05.03.2021 Ausgabe: 1/21

Sinkt das Angebot, steigen die Preise - Wie sinnvoll ist es, die Umwandlung von Miet- in ­Eigentumswohnungen gesetzlich zu beschränken?

Am 4. November 2020 hat das Bundeskabinett den Entwurf für das Baulandmobilisierungsgesetz im Rahmen der geplanten Novelle des Baugesetzbuches beschlossen. Darin enthalten ist auch ein Genehmigungsvorbehalt für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, der kurz zuvor nach Protesten der CDU-Fraktion im Bundestag ersatzlos gestrichen worden war. Wo künftig eine Genehmigung für die Umwandlung einer Miet- in eine Eigentumswohnung einzuholen ist, sollen die Landesregierungen per Rechtsverordnung bestimmen.

Herr Dr. Luczak, wie stehen Sie zu dem politisch durchaus umstrittenen Schritt, über das Baulandmobilisierungsgesetz künftig die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen erheblich einzuschränken?
Ich halte das für ein falsches Signal. Deutschland ist bei der Eigentumsquote bereits heute Schlusslicht in Europa. Dabei ist der Traum vom Eigenheim für viele Menschen auch hierzulande ein großer Wunsch, das zeigt nicht zuletzt der große Erfolg des Baukindergeldes. Vier von fünf Deutschen haben diesen Traum, aber zu wenige können ihn verwirklichen.

Wir sollten daher die Eigentumsbildung insbesondere für junge Familien stärker fördern und es ihnen ermöglichen, sich den Traum von den eigenen vier Wänden zu erfüllen. Das Umwandlungsverbot verhindert aber genau das, weil sich dadurch das Angebot an Eigentumswohnungen weiter verringert. In der Folge steigen die Preise, und noch weniger Menschen können sich ein Eigenheim leisten. Eigentumsbildung wird so erschwert, Mietersein zementiert und der Traum vieler zum Zerplatzen gebracht. Das passt mit unserer Politik, die Bildung von Eigentum zu fördern, nicht zusammen, sondern ist kontraproduktiv. Wir können nicht beim Baukindergeld viele Milliarden Euro in die Hand nehmen, auf der anderen Seite aber das Entstehen von Eigentumswohnungen verbieten. Das ist widersprüchlich und kostet Glaubwürdigkeit.


In der Vergangenheit haben vielfach Mieter ihr Vorkaufsrecht genutzt, um im Rahmen der Umwandlung Wohneigentum zu erwerben und so einen wichtigen Beitrag zu ihrer privaten Altersvorsorge zu leisten. Sind Missstände bekannt, die eine solche Regelung rechtfertigen, oder ist die Entscheidung für ein Umwandlungsverbot eher von Stimmungen getragen denn von Analysen?
Viele Befürworter des Umwandlungsverbots spielen mit den Ängsten der Menschen vor Verdrängung. Das ist politisch durchschaubar und am Ende zynisch. Richtig ist, dass im Falle einer Umwandlung der Kündigungsschutz für Mieter nicht etwa sinkt, sondern im Gegenteil: er steigt. In Berlin beispielsweise ist eine Eigenbedarfskündigung in Milieuschutzgebieten für mindestens zehn Jahre ausgeschlossen. Und auch danach kann nicht etwa ohne Weiteres wegen Eigenbedarfs gekündigt werden. Es greift das reguläre Rechtsregime, der Eigentümer muss Eigenbedarf anmelden, nachweisen und gegebenenfalls gerichtlich durchsetzen. Gerichte sind zum Schutze der Mieter dabei zu Recht streng.

Viele umgewandelte Eigentumswohnungen sind zudem Teil privater Altersvorsorge, die auf den Einnahmen aus der Vermietung dieser Wohnungen basiert. Diese Wohnungen werden also gerade nicht selbst genutzt, sondern weiter vermietet. Der Vermieter hat also gar kein Interesse, die Wohnung zu kündigen, sondern ist im Gegenteil an einem langfristigen und stabilen Mietverhältnis interessiert. Die Gleichung, Umwandlung bedeutet Kündigung und Verdrängung, geht daher nicht auf.

