01.06.2016 Ausgabe: 4/2016

PRO SEV

Die Sondereigentumsverwaltung – ein lohnendes Geschäft für Immobilienverwalter?

Ja, es ist ein lohnendes Geschäft für den Verwalter, aber das sollte man sich schon etwas genauer anschauen:
Es lohnt für einen Verwalter, wenn man das „Geschäftliche“ nicht nur auf den unmittelbaren Umsatz bezieht, der mit der Verwaltung einer Wohnung oder einer Gewerbeeinheit zu erzielen ist. Sondereigentumsverwaltung (SEV) ist ein Ergänzungsgeschäft zur WEG-Verwaltung, mit dem nicht nur die Bewirtschaftung der Wohnung bezahlt wird, sondern auch mögliche Makleraktivitäten. Sie fördert die individuelle Zusammenarbeit und Verbundenheit mit einzelnen Eigentümern bei der Betreuung ihrer Mieter. SEV sollte auch bedeuten: Generalvollmacht zur Vertretung des Eigentümers in der jährlichen Eigentümerversammlung. Dies aber mit der Maßgabe, dass bei Entscheidungen in größerem Wertumfang der Eigentümer sehr wohl seine Position bezieht.

Andersherum: Wer in einer WEG keine SEV anbietet – gleich, zu welchen Konditionen – könnte es alsbald mit einem Wettbewerber zu tun bekommen, der in diese vermeintliche Lücke springt und ­Eigentümern seine „Dienstleistung aus einer Hand“ schmackhaft macht.

SEV ist aber nur dann ein lohnender Auftrag, wenn er entsprechend vergütet wird. Das breite Spektrum an Leistungen, von der allgemeinen Mieterbetreuung, dem Mietinkasso, der Erstellung der ­Betriebskostenabrechnung auf Grundlage der Daten der WEG über Wohnungsabnahmen und -übergaben bis hin zur ­Beauftragung von Reparaturen, kann man im Allgemeinen für 22 Euro brutto pro Monat keineswegs leisten. Warum keine abgestuften Preis-Leistungsmodelle anbieten? Einzelpreise für die verschiedenen Vorgänge im Sinne eines ­„Teilmiet-Services“ können für den Verwalter attraktiver sein als ein einziger kleiner Bruttobetrag, der mit allumfänglicher Haftung verbunden ist. Denkbar wäre z. B. ein fester Betrag für die Prüfung und Durchführung von Mieterhöhungsverlangen, der sich an der geltend gemachten Mieterhöhung orientiert.

SEV ist auch nur dann ein lohnendes Geschäft, wenn der Verwalter ein Top-Fachmann ist, der weiß, was er tut. Nicht viele Vermieter (und auch Verwalter) überblicken das Konfliktpotenzial, das die SEV birgt: Man hat es hier mit zwei prinzipiell nicht verbundenen Regelungskomplexen zu tun, dem WEG- und dem Mietrecht. ­Eigentümer brauchen einen Partner, der es versteht, beide in Einklang zu bringen. Da das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander durch Teilungsvereinbarung und/oder Gemeinschaftsordnung festgelegt ist, ist der jeweilige Mietvertrag hierauf abzustimmen. Ob dies gelingt, hängt im Wesentlichen von den Fertigkeiten der den Vertrag schließenden Parteien ab. Ohne Einflussnahme auf die Gestaltung der Mietverträge kann die SEV zu einem echten Abenteuer werden.

SEV bedeutet letztlich, vor Angebotserstellung die für die Vertragsgestaltung relevanten Sachverhalte gründlich zu hinterfragen. So ist es z. B. wesentlich, ob für einen ­Eigentümer gemäß Gemeinschaftsordnung einzelne Kosten­tragungsregelungen oder aber Instandhaltungsverpflichtungen gelten, die sonst üblicherweise bei der Eigentümergemeinschaft liegen. Der Umfang der vom Verwalter zu erfüllenden Aufgaben kann sich damit deutlich erweitern.

Wenn der BGH urteilte, dass die Betriebskostenabrechnungen vermieteten Wohnungs- oder Teileigentums keinen grundsätzlichen Besonderheiten unterliegen und insbesondere der Vermieter sich nicht ohne Weiteres auf die Abrechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft berufen kann (23.11.1981, VIII ZR 298/80), lässt dies eigentlich nur einen Schluss zu …

Lohnt sich SEV trotz der Interessenkollision für den Verwalter, wenn er zugleich WEG-Verwalter ist? Meiner Erfahrung nach: Ja. Jedenfalls solange wir mit Konflikten offensiv umgehen.

Fazit:

Ein gutes Geschäft kann die SEV leider auch für den Eigentümer sein. Wenn der Verwalter nicht weiß, was er tut und in die Haftung „rutscht“ …

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Näke, Dr. Joachim

Geschäftsführer der ELB-Immobilien Verwaltungs GmbH, Dresden, und geschäftsfuhrender Vorstand des VDIV Mitteldeutschland e.V.