29.11.2018 Ausgabe: 8/18

Quereinsteiger willkommen!

Branchenfremde Bewerber schnell und qualifiziert zu schulen, damit sie ihren Platz in der Immobilienverwaltung finden – eine interessante Zukunftsperspektive!

Die Contecta Immobilienverwaltung in Augsburg verwaltet mehr als 4 000 Wohneinheiten. Fachkräftegewinnung ist ein wichtiges Thema: Die Contecta bildet den Großteil ihrer Mitarbeiter selbst aus und bekommt immer wieder Initiativbewerbungen aus der Branche. Doch aus Kollegenkreisen ist immer wieder zu hören, dass gute Mitarbeiter nur schwer zu finden seien: Wenn sich überhaupt jemand bewerbe auf eine offene Stelle, dann häufig mit Erfahrungen in ganz anderen Branchen. Der Fachkräftemangel ist in unserer Branche inzwischen deutlich spürbar: Auf dem Arbeitsmarkt sind Immobilienkaufleute Mangelware. Insofern müssen wir uns vielleicht auch selbstkritisch prüfen: Ich kenne nur wenige Kollegen, die bereit sind, im eigenen Betrieb neue Mitarbeiter auszubilden.

Schulen, aber wie?

Alternativ bietet sich die berufsbegleitende Schulung für Immobilienverwalter an, die von einigen (wenigen) Instituten angeboten wird – zum Teil als Präsenzunterricht, immer mehr allerdings in Form von Online-Kursen. Damit sich solche Kurse für die Anbieter auch finanziell lohnen, werden oft verschiedene kaufmännische Berufsbilder zusammengefasst, und bei einem Großteil der vermittelten Inhalte geht es um grundsätzliches betriebswirtschaftliches, volkswirtschaftliches und sozialkundliches Wissen. Fachspezifisches Branchenwissen wird wenig vermittelt. Die Teilnehmer schneiden bei solchen Online-Kursen in der Regel gut ab, was natürlich auch daran liegt, dass die Prüfungen ebenfalls online absolviert werden und die entsprechenden Unterlagen und Skripte dabei zur Hand sein können. Eine wirkliche fachliche Qualifizierung gewährleistet dies noch lange nicht. Präsenzkurse dagegen werden in der Regel pro Institut und Region nur einmal jährlich angeboten und dauern auch schon mal sechs Monate, was die Präsenz der Teilnehmer als Mitarbeiter im Unternehmen deutlich reduziert.

Das Grundproblem der Branche ist allerdings gar nicht so sehr der Mangel an Ausbildungsangeboten, sondern eher das fehlende Interesse oder auch die geringe Bekanntheit des Berufsbildes. TV-Doku-Soaps wie „Mieten, Kaufen, Wohnen“ bei Super-RTL zeichnen ein eher unrealistisches Berufsbild und beschränken sich auf Darstellungen wie die des reinen Makelns, das angeblich zu schnellem Reichtum führt. Langfristig wirklich sinnvoll und effektiv wäre es aus meiner Sicht vor allem, wenn die in der Immobilienverwaltung tätigen Unternehmen sich stärker auf interne Ausbildungsangebote konzentrieren würden. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass sich das rentiert: Wir haben zurzeit sieben Auszubildende, und inzwischen ist mehr als die Hälfte unserer Stammbesetzung in unserem Unternehmen „groß“ geworden. Das ist sicherlich eine langfristige Investition und hilft den Betrieben, die jetzt qualifiziertes Personal ­brauchen, nur wenig.

Geeignete Kräfte finden

Ziel muss es also sein, Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen zu finden oder zu entwickeln, die auch geeigneten Quereinsteigern das nötige branchenspezifische Fachwissen schnell und qualitativ hochwertig vermitteln, ob betriebsintern oder extern. Wer für solche Qualifizierungsmaßnahmen infrage kommt, das hängt natürlich davon ab, wo gerade Bedarf besteht: Geht es um den kaufmännischen Bereich, Buchhaltung und Jahresabrechnung, dann bieten sich Angehörige aller kaufmännischen Berufe an, z. B. Bank- und Versicherungskaufleute, aber auch Menschen, die ein gutes Verhältnis zu Zahlen haben. Hier ist der Einstieg nicht schwer, und die Weiterbildung und Qualifizierung kann gut betriebsintern organisiert werden.

