11.03.2020 Ausgabe: 1/20

Richtig abrechnen – und auch beschließen! Wie sieht sie aus, die richtige Jahresabrechnung nach § 28 WEG? Und welche Fallstricke birgt die Beschlussfassung darüber? So mancher Fall geriet schon vor Gericht.

Wie geht Jahresabrechnung heute? Diese Frage beantworten die Vorstandsmitglieder des VNWI Nordrhein-Westfalen Dr. Michael Casser und Astrid Schultheis im Beitrag „Musterabrechnung 2.0 für Wohnungseigentümergemeinschaften“ (erhältlich als Sonderdruck des VNWI, abgedruckt in ZMR 2017, 609 – 621) anschaulich und zutreffend (vgl. Niedenführ, FS Riecke, 2019, 321 ff.):

Der Bankkontenausweis darf sich nur/allein auf die Kontenbelege stützen. Eine Vermischung mit der Einnahmen-/Ausgaben-Entwicklung darf nicht erfolgen. Die Jahresabrechnung muss die Abrechnungsspitze ausweisen oder zumindest berechenbar machen. Sie errechnet sich wie folgt (vgl. AG Hamburg, Beschluss vom 8.6.2019, 22a C 73/18):

1. Ausgaben des Wirtschaftsjahres
2. abzüglich Einnahmen im engeren Sinne (Zinsen, Waschgelder, Mietein­nahmen)
3. abzüglich Soll-Wohngelder gemäß Wirtschaftsplan (ohne Rücklagenzu­führung)

Ein Vermögensstatus ist nach herrschender Meinung nicht Gegenstand der zu beschließenden Jahresabrechnung (vgl. jüngst LG Rostock, ZMR 2019, 793; a. A. Drasdo, FS Riecke, 2019, 73 ff.). Ohne gesonderte Vereinbarung ist der Verwalter auch nicht verpflichtet, innerhalb der Jahresabrechnung nach umlegbaren und nicht umlegbaren Kosten zu unterscheiden – selbst wenn vermietende Wohnungseigentümer dies gerne sehen.

Nach dem Beschluss über die Jahresabrechnung begrenzt sich der Anspruch auf Forderungen aus dem Wirtschaftsplan auf den in der Jahreseinzelabrechnung ausgewiesenen (niedrigeren oder höheren) Betrag (vgl. LG Frankfurt/M., ZMR 2019, 63).

Der Zweck der ­Jahresabrechnung
Die Darstellung der Jahresabrechnung muss die Wohnungseigentümer in die Lage versetzen, die Vermögenssituation der Gemeinschaft zu erfassen. Es muss klar dargestellt sein, was mit den eingezahlten Geldern geschehen ist, insbesondere ob sie entsprechend den Vorgaben des Wirtschaftsplans verbraucht worden sind. Da eine Jahresabrechnung aus sich selbst heraus verständlich sein muss, reicht es nicht aus, dass die Positionen vor der Beschlussfassung schriftlich vom Verwalter erläutert werden.

Bei den Ausgaben sind in der Abrechnung alle Beträge aufzuführen, die für das gemeinschaftliche Eigentum und die Verwaltung (ob berechtigt oder unberechtigt) aufgewendet worden sind. Instandsetzungskosten sind auch dann als Ausgaben zu berücksichtigen, wenn diese durch eine Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage finanziert worden sind (vgl. LG Dortmund, ZMR 2016, 221). Es muss für jede Einheit – auch bei Identität der Sondereigentümer – schon wegen der potenziell möglichen Zwangsversteigerung und des Privilegs von Hausgeld nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG eine separate Einzelabrechnung erstellt werden.

Jedenfalls bei Vorliegen einer vollständigen Jahresabrechnung (Gesamtabrechnung und Einzelabrechnungen) ist diese für den Wohnungseigentümer überprüfbar. Es ist allerdings umstritten, ob bei Fehlen der Einzelabrechnungen nur ein Ergänzungsanspruch besteht (so Becker in Bärmann, 14. Aufl., § 28 Rn. 168a; OLG München ZMR 2009, 64, 65) oder der Abrechnungsbeschluss insgesamt für ungültig zu erklären ist (so AG Reutlingen, ZMR 2016, 162). Ein Mangel, der sich nicht nur auf einzelne Positionen der Abrechnung bezieht oder auswirkt, führt zur Gesamtnichtigkeit des Abrechnungsbeschlusses (vgl. LG München I, ZMR 2017, 583).

Die Fallstricke der ­Beschlussfassung

Worauf ist nun bei der Beschlussfassung über die „richtige“ (s. o.) Jahresabrechnung – mit (oder ohne) Stellungnahme des Verwaltungsbeirats (vgl. § 29 Abs. 3 WEG) – zu achten?

Der Bestimmtheitsgrundsatz ist einer der wesentlichen Grundsätze des Wohnungseigentumsgesetzes. Schon um ihm zu genügen, muss für die Wohnungseigentümer zur Beschlussfassung erkennbar sein, in welcher Höhe sie mit dem Beschluss über die Jahresabrechnung (hier: Einzelabrechnungen) konstitutiv je Einheit eine (neue) Verpflichtung der einzelnen Wohnungseigentümer begründen (dazu Jacoby, ZWE 2011, 61).

