverzüglich das Gesundheitsamt informiert werden. Die Wohnungsnutzer müssen in jedem Fall über das Untersuchungsergebnis informiert werden, auch wenn weniger als 100 KBE nachgewiesen wurden. Wird der technische Maßnahmenwert überschritten, muss diese Information unverzüglich schriftlich erfolgen. Danach muss der Vermieter ebenso unverzüglich Maßnahmen ergreifen.

Über die nach § 16 Absatz 7 TrinkwV nötigen Maßnahmen und die Gefährdungsanalyse wurde bereits in Ausgabe 2/2013 ausführlich berichtet. Das Gesundheitsamt ist übrigens zu einer Beratung nicht mehr verpflichtet. Weil es schwierig ist, im Fall der Fälle in der gebotenen Eile einen Fachkundigen zu finden, bieten manche Messdienstleister, die für das Massengeschäft der Trinkwasserprobenahme besonders prädestiniert sind, auch die Gefährdungsanalyse bundesweit an. Nur durch leistungsfähige Unternehmen, die alle Arbeiten abdecken können, hat der Verwalter die Gewähr, keine Probleme wie in der Neu-Ulmer Wohnanlage zu bekommen.

Ansatz des Umweltbundesamts bietet zwei Alternativen

Die Information aller Beteiligten spielt bei der Trinkwasserverordnung eine wichtige Rolle. Selbst das Ergebnis einer unvollständigen Beprobung, bei der nicht alle Nutzer angetroffen wurden, muss dem Gesundheitsamt und den Nutzern sofort mitgeteilt werden, wenn der Grenzwert überschritten wurde. Das gleiche gilt für das Ergebnis eines zweiten Beprobungstermins. Wenn beim ersten Termin nicht alle Proben genommen werden konnten, muss kurzfristig ein neuer Termin stattfinden. In diesem Fall muss der Trinkwassererwärmer erneut beprobt werden.

Das Umweltbundesamt (UBA) empfiehlt für die Probenentnahme, durch ein Fachunternehmen das hydraulisch ungünstigste und dennoch vergleichbare Strangende definieren zu lassen. Doch dieser Ansatz ist nicht unstrittig, weil je nach Nutzung der Wohnungen (zum Beispiel durch Leerstände) der hydraulisch ungünstigste Strang von Jahr zu Jahr wechseln kann. Außerdem sind im Fall eines positiven Befundes die Kosten der Probenahmen der restlichen Stränge nicht umlagefähig. Besser ist die nach den Bestimmungen des UBA ebenfalls mögliche Alternative, von jedem Strangende Proben zu nehmen. Die Kosten dafür können umgelegt werden und das Ergebnis der Beprobung ist repräsentativ.

Der Einbau von Ventilen zur Probenahme kann bei größeren Immobilienbeständen bis zu drei Monate dauern. Deshalb sollten Verwalter diese Arbeiten rechtzeitig beauftragen, um nicht die Frist am 31. Dezember 2013 zu verpassen, zu der alle unter die Regelung fallenden Objekte zum ersten Mal untersucht sein müssen. Wenn der Monteur ohnehin im Heizungskeller ist, sollte gleich der Wärmezähler, der zur Abtrennung des Wärmeanteils für die Warmwasserbereitung ab dem 1. Januar 2014 laut Heizkostenverordnung vorgeschrieben ist, mit eingebaut werden.

Foto: © karamysh / Shutterstock.com


Kuppler, Friedemann

Dipl. Ing. Friedemann Kuppler ist Leiter Verbände und Fachpresse bei Kalorimeta. Der Hamburger Dienstleister für die Wohnungswirtschaft bietet mit seinen 305 zertifizierten Probenehmern und 17 zertifizierten Experten für die Gefährdungsanalyse bundesweit alle Arbeiten zur Trinkwasserverordnung vom Einbau der Ventile, der Probenahme, Laboruntersuchung bis zur Gefährdungsanalyse und der Korrespondenz mit dem Gesundheitsamt an.