Außerdem haben Mieter im Falle der Anwendung die Möglichkeit, ihr gesetzlich verankertes Vorkaufsrecht auszuüben. Da vermietete Wohnungen in aller Regel preisgünstiger sind als unvermietete, kann dies eine gute Gelegenheit zur Eigentumsbildung für Mieter sein. Diese Chance wird den Menschen durch das Umwandlungsverbot genommen. Das finde ich auch aus Mietersicht problematisch, weil diese sich ihren Traum von den eigenen vier Wänden im angestammten Wohnviertel nicht mehr erfüllen können.

Laut IW Köln ist die Wohneigentumsbildung aufgrund der niedrigen Zinsen häufig mit geringeren Wohnkosten verbunden als das Wohnen zur Miete. Für die breite Bevölkerung sind neu errichtete Eigentumswohnungen allerdings oft finanziell nicht tragbar. Teilen Sie die Einschätzung des VDIV Deutschland, dass durch ein Umwandlungsverbot weniger erschwingliches Wohneigentum am Markt sein wird?
Das ist definitiv so. Denn das Umwandlungsverbot trifft ja genau das Angebot an Bestandswohnungen, die gegenüber neu errichteten Eigentumswohnungen erschwinglicher sind. In der Folge werden weniger Eigentumswohnungen zum Kauf angeboten. Es ist ein einfacher marktwirtschaftlicher Mechanismus: Sinkt das Angebot, steigen die Preise. Schon heute können sich viele Menschen, gerade in Ballungsgebieten und großen Städten, Eigentum nur noch sehr schwer leisten. Das sollten wir nicht noch zusätzlich erschweren.

Statt Verbotsdebatten zu führen und Eigentumsbildung zu konterkarieren, sollten wir besser ein Programm auflegen, das mehr Mieterinnen und Mieter in die Lage versetzt, ihre Wohnung zu kaufen. Das ist besser, als die Entstehung von Eigentum zu verbieten. Im Falle der Umwandlung haben Mieter ein Vorkaufsrecht. Sie haben also die Chance zur Bildung von Wohneigentum. Das sollten wir gezielt – etwa durch Eigenkapital ersetzende Darlehen – fördern und unterstützen. Ich bin im Übrigen sehr dafür, dass auch die Länder ihre Verantwortung wahrnehmen und nicht weiter an der Preisspirale bei der Grunderwerbsteuer drehen. Wir als Union setzen uns für einen familienfreundlichen Freibetrag beim Ersterwerb selbstgenutzten Wohneigentums ein. Das würde vielen Menschen helfen, über die Hürde des fehlenden Eigenkapitals zu kommen. Leider warten wir hier immer noch auf Vorschläge von SPD-Finanzminister Scholz, obwohl wir das im Koalitionsvertrag verankert haben.


Wie schätzen Sie die Chance ein, dass das Umwandlungsverbot im weiteren parlamentarischen Verfahren doch noch fällt?
An meiner Kritik hat sich nichts geändert. Auch viele Kolleginnen und Kollegen in der Unionsfraktion teilen diese Kritik. Uns geht es sehr grundsätzlich darum, Eigentumsbildung nicht zu erschweren. Deswegen ist für mich klar, dass die Regelungen zum Umwandlungsverbot nicht so bleiben können wie sie sind. Wir werden im parlamentarischen Verfahren klären müssen, wie wir Eigentumsbildung weiter fördern und ermöglichen und gleichzeitig die Ängste von Mietern vor Verdrängung ernst nehmen können.


Dr. Jan-Marco Luczak
Der WEG- und Mietrechtsexperte Dr. Jan-Marco Luczak ist Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Recht und Verbraucherschutz. Seit 2009 ist er Mitglied des Deutschen Bundestages und wurde im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg direkt gewählt. In diesem Wahlkreis wird er im kommenden Jahr erneut als Direktkandidat für seine Partei um den Einzug in den Bundestag kämpfen und dabei gegen Kevin Kühnert, SPD, und Renate Künast, Bündnis 90/Die Grünen, antreten. Gemeinsam mit Sebastian Steineke als zuständigem Berichterstatter verhandelte Jan-Marco Luczak für die Unionsfraktion im Deutschen Bundestag die jüngst in Kraft getretene Reform des Wohnungseigentumsgesetzes.


Foto:Zum Interview empfing Dr. Jan-Marco Luczak Martin Kaßler in seinem Büro.
Yves Sucksdorff,  www.luczak-berlin.de


Kaßler, Martin

Geschäftsführer des VDIV Deutschland