04.03.2014 Ausgabe: 2/2014

Praxisrelevante Urteile

Das ist bei der ordnungsgemäßen Einberufung und Durchführung der Eigentümerversammlung zu beachten.

Die Ladungsfrist

Die Nichteinhaltung der Ladungsfrist führt nach einem Urteil des LG Frankfurt/Oder vom 18.09.2012 (16 S 9/12) nicht zwingend zur Ungültigkeit der Beschlüsse. Zwar kann die Einberufungsfrist grundsätzlich nur verkürzt werden, wenn das Thema eilbedürftig ist. Der anfechtende Wohnungseigentümer muss aber nachweisen, dass der Beschluss auf der Nichteinhaltung der Ladungsfrist beruht. Das ist nicht der Fall, wenn der angefochtene Beschluss auch bei Einhaltung der Frist gefasst worden wäre.

Ein dringlicher Fall, der zur Abkürzung der Einladungsfrist berechtigt, liegt nach dem Urteil des LG Düsseldorf vom 14.03.2013 (19 S 88/12) vor, wenn wegen Schäden an einer Tiefgarage dringend ein Sanierungskonzept erarbeitet werden muss. Der Verwalter hat die Versammlung innerhalb angemessener Frist (in diesem Fall ein Monat) einzuberufen, wenn ein Eigentümer die Einberufung zur Abwahl des Verwalters verlangt (LG München, 28.06.2012, 36 S 17241/11).

Nichtöffentlichkeit der Versammlung

Die Versammlung der Wohnungseigentümer ist nicht öffentlich. Es sind nur die in der Teilungserklärung genannten Vertreter zugelassen (in der Regel Familienangehörige und andere Eigentümer, selten Rechtsanwälte). Das Landgericht Karlsruhe (27.07.2010, 11 S 70/09) hat einen Beschluss aufgehoben, weil der Verwalter einen Steuerberater zur Erläuterung der Abrechnung hinzugezogen hat. Die Begleitung eines Eigentümers durch einen Rechtsanwalt führt zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse. Ein Anspruch auf Zulassung eines Beraters besteht nur, wenn die Teilungserklärung dies zulässt oder das Interesse des Eigentümers das Interesse der anderen überwiegt, etwa bei einem schwierigen Beratungsgegenstand, so der Entziehung des Wohnungseigentums (OLG Köln, 06.08.2007, 16 WX 106/07).

Vorbereitung von Beschlüssen

Den Wohnungseigentümern ist spätestens mit der Ladung ausreichend Material zur Verfügung zu stellen, damit sie sich auf die Beschlussfassung vorbereiten können. Soll über Baumaßnahmen entschieden werden, sind stets mehrere Angebote einzuholen und den Eigentümern vorzulegen (LG Hamburg, 18.01.2012, 318 S 164/11). Jeder Eigentümer hat Anspruch darauf, dass die Ursachen von Schäden oder Mängeln erforscht werden, bevor die Maßnahme beschlossen wird (LG München, Urteil vom 09.05.2012, 36 S 11929/10).

Auch vor der Wahl eines neuen Verwalters sind mehrere Angebote einzuholen und den Eigentümern bekannt zu machen (LG Köln, 31.01.2013, 29 S 135/12). Das gilt nicht, wenn der amtierende Verwalter erneut bestellt werden soll (BGH, 01.04.2011, V ZR 96/10).

Beschlusskompetenz

Bauliche Änderungen, insbesondere nicht unerhebliche Veränderungen des optisch-architektonischen Gesamteindruckes der Anlage bedürfen stets der Zustimmung aller Wohnungseigentümer. Das gilt für die Überdachung von Terrassen (LG München, 10.11.2011, 36 S 4112/11), das Anbringen von Parkbügeln auf den Stellplätzen (LG Düsseldorf, 14.03.2013, 19 S 55/12) oder die Verglasung der Balkone (AG Charlottenburg, 26.10.2012, 73 C 220/10). Auch müssen alle Eigentümer die Änderung der Fassadenfarbe billigen (LG München I, 20.09.2012, 36 S 1982/12). Vom BGH ist die Ersetzung von Balkonbrüstungen aus Holz durch Glas und Stahl als erhebliche optische Veränderung bewertet worden, mit der Folge, dass der Mehrheitsbeschluss unwirksam war (14.12.2012, V ZR 224/11). Der BGH führt aus, dass jede erhebliche optische Veränderung der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedarf. Es kommt nicht darauf an, ob damit ein Nachteil einhergeht, da es sich um Geschmacksfragen handelt.

Die Eigentümer haben einen weiten Gestaltungsspielraum für die Verteilung der Kosten, die Grenze des Zulässigen liegt in willkürlicher Handhabung. Dass die Änderung von Verteilerschlüsseln für einzelne Eigentümer „nachteilig“ ist, macht den Beschluss nicht anfechtbar (BGH, 01.04.2011, V ZR 162/10).
Der einzelne Eigentümer hat nur dann einen Anspruch auf Änderung des Verteilerschlüssels, wenn der bestehende Schlüssel grob unbillig ist und eine Mehrbelastung von mindestens 25 Prozent gegenüber dem gewünschten Verteilerschlüssel bedeutet (BGH, 17.12.2010, V ZR 131/10).

Der die Ansammlung von Instandhaltungsrücklagen betreffende Verteilungsschlüssel aus der Teilungserklärung kann nicht geändert werden. Ein dahingehender Beschluss ist nichtig (BGH, 01.04.2011, V ZR 162/10).

Beschlussfassung

Ein Beschluss über die Jahresabrechnung unter dem Vorbehalt nachträglicher Prüfung entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung (Amtsgericht Bergisch Gladbach, 08.05.2012, 70 C 120/11) und ist auf Antrag für ungültig zu erklären.

Nach dem Urteil des LG Köln vom 31.01.2013 (29 S 135/12) ist ein Ermächtigungsbeschluss, mit dem der Verwaltungsbeirat beauftragt wird, den Verwaltervertrag auszuhandeln und abzuschließen, unzulässig.

Wenn nach Teilungserklärung Beschlüsse zu protokollieren und von bestimmten Personen zu unterzeichnen sind, können nur Eigentümer oder Beiräte unterschreiben, die in der Versammlung anwesend waren. Lässt der Verwalter andere unterschreiben, die nicht anwesend waren, ist der Beschluss anfechtbar
(LG Dortmund, 06.08.2013, 1 S 298/12).

Die Kenntnis der wichtigsten Rechtsfragen, etwa zur Nichtigkeit von Beschlüssen, ist für Verwalter unerlässlich, wie das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 23.05.2012 (318 S 198/11) zeigt. Die Bestellung eines separaten Verwalters durch eine Untergemeinschaft war nichtig, da die Untergemeinschaft nicht teilrechtsfähig ist. Dies muss der Verwalter wissen, andernfalls trägt er die Kosten des Prozesses. Nach einem Urteil des Amtsgerichts Nürtingen (08.10.2012, 19 C 972/12 WEG) trägt der Verwalter die Kosten des Anfechtungsprozesses, wenn er einen nicht in die Beschlusskompetenz der Eigentümer fallenden Beschluss verkündet. Das Landgericht Dresden hat in diesem Zusammenhang aber entschieden, dass der Verwalter sich durch den Hinweis auf die Nichtigkeit entlastet und dann keine Kosten trägt.

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Schulz, Rainer

Der Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie für
Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist in der Dresdener Kanzlei Schulz
Nickel Schulz Rechtsanwälte Partnerschaft tätig.
www.schulz-nickel-schulz.de