Hieran fehlte es aber und damit wäre dem Beschluss eine hinreichende Bestimmbarkeit entzogen, wenn von der Beschlussfassung der Wohnungseigentümer lediglich die Summen der auf den einzelnen Eigentümer entfallenden Ausgaben erfasst wären. Insoweit würde sich nämlich die anspruchsbegründende Berechnung der Abrechnungsspitze (s. o.) erst aus einer vom Verwalter vorzunehmenden Berechnung ergeben, welche einer gerichtlichen Nachprüfung im Anfechtungsprozess entzogen wäre (vgl. LG Frankfurt/M., ZMR 2017, 663).

Da ein solcher Beschluss aus sich heraus verständlich sein muss, ist Vorsicht geboten, wenn unmittelbar vor der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung noch Änderungen erfolgten. Hier muss sich aus dem Beschluss selbst – ggf. durch Bezugnahme auf genau bezeichnete Dokumente – ergeben, welche Version (vgl. AG Hamburg-Altona, ZMR 2013, 568) mit welchem Inhalt Beschlussgegenstand sein soll.
Die Bestimmtheit eines Beschlusses über die Jahresgesamtabrechnung sowie die Einzelabrechnungen ist jedoch auch ohne (präzise) Bezugnahme (vgl. BGH ZMR 2016, 638) auf externe Dokumente gegeben, wenn vor dem Beschlussfassen keine Änderungen am Abrechnungswerk erfolgten, d. h. nur ein Abrechnungswerk vorlag und die Gesamtabrechnung sowie die den Adressaten betreffende Einzelabrechnung bereits mit der Einladung zugeschickt worden
waren.

Die Bestimmtheit eines Beschlusses über die Jahresabrechnung ist weiterhin auch dann ohne (präzise) Bezugnahme auf externe Dokumente gegeben, wenn zwar vor der Beschlussfassung Änderungen am Abrechnungswerk erfolgten, die Beschlussfassung deshalb aber bereits vertagt worden war und der Verwalter vor der Abstimmung durch ein ­Schreiben verdeutlicht hatte, dass die ursprüngliche Abrechnung durch die neuere Version ersetzt wurde, womit die ursprüngliche Abrechnung gar nicht mehr zur Abstimmung steht (LG Stuttgart, ZMR 2018, 451).

Eine Beschlussformulierung „ggf. noch vorzunehmende Korrekturen sind in der Jahresabrechnung … (des Folgejahres) vorzunehmen“ ist zu unbestimmt. Dies führt nicht nur zur Nichtigkeit des Korrekturvorbehalts, sondern zur Gesamtnichtigkeit des Abrechnungsbeschlusses. Wenn ein Abrechnungswerk des Verwalters – auch in den Augen der beschließenden Wohnungseigentümer, d. h. vor/bei der Beschlussfassung – noch nicht „entscheidungsreif“ ist, darf hierüber gar nicht beschlossen werden (vgl. LG München I, ZMR 2017, 89).

Ergibt sich aus einem Beschluss nicht, welchem Sondereigentum die in der Jahreseinzelabrechnung erwähnte Abrechnungsspitze zugeordnet werden soll, so ist der Beschluss zu unbestimmt und daher sogar nichtig (vgl. AG München, ZMR 2010, 325).

Es ist schon nicht mehr zeitgemäß, heute noch eine Hausgeldabrechnung „in der vorgelegten und erläuterten Form“ zu genehmigen. Zwar wird damit noch hinreichend klar gemacht, dass über die Jahresgesamtabrechnung und die Einzelabrechnungen Beschluss gefasst wurde. Es ist jedoch bei der Beschlussfassung zu berücksichtigen, dass ein Beschluss so bestimmt und klar formuliert sein muss, dass auch ein externer Dritter erkennen kann, was beschlossen/geregelt wurde.

Beim Beschluss über die Jahresabrechnung bedarf es entweder einer Bezugnahme (dazu BGH, ZMR 2016, 638) auf die dem Protokoll (Niederschrift) anliegende Gesamtabrechnung und die Einzelabrechnungen, oder die Abrechnung muss durch Datumsangabe präzise beschrieben werden (vgl. AG Dortmund ZMR 2016, 401).

Die Formulierung „die vorliegenden Jahresabrechnungen werden genehmigt“ genügt nicht dem Bestimmtheitserfordernis, wenn es Berichtigungsanträge gab oder/und sich dem Protokoll nicht eindeutig entnehmen lässt, welche Jahresabrechnungen den Eigentümern tatsächlich vorlagen.
Durch Einblick in die Niederschrift und Beschlusssammlung muss es jedem Wohnungseigentümer, auch dem, der bei der Beschlussfassung nicht zugegen war, ermöglicht werden, klar zu erkennen, was gilt (Elzer, WEG, 2. Aufl., vor §§ 23 – 25 Rn. 145).

Trennen, was nicht ­zusammengehört!

Unbedingt vermeiden sollte man, dass Wohnungseigentümer zugleich über die Jahresabrechnung und die Verwalterentlastung beschließen (AG Oldenburg, ZMR 2015, 891). Getrennte TOPs sind hier geboten. Dass die Abstimmenden übereinstimmend die subjektive Vorstellung hatten, zugleich mit der Entlastung auch die Jahresabrechnung zu beschließen, ist nicht ausreichend, da dies für einen Sondernachfolger anhand der Angaben im Protokoll nicht nachvollziehbar ist. Der umgekehrte Fall, nämlich die bloße Beschlussfassung über die Jahresabrechnung beinhaltet niemals zugleich eine Entlastung des Verwalters, die sich schon nicht auf das Abrechnungswerk beschränken sollte.

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Riecke, Dr. Olaf

Der Richter am AG Hamburg-Blankenese ist schwerpunktmäßig im WEG-, Miet- und Grundstücksrecht tätig.