19.10.2017 Ausgabe: 7/2017

Pro & Contra

Das Bestellerprinzip auch auf Immobilienverkäufe ausweiten! Was die SPD plant, befürwortet eine Studie des IW Köln. Was spricht dafür, was dagegen?

Pro: Das Bestellerprinzip stärkt den Wettbewerb

Wohneigentum ist heute so erschwinglich wie schon lange nicht. Die Preise sind zwar teilweise stark gestiegen, aber die gefallenen Zinsen für Immobilienkredite überkompensieren dies, sodass der Kauf einer Wohnung vielfach deutlich attraktiver ist als das Leben zur Miete. Allerdings: Nur wenige Haushalte profitieren davon. Seit 2010 stagniert die Wohneigentumsquote bei rund 45 Prozent. Ältere sowie einkommensstarke Haushalte haben mehr Wohneigentum gebildet, bei jüngeren Haushalten geht die Quote sogar zurück. Ganz wesentlich für diese Entwicklung ist der hohe Kapitalbedarf, den viele nicht stemmen können: Zusätzlich zum Eigenkapital, der Grunderwerbsteuer, den Notarkosten und den Grundbuchkosten müssen Immobilienkäufer meist auch den Makler bezahlen. Dies kann sich auf rund 30 Prozent des Kaufpreises addieren. Bei einer Summe von 250.000 Euro sind dies also schon 75.000 Euro – zu viel für die meisten Haushalte.

Transaktionskosten reduzieren

Es ist deshalb notwendig, alle Transaktionskosten und auch den Eigenkapitalbedarf kritisch zu prüfen und möglichst zu reduzieren, um Haushalten den Zugang zu Wohneigentum zu erleichtern. Hierzu gehören eben auch die Maklerprovisionen für Käufer, die zwischen 3,57 Prozent und 7,14 Prozent liegen. Müssten diese Kosten allein vom Verkäufer getragen werden, würde der Kapitalbedarf der Käufer deutlich sinken, und es stünde mehr Eigenkapital zur Finanzierung zur Verfügung.

Natürlich werden Verkäufer versuchen, die Kosten auf den Käufer abzuwälzen, womit die Preise steigen werden. Gerade in angespannten Märkten wird dies auch funktionieren. Makler argumentieren nun, dass dadurch die Preise steigen und die Haushalte in der Folge noch höhere Grunderwerbsteuerbeträge zahlen müssen. Außerdem finanzieren die Banken möglicherweise nicht den vollen Kaufpreis. Übersehen wird dabei aber, dass selbst bei einer Überwälzung auf den Käufer die Kosten sinken werden. Schließlich erlaubt erst das Bestellerprinzip – wer den Makler beauftragt, muss ihn zahlen –, dass über die Kosten des Maklers verhandelt werden kann.

Eigentumsbildung erleichtern

In München ist es gang und gäbe, dass Verkäufer nur einen kleinen Teil der Provision übernehmen. Obwohl sie formal geteilt wird, wird sie überwiegend vom Käufer bezahlt. Makler sind hier also bereit, preisliche Zugeständnisse zu machen, unter anderem weil die Vermarktung leicht möglich ist. In den Niederlanden, wo das Bestellerprinzip schon lange gilt, liegt die Provisionshöhe bei ein bis zwei Prozent, teils auch darunter. Letztlich ist nur der Verkäufer in der Lage, über die Provision zu verhandeln, weil er sich Angebote verschiedener Makler einholen lassen kann. Dies ist die Grundvoraussetzung für einen Preiswettbewerb, der aktuell, gerade in den angespannten Märkten, wegen des fehlenden Bestellerprinzips für Immobilienverkäufe nicht zum Tragen kommen kann.

Es wird auch zukünftig Makler geben, und sie haben auch ihre Berechtigung. Wie alle anderen Marktteilnehmer müssen sie sich aber dem Preiswettbewerb stellen. Das Bestellerprinzip bietet dabei auch Maklern eine große Chance, denn auf Dauer werden sich nur jene im Markt behaupten können, die gute Leistungen zu fairen Preisen anbieten – die Zeit der Glücksritter würde endgültig enden, und das Image der Branche würde sich deutlich verbessern. Wenig hilfreich an dieser Stelle ist es freilich, nun zu argumentieren, Makler würden in diesem Fall nur die Interessen desjenigen vertreten, der sie bezahlt. Klingt fast, als bestehe in puncto Berufsethos Nachholbedarf. Die Mehrheit der Makler wird diese Meinung aber ohnehin nicht teilen.

Contra: Das Bestellerprinzip würde Käufer nicht entlasten

Die SPD hat sich das Ziel gesetzt, die Erwerbsnebenkosten für Hauskäufer zu senken. Das ist grundsätzlich sehr zu begrüßen, denn die Bildung von Wohneigentum muss für private Haushalte dringend erleichtert werden. Erreicht werden soll es durch die Einführung des Bestellerprinzips beim Kauf von Immobilien, sodass grundsätzlich der Verkäufer die volle Maklerprovision zu tragen hätte. Theoretisch eine gute Idee, die in der Praxis dem Hauskäufer jedoch mehr schaden wird als ihm zu nutzen: Die Immobilienpreise würden steigen. Es wäre zudem schlicht und ergreifend ein Provisionsschwindel.

