19.04.2024 Ausgabe: 3/24

Roter Faden zur Energiewende

Die Ariadne-Analyse betrachtet, welches Heizsystem im Bestand wirtschaftlich und klimafreundlich ist. 

Zum Status quo: Die Energiekrise und der Streit um das Gebäudeenergiegesetz (GEG) haben die Entscheidung, für welche Heizungstechnologie, man sich entscheiden soll, unverhältnismäßig erschwert. Zu ungewiss sind die Parameter, die dazu in Betracht zu ziehen sind – geht es im Idealfall doch um einen Zeitraum von mindestens 20 Jahren. Das neue GEG und die flankierende Förderrichtlinie stehen zwar seit Januar 2024 fest, doch was die Wärmewende angeht, befindet sich Deutschland noch ganz am Anfang.

Viele Fachfirmen, Handwerker, Immobilienverwaltungen und Eigentümer sind noch immer verunsichert, was zu empfehlen ist, wenn der Heizungsaustausch in einem Bestandsgebäude ansteht. Deren Eigentümer/innen wissen nicht, ob in ihrem Haus etwa eine Wärmepumpe funktio­nieren würde, und wenn ja, zu welchen Bedingungen und wie hoch die Betriebskosten ausfallen. Die Kommunale Wärmeplanung steht vielerorts noch nicht. Darüber hinaus sind derzeit Prognosen zur Preisentwicklung der Brenn­stoffe und Wirtschaftlichkeit von Wärmepumpen schwierig.

Ziel der Ariadne Analyse

Das Kopernikus-Projekt Ariadne, dessen Förderer das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ist, will mit seiner Studie Hilfestellung zur Entscheidungs­findung geben. Im Rahmen des Projektes wurden Wirtschaftlichkeit und Klimawirksamkeit von Heizsystemen im Lichte sich verändernder Randbedingungen analysiert. Die Daten sollen als Grundlage zur Entscheidungsfindung oder als Ausgangspunkt für eine detaillierte Wirtschaftlich­keitsberechnung von realisierbaren technischen Lösungen sein. Die Analyse trägt den Namen: Heizkosten und Treib-hausgasemissionen in Bestandsgebäuden – Aktualisierung auf Basis der GEG-Novelle 2024.

Die Forschenden betrachten dabei aktuell anfallende Kosten für Kauf und Installation sowie die zu erwartenden Betriebskosten von Gas-Brennwertkesseln bei Nutzung von fossilem Gas, Biogas oder Wasserstoff, für Luft-Wärme­pumpen mit und ohne Nutzung einer eigenen Photovoltaik (PV)-Anlage, für Erdwärmepumpen, Pelletheizungen und Fernwärme. Dabei wurden zum einen Bestands-Einfamilienhäuser sowie -Mehrfamilienhäuser mit sechs Wohneinheiten betrachtet.

Ziel der Studie ist der transparente Vergleich der verschiedenen Technologieoptionen in Bezug auf Wirtschaftlichkeit und Klimawirksamkeit über den gesamten Lebenszyklus. Für Immobilienverwaltungen und -eigen-tümer/innen sind folgende Kernaussagen spannend:

Wärmepumpe und Fernwärme sind am wirtschaftlichsten

In Bestandswohngebäuden ist die Wirtschaftlichkeit der verschiedenen Heiztechnologien wesentlich vom CO2-Preis abhängig. Aufgrund des Brennstoffemissionshandels-gesetzes (BEHG) und des europäischen Trading Systems ETS II wird dieser ab 2027 deutlich steigen. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass der Einsatz von Wärme­pumpen angesichts der Preisentwicklung ökonomisch sinnvoll ist. Sowohl Wärmpumpen als auch Fernwärme sind die CO2-ärmsten Optionen für den Bestand.

In Mehrfamilienhäusern ist der Austausch des Heiz­systems tendenziell komplexer, vor allem wenn noch Etagenheizungen vorhanden sind. Die Studienautoren kommen zu dem Schluss, dass die zusätzlichen Kosten für die Umstellung eines Heizungs­systems auf zentrale Versorgung durch die Skaleneffekte bei den Investitionskosten der Wärmeerzeuger gegen­über Einfamilienhäusern kompensiert werden. Im nicht und teilsanierten Altbau sind jedoch höhere Heiz­temperaturen erforderlich, womit die Anforderungen an das Heizungssystem steigen. Dies kann zu höheren Verbrauchs­kosten führen oder eben zu höheren Investitionskosten, wenn eine energetische Sanierung in diesem Zusammen­hang sinnvoll ist.

Die Einzelfallprüfung und konkrete Berechnung der er-wartbaren Parameter einer Heizungsanlage kann durch die Studie nicht ersetzt werden. Sie deckt nicht den jeweiligen gebäudespezifischen Fall ab, sondern identifiziert vielmehr Trends für den Einsatz der Technologien. In unzureichend gedämmten Gebäuden empfiehlt sich ohnehin fast immer eine energetische Sanierung vor dem Umstieg auf eine neue Heizungsanlage – unabhängig von der Art der Befeuerung.