Werden Mitarbeitende für die ­Objektbetreuung gesucht, eignen sich auch Menschen mit einer handwerklichen Ausbildung, die beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen eine Umschulung zu Immobilienkaufleuten in Erwägung ziehen – mit offensichtlichem Gewinn für Verwaltungsunternehmen: Gelernte Handwerker kennen den Arbeitsalltag, bringen oft allein aufgrund ihres Lebensalters ein anderes Standing mit und können sich so auch später bei einer Eigentümerversammlung entsprechend selbstbewusst präsentieren. Zudem verfügen sie über ein gutes technisches Verständnis für die Aufgaben, die wir täglich zu bewältigen haben.

Vorzüge anderer Branchen

Darüber hinaus sind auch Mitarbeitende aus Hotellerie und Gastronomie gut geeignet für den Quereinstieg. Was sie auszeichnet, ist ihr hohes Servicebewusstsein und die Kundenorientierung, womit sie sich deutlich von vielen kaufmännischen Angestellten unterscheiden. In unserer Branche ist die Ausrichtung auf die Bedürfnisse und Anliegen der Kunden ein enorm ­wichtiger Faktor, zumal dann, wenn wir uns mit ­unserer Serviceorientierung gegenüber Mitbewerbern positionieren. Kunden erkennen es sehr schnell und ­wissen es zu schätzen, wenn wir uns von Problemen nicht abschrecken lassen, sondern Herausforderungen stets lösungsorientiert annehmen. Insbesondere für Bewerber aus der Hotellerie und Gastronomie sind selbst unsere Arbeitszeiten noch recht attraktiv. Sie scheuen keine Abendtermine, denn sie sind ganz ­anderes gewohnt. In unserer Branche sind immerhin die Wochenenden frei.

Zufriedene Mitarbeiter sind das beste ­Renommee

Bleibt noch die Frage: Wie finden Menschen mit solchem beruflichen Portfolio, die sich umorientieren möchten, in unsere Branche? Und wie gewinne ich sie just für mein Unternehmen? Es mag banal klingen, aber meine eigene Erfahrung zeigt mir immer wieder: Die besten Personal-Recruiter sind die Kolleginnen und Kollegen im eigenen Unternehmen! Wenn sie zufrieden sind, sich wohlfühlen, mitgestalten können und meine Wertschätzung wahrnehmen, dann sind sie die ersten Multiplikatoren, wenn es darum geht, neue Kollegen zu finden. Und das geschieht auf vielen Wegen: Durch direkte Hinweise im Freundes- und Bekanntenkreis, durch differenzierte Bewertungen auf Portalen wie kununu.com, in denen Arbeitnehmer ihre Arbeitgeber bewerten können, durch Teilnahme an Wettbewerben und Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung, in denen der Umgang mit Mitarbeitenden auf den Prüfstand kommt und auf diese Weise transparent wird.

Auch meine zweite Schlussfolgerung mag unspektakulär klingen, ist aber für die zukünftige Entwicklung unserer Branche der einzige Weg: Wir müssen langfristig unseren Nachwuchs selbst ausbilden! All zu oft höre ich von Verwalterkollegen das Klagelied vom mangelnden Personal, aber wenn ich frage: „Und wer von euch bildet aus?“, dann wird es still … Auszubildende müssen gut begleitet werden, sie fordern Aufmerksamkeit, Zeit und Energie im eigenen Unternehmen, aber sie helfen auch, immer wieder einen unverstellten Blick von außen zu bekommen, decken allein durch ihre Präsenz manche Schwachstelle auf und zwingen die „alten Hasen“, nicht bei gewohnten, eingefahrenen Mustern stehen zu bleiben, sich hinterfragen zu lassen und sich so weiter zu entwickeln.

Ich bin überzeugt: In ein paar Jahren gibt es nur noch zwei Arten von Unternehmen: Solche, die sehr gut mit ihren Mitarbeitern umgehen, und solche, die keine haben!

Foto: © Radachynskyi Serhii / Shutterstock.com


Hüttl, Thomas

Geschäftsführer der Contecta ­Immobilien­verwaltung GmbH