21.01.2022 Ausgabe: 1/22

Qualifikation! Aber wie? - Wie sich Zertifizierung und Sachkundenachweis im Weg stehen – oder gegenseitig befördern.

Nur zwei Tage lagen zwischen der Veröffentlichung des Koalitionsvertrages – der die Einführung des „echten“ Sachkundenachweises für Makler, Miet- und WEG-Verwalter inkludiert – und dem
Beschluss des Bundesrates zur Zertifizierter-Verwalter-Prüfungsverordnung (ZertVerwV).


Grundsätzlich bedeutet beides einen Fortschritt für die berufliche Qualifikation im Bereich der Immobilienverwaltung, und sowohl der Beschluss des Bundesrates als auch die Ansage der Koalition ist zu begrüßen. Wie aber unterscheiden sich die Nach- weise, und was bedeutet das für Verwalter von Immobilien?


Grundlage der Entscheidung des Bundesrates ist das neue Wohnungseigentumsgesetz (WEG), wo es in § 26a Abs. 1 heißt: „Als zertifizierter Verwalter darf sich bezeichnen, wer durch Prüfung vor einer Industrieund Handelskammer (IHK) nachgewiesen hat, dass er über die für die Tätigkeit als Verwalter notwendigen rechtlichen, kaufmännischen und technischen Kenntnisse verfügt.“ Ziel der zivilrechtlichen Regelung im Wohnungseigentumsgesetz ist es, die Qualität der Immobilienverwaltung zu erhöhen und zugleich den Verbraucherschutz zu stärken.


Qualifiziert und gleichgestellt
Der Bundesrat beschloss basierend auf dem neuen WEG am 26. November 2021 die ZertVerwV und nahm dabei aus Branchen- sicht wichtige Änderungen auf: Personen, die bereits über entsprechende Qualifikationen verfügen, dürfen sich ebenfalls als zertifizierte Verwalter bezeichnen. Zudem dürfen sich juristische Personen und Personengesellschaften auch so nennen – sofern alle Beschäftigten, die unmittelbar mit Aufgaben der Wohnungseigentumsverwaltung betraut sind, die Prüfung zum zertifizierten Verwalter bestanden haben oder dem zertifizierten Verwalter gleichgestellt sind. Diese Entscheidung beruht auf Anregungen und Forderungen des VDIV Deutschland. Im Laufe des politischen Verfahrens war es dem Verband bereits gelungen, Personen mit dem Abschluss Geprüfte/ r Immobilienfachwirt/ in vom Verfahren befreien zu lassen. Nun folgte der Bundesrat auch den Forderungen des VDIV Deutschland nach der zusätzlichen Gleichstellung von Personen mit abgeschlossener immobilienwirtschaftlicher Berufsausbildung.


Umsetzung mehrstufig und mit Karenz
Die Umsetzung erfolgt mehrstufig. Nach
§ 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG gehört zur ord- nungsgemäßen Verwaltung die Bestellung eines qualifizierten Verwalters. Dies gilt jedoch erst für Bestellungsbeschlüsse ab dem 1. Dezember 2022. Bis dahin entspricht ein Bestellungsbeschluss auch dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn der Verwalter nicht zertifiziert ist. Verwalter, die bei Inkrafttreten des neuen Wohnungseigentumsgesetzes am 1. Dezember 2020 bereits bestellt waren, gelten bis zum 1.Juni 2024 in den jeweiligen Gemeinschaften als zertifizierte Verwalter.


Einem zertifizierten Verwalter gleichgestellt und damit von der Prüfungspflicht befreit sind Volljuristen, Personen mit abgeschlossener immobilienwirtschaftlicher Berufsausbildung, dem anerkannten Abschluss Geprüfte/ r Immobilienfach- wirt/ in oder einem Hochschulabschluss mit immobilienwirtschaftlichem Schwerpunkt. Sie benötigen nun auch keine Gleichstellungsbescheinigung mehr und gelten auch als zertifiziert.


Sofern die Bundesregierung nun zustimmt, tritt die Verordnung am Tag nach der Ver- kündung in Kraft. Mit dem Abschluss des Verfahrens zur Zertifizierung wird es für Verbraucher erstmals möglich, sich die Grundqualifikation des WEG-Verwalters nachweisen zu lassen.


„Echter“ Sachkundenachweis, aber wann?
Die mit der Umsetzung der WEG-Reform einhergehende Zertifizierung als zivilrechtliche Lösung war ein erster wichtiger Schritt hin zu mehr Qualität in der Immo- bilienverwaltung und zu erhöhtem Verbraucherschutz. Der im Koalitionsvertrag festgehaltene „echte Sachkundenachweis für Makler, Miet- und WEG-Verwalter“ geht darüber hinaus. Schon lange ist es dem VDIV Deutschland ein Anliegen, eine Grundqualifikation als gewerberechtliche Voraussetzung für die Tätigkeit des Verwalters gesetzlich verankert zu wissen. Zuletzt scheiterte die Umsetzung eines Regierungsentwurfes 2016/ 17 am Widerstand der Unions-Fraktion im Bundestag.


Fragwürdig ist, wie Zertifizierung und Sachkundenachweis zusammenkommen wollen und sollen. Geht das eine im anderen auf? Läuft beides parallel – und wenn ja, wo soll das hinführen? Die Zertifizierung ist zivilrechtlich und betrifft ausschließlich WEG-Verwalter, der Sachkundenachweis ist gewerberechtlich und wird wohl gleichermaßen für den WEG- und Mietverwalter vergeben. Wird der Sachkundenachweis schnell genug eingeführt, um Dopplungen in der Qualifizierung und Nachweispflicht sowie Irritationen bei Verwaltern und Eigentümern zu vermeiden? Bis zum Inkrafttreten der Zertifizierung bleibt etwa ein Jahr. Nun stellt sich die Frage, wie mit erfolgten Zertifizierungen umzugehen wäre, wenn anschließend der Sachkundenachweis eingeführt wird. Immobilienverwaltungen und Wohnungseigentumsgemeinschaften brauchen Verlässlichkeit und Planungssicherheit. Daher ist zu fragen, wie schnell der Sachkundenachweis eingeführt werden soll und ob dieser die Zertifizierung aufhebt und bereits dann zertifizierte Personen fortan auch als sachkundig gelten.


Eines gilt als sicher: Den örtlichen IHK dürfte es egal sein, ob eine Zertifizierung oder eine Sachkunde abgenommen werden wird. Ablauf und Strukturen blieben gleich. Allenfalls der Rahmenlehrplan unter Einschluss mietrechtlicher Themen und die damit verbundenen Prüfungsfragen wären abzuwandeln. Auch im Hinblick auf eine Befreiung von der Sachkunde könnte die ZertVerwV dienen, gleichwohl wäre die Liste der befreiten Personen zu erweitern, wie vom VDIV in der Vergangenheit bereits mehrfach gefordert.


Bereits 2016 lag ein Gesetzentwurf zur Einführung eines Sachkundenachweises vor, der mit einigen wenigen Änderungen rasch von der neuen Regierung umgesetzt werden könnte. Es liegt an der neuen Hausleitung im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, ob es eine zeitnahe Umsetzung geben wird. Ich bin mir sicher, dass Vizekanzler Dr. Habeck ein wachsames Auge darauf haben wird, war es doch seit jeher auch eine bündnisgrüne Forderung, für mehr Qualität in der Dienstleistung und mehr Verbraucherschutz zu sorgen.

Kaßler, Martin

Geschäftsführer des VDIV Deutschland