Strommix wird grüner

Die Analyse geht davon aus, dass die CO2-Intensität des Strommixes durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien perspektivisch sinken wird, was auch den Haushaltsstrom auf lange Sicht deutlich klimafreundlicher macht als Erdgas. Die Studie legt darüber hinaus nahe, dass auch die anteilige Nutzung von Wasserstoff oder biogenen Anteilen bei H2-ready-Gasheizungen die Emissionen nicht derart reduzieren können wird, um mit Wärmepumpen zu konkurrieren. Die CO2-Last der Fernwärme kann durch die Nutzung von Abwärme, Geo- oder Solarthermie und Großwärmepumpen gesenkt werden.

Die Analyse schlussfolgert auch, dass eine elektrische Wärmever­sorgung durch Wärmepumpen sich durch den Einbau eines PV-Systems auf dem Dach noch ökologischer, wirtschaft­licher und CO2-ärmer umsetzen lässt. An dieser Stelle ist jedoch zu erwähnen, dass die An­schaffungskosten für eine entsprechende PV-Anlage, die auch einen Speicher umfassen sollte, ebenfalls entsprechend hoch sind, zumal sie in den Wintermonaten, in denen der meiste Strom zur Wärme­erzeugung benötigt wird, weniger Energie produziert als im Sommer. Ob sich die Anschaffung einer solchen Anlage lohnt, sollte vorab gut durchgerechnet werden.

Lohnt sich der Wärmepumpentarif?

Beim Einsatz von Wärmepumpen ist das Messkonzept zu beachten. Verfügt sie über einen eignen Stromzähler, der zusätzliche Kosten verursacht, kann ein Wärmepumpen-tarif genutzt werden, der für Heizstrom günstiger ist als der für den Hausstrom. Im Einzelfall sind die Kosten für zusätzliche Zähler und deren Betrieb mit den Einsparungen durch den Wärmepumpentarif gegenzurechnen. Hierbei sollte jedoch auch beachtet werden, dass eine Wärme­pumpe in diesem Fall vom Netzbetreiber gesteuert für mehrere Stunden täglich abgeschaltet wird. Wie lange und wann, hängt vom Netzbetreiber ab. In der Praxis tut die Fremdabschaltung diesen Anlagen nicht gut und kann sich negativ auf ihre Lebensdauer auswirken, was in der Analyse nicht berücksichtigt wurde.

Vorgehen und Einschränkungen

Der mit der Studie angestellte Vergleich basiert auf An­gaben aus dem Jahr 2023 zu Investitionen in Heizsysteme in bestehenden Ein- und Mehrfamilienhäusern. Er bezieht die potenzielle Entwicklung des deutschen Energie- bzw. Wärmesystems hin zur Klimaneutralität im Jahr 2045 mit ein. Die dabei angenommenen Investitionskosten beruhen auf Angaben des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft, BDEW-Heizkostenvergleich Altbau 2021 (Mailach & Oschatz, 2021). Um der Preisentwicklung bis zur Erstellung der Studie Rechnung zu tragen, wurden diese Kosten (für alle Technologien einheitlich) mit der Entwicklung des Baupreisindex vom ersten Quartal 2021 bis zum zweiten Quartal 2023 für die Instandhaltung von Heiz- und zentralen Wassererwärmungsanlagen multipliziert (Statistisches Bundesamt, 2023). Insofern beruhen die Berechnungen auf mit Unsicherheiten be­hafteten Annahmen in Bezug auf die zeitliche Entwicklung und regionale Unterschiede, die sich beispielsweise aus dem lokalen Angebot an Handwerksbetrieben er­geben. Es gilt zu beachten, dass die exakte Vorhersage langfristiger Trends unmög­lich ist. Allerdings erlaubt die Studie eine Analyse der Wirtschaftlichkeit und Klimawirksamkeit auf Basis der angenommen Werte.

Das Kopernikus-Projekt Ariadne

Vollständiger Name: Ariadne – Evidenzbasiertes Assessment für die Gestaltung der deutschen Energiewende

Ziel: Aufzeigen von Möglichkeiten zur Erreichung der Klimaschutzziele

Vorgehen: In einem ressortübergreifenden Lernprozess, in den sich Vertreter aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft einbringen, sollen Perspektiven und Optionen zur Gestaltung der Energiewende erarbeitet werden. Unter dem Slogan „Der rote Faden durch die Energiewende“ geht es darum, diversen Akteuren aller Ebenen relevante Kenntnisse zur Orientierung bereitzustellen. So soll fort­laufend ein Gesamtbild des Status quo der Energiewende entworfen werden, das sowohl Technologien und Instrumente als auch regulatorische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen mit abbildet. In diesen Prozess sind Politiker und Bürger sowie Stake-holder über einen gemeinsamen Lernprozess eingebunden. Die Studie steht hier zum Download: https://ariadneprojekt.de/media/2024/01/Arianda-Analyse_HeizkostenEmissionenGebaeude_Januar2024.pdf 

Christina, Bicking

Referentin Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit
VDIV Deutschland