Wenn der Verkäufer die volle Maklerprovision zahlt, sinken zwar die Erwerbsnebenkosten für den Käufer. Es ist aber absehbar, dass sich der Verkäufer die Kosten zurückholen wird – sie auf den Kaufpreis aufschlägt, insbesondere in der in weiten Teilen Deutschlands von starkem Nachfrageüberhang geprägten Marktsituation. In anderen Gegenden ist es schon jetzt so, dass der Verkäufer die Maklerprovision trägt – je nach Marktsituation. Die Gesamtsumme, die der Käufer für eine Immobilie aufbringen muss, bleibt so auch mit Bestellerprinzip gleich.

Ich möchte auch klarstellen, dass der Begriff „Bestellerprinzip“ aus meiner Sicht in die Irre führt. Was die SPD möchte und das IW Köln mit seiner Studie befürwortet, ist ein „Vertragsabschlussverbot“. Denn ein Bestellerprinzip gilt in Deutschland bereits wie auch im Ausland: Kein ­Makler kann von einem Käufer Geld verlangen, der keinen Maklervertrag abgeschlossen hat. Der Käufer hat den Makler somit bestellt.

Warum also „Vertragsabschlussverbot“? Wird die Maklerprovision allein vom Verkäufer gezahlt, ist der Makler ausschließlich den Interessen des Verkäufers verpflichtet. Der Makler wäre geradezu gezwungen, einzig für den Verkäufer einzutreten, weil ihm gesetzlich verboten wird, mit dem Kaufinteressenten einen Vertrag zu schließen. Dabei ist der Makler für viele Käufer der erste und wichtigste Ansprechpartner für zahlreiche fachliche, technische und finanzielle Fragen. Diese Beratungsleistung würde mit einer Ausweitung des Bestellerprinzips komplett entfallen – ein nicht zu unterschätzender Aspekt. Für viele Verbraucher ist der Kauf einer Immobilie die größte und wichtigste finanzielle Entscheidung ihres Lebens, ein Fehlkauf mitunter jahrzehntelang zu bereuen. Im Sinne des Verbraucherschutzes sollten z. B. junge Familien zur Kaufentscheidung optimal beraten werden, was mit dem Bestellerprinzip nicht mehr gegeben wäre. Kurz: finanziell nichts gewonnen, Beratung verloren.

In der Studie des IW Köln wird dennoch argumentiert, dass sich das Bestellerprinzip als klarer Vorteil für die Käufer erweisen würde. Prof. Dr. Voigtländer zufolge werden Käufer auch bei einem möglicherweise höheren Immobilienpreis (durch den Aufschlag der ursprünglichen Käuferprovision) entlastet, weil der Immobilienpreis komplett finanziert werden kann, die Maklergebühr aber nicht. Das ist nicht korrekt: Für finanzierende Banken ist nämlich der Beleihungswert maßgeblich.

Einziger Gewinner: der Staat

Wenn Verkäufer die Maklerkosten einpreisen und sich damit die Kaufpreise erhöhen, dann steigt auch die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer. Höhere Kaufpreise bedeuten höhere Steuereinnahmen. Schließlich steigt auch der Anreiz für die Bundesländer, noch weiter an der Steuerschraube zu drehen. 2006 betrug die Grunderwerbsteuer bundesweit noch 3,5 Prozent des Kaufpreises, seither zog der Steuersatz fast überall kräftig an. In fünf Bundesländern sind inzwischen schon 6,5 Prozent fällig, die Einnahmen daraus 2016 um 10,2 Prozent gestiegen.
Die Senkung der Grunderwerbsteuer und der professionelle Beratungsbedarf für Käufer kommen aus meiner Sicht in der Studie des IW Köln zu kurz. Der Hemmschuh für den Immobilienerwerb ist nicht der Makler, wie es Voigtländer darstellt, es ist vielmehr der Staat mit der Grunderwerbsteuer. Die Maklerprovision wird in den meisten Bundesländern zwischen Käufer und Verkäufer geteilt. Die Grunderwerbsteuer dagegen überall einzig vom Käufer getragen. Einige Parteien fordern daher, die Grunderwerbsteuer zu senken bzw. sie für Selbstnutzer bis zu einem gewissen Betrag zu erlassen. So würde der Staat auf Steuereinnahmen verzichten, um den Eigentumserwerb zu unterstützen – der richtige Weg, um zu zeigen, dass die Verbesserung der Wohneigentumssituation ein wirklich ernst gemeintes politisches Anliegen ist.

Das IW Köln verweist gern auf die Niederlande, wo das Bestellerprinzip beim Immobilienkauf gut funktioniere. Dabei wird etwas außer Acht gelassen: Bei unseren Nachbarn gibt es erfolgsabhängige und erfolgsunabhängige Elemente der Entlohnung des Maklers. Gerade die erfolgsunabhängigen sorgen in der Praxis für jede Menge Rechtsstreit.

Was meist vergessen wird: In Deutschland bekommt ein Makler nur dann Provision, wenn er erfolgreich war und ein Kaufvertrag abgeschlossen wurde. Dahinter stehen Leistungen, die in der Öffentlichkeit leider unzureichend wahrgenommen werden: Der Makler ist in den gesamten Verkaufsprozess involviert – weit vor der ersten Besichtigung bis zur Unterzeichnung beim Notar.

In der Studie des IW Köln heißt es: „Am Makler kommt man nur schwer vorbei“. Stimmt: Es gibt zwar keine Pflicht, einen Makler einzuschalten, aber offensichtlich gute Gründe dafür. In Deutschland wird jeder zweite Eigenheimkauf von einem Makler begleitet.

Foto: © cifotart / Shutterstock.com


Voigtländer, Prof. Dr. Michael

Prof. Dr. Michael Voigtländer
Leiter Kompetenzfeld Finanz- und Immobilienmärkte, Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.

Jürgen Michael Schick
Präsident des Immobilien­verband Deutschland IVD