10.03.2022 Ausgabe: 2/22

Smarter Bau mit smartem Zugang - In Berlin-Grünau entsteht das ökosoziale Vorzeigeviertel „Quartier 52° Nord“. Ein Meilenstein ist „The View“ mit neuartigem Zutrittssystem.

Hier wird nachhaltig gebaut: In Grünau entwickelt die Vonovia-Tochter Buwog, Berlins größter privater Wohnimmobilienentwickler, ein ehemaliges Industriegelände zum „Quartier 52° Nord“. Rund 700 Wohnungen sind auf dem 100.000 Quadratmeter großen Areal bereits entstanden. Bis zum Jahr 2024 sollen es 1.000 Wohnungen und 2.000 Bewohner werden. Mitte 2021 wurde der
architektonisch auffallendste Bauabschnitt fertiggestellt: „The View“ mit drei Einzelgebäuden am Dahme-Ufer. Zentrum ist das fünfgeschossige Haus 2. Breite „schwebende“ Stege und schräg gestellte Säulen führen Wohnungen und Wasser zusammen. Sie sind einerseits Erschließungselemente zu den Wohnungen, andererseits Freiraum für Kommunikation mit Nachbarn und zum
Verweilen mit Wasserblick.


Ein besonderes Zutrittssystem für ein besonderes Gebäudekonzept
Wer im Freien entspannt, möchte ungern Besuchern die Tür öffnen. Bei der Planung der technischen Gebäudeausstattung für den Komplex fiel die Wahl daher auf das Zutrittssystem des Aufzugherstellers Kone, der die überwiegende Zahl der Lifte im Quartier installiert hat. „Residential Flow“ bringt per App die Videogegensprechanlage des Gebäudes auf die Smartphones der Bewohner. Damit können sie Besuchern die Haustür öffnen, den Aufzug ins Erdgeschoss schicken und dabei die richtige Etage für die Fahrt nach oben voreinstellen. Zugleich macht die App das Smartphone zum Haustürschlüssel: Mit dem Öffnen der Haustür wird automatisch der Aufzug ins Erdgeschoss gerufen und die Zieletage eingestellt. Über eine Sonderlösung hätten sich auch die Wohnungstüren integrieren lassen.

Auch ein digitales Schwarzes Brett ist Teil des Systems: Bildschirme in den Aufzügen und in den Eingangsfluren ersetzen die üblichen Aushänge. Mitteilungen können aber auch direkt auf die Smartphones der Bewohner gespielt werden – zentral gesteuert durch die WEG-Verwaltung, die über das System auch die digitalen Schlüssel und die Zugangsrechte verwaltet. „Zieht jemand aus, können wir den Zugang komplett sperren. Ebenso wenn jemand seinen RFID-Schlüssel verliert, der alternativ zur Smartphone-App genutzt werden kann“, erklärt Sabine Grodd von der Verwaltung der Vonovia Immobilien Treuhand.


Vom Industrieareal zum maritimen Wohngebiet
Bis zur Fertigstellung von „The View“ war es ein weiter Weg: Erst musste das nach jahrelanger Chemieproduktion kontaminierte Gelände aufwendig saniert werden, bevor 2015 die erste Grundsteinlegung erfolgte. 2017 wurden die ersten Wohnungen bezogen. Die übergreifende Steuerung der Quartiersentwicklung übernimmt ein Buwog-Team. Der Einsatz des Unternehmens für Nachhaltigkeit und gestalterische Qualität brachten ihm 2020 den Preis „Ausgezeichneter Wohnungsbau“ ein. Knapp zwei Drittel der Wohnungen sind Eigentum, ein Drittel sind Mietobjekte, nach ihrer Fertigstellung im Vonovia-Bestand.


Eine Schwammstadt, energieeffizient und grün
Die Gebäude, teilweise in Holz-Hybrid-Bauweise, entsprechen vielfach dem KfW-40-Standard und erhalten Wärme aus dem quartierseigenen, vorrangig mit Biogas betriebene Blockheizkraftwerk. Eine Besonderheit ist das große Wasserbecken. Es ist Teil des Schwammstadt-Konzepts, das dem Quartier 2020 den Award Deutscher Wohnungsbau einbrachte. Das Becken nimmt einen Großteil des Regenwassers von den Gebäuden auf und lässt es kontrolliert verdunsten. Der Rest versickert in Rigolen und Mulden. Nur bei Starkregen fließt Regenwasser in die Kanalisation oder die Dahme.

Züchner, Oliver

Fachjournalist, Hannover