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Die Nutzung von Batteriespeichern in Mehrparteienhäusern gestaltet sich bislang schwierig. Ein Forschungsprojekt sucht nach praktikablen Möglichkeiten.
In Eigenheimen sind Batteriespeicher im Verbund mit einer Photovoltaikanlage dank sinkender Investitionskosten seit Jahren auf dem Vormarsch. In den rund 20 Millionen Mietwohnungen in Deutschland sind Photovoltaikanlagen und erst recht Speicher noch immer Ausnahmeerscheinungen, weil die Hürden dafür zu hoch und viele Fragen nach wie vor offen sind.
Das soll sich in den nächsten Jahren ändern. Helfen soll das von der naturstrom AG koordinierte Forschungsprojekt MELANI, kurz für Mehrfach genutzte Energiespeicher im MehrfamiLienhAus Nachhaltig Integrieren. Es soll eruieren, wie sich ein gemeinsam bewirtschafteter Stromspeicher so effizient wie möglich nutzen lässt.
Ort der im August 2023 begonnen Feldphase ist ein Neubau-Quartier in der Bielefelder Holbeinstraße. Die vier dort entstandenen Mehrparteienhäuser bieten ideale Bedingungen: Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 94 Kilowatt peak sind als Mieterstromkraftwerk installiert, und je zwei Gebäude teilen sich einen 67 Kilowattstunden großen Batteriespeicher.
Zwei Häuser nehmen als MELANI-Häuser aktiv an dem Forschungsprojekt teil, bei dem die Bewohnerinnen und Bewohner über ein von naturstrom eigens entwickeltes Web-Portal ihren Stromverbrauch jederzeit einsehen können. So sind die Haushalte stets darüber informiert, ob sie ihren Strom gerade aus der Photovoltaikanlage, dem Speicher oder aus dem öffentlichen Netz beziehen – und können ihr Nutzungsverhalten entsprechend anpassen. Das lohnt sich wegen der unterschiedlichen Kosten: Der primär genutzte Solarstrom direkt vom Dach des Gebäudes ist am günstigsten, Netzstrom, der bezogen wird, wenn die Sonne nicht scheint und der Speicher leer ist, am teuersten.
Im Forschungsprojekt geht es noch um eine weitere Besonderheit: Die angeschlossenen Haushalte können über das Web-Portal auch ihnen zustehende Anteile an Photovoltaikanlage und Batteriespeicher gegen eine Leihgebühr untereinander handeln. Ihr ökologisches und netzdienliches Verbrauchsverhalten wird so konkret wirtschaftlich belohnt. Modellierungen zufolge könnte ein durchschnittlicher Zweipersonenhaushalt durch effektive Speicher- und Solarstromnutzung sowie den Handel gegenüber der Vergleichsgruppe etwa 100 Euro im Jahr sparen.
Die Möglichkeiten dieser individuellen Bewirtschaftung des gemeinsamen Speichers sind Kern des Forschungsprojekts. In den beiden Häusern, die als Vergleichsgruppe fungieren, ist dies nicht möglich; der Speicher wird zentral gesteuert, und der angebotene Mieterstromtarif hat wie üblich einen festen Arbeitspreis, der keine Anreize zur Verbrauchsanpassung bietet.
Welche Chancen die individuelle Bewirtschaftung von Batteriespeichern auch in Mehrfamilienhäusern bietet, liegt auf der Hand. Um sie zu nutzen, müssen allerdings zahlreiche Hürden genommen werden. Eine besondere Herausforderung liegt darin, dass jederzeit exakt zu bestimmen und abzurechnen sein muss, welche Strommenge von welcher Wohnpartei aus der lokalen Photovoltaikan-lage, dem Speicher oder dem öffentlichen Netz bezogen wird. Damit nicht genug, die Daten müssen auch so erhoben werden, dass sie anderen Marktteilnehmern zur Verfügung stehen. Nicht nur der Netzbetreiber, sondern auch andere Stromversorger müssen darauf zugreifen können, weil die Haushalte ihren Anbieter nach wie vor frei wählen können. Zentrales Ziel von MELANI ist es daher, auch Lösungen zu entwickeln, die den strengen eichrechtskonformen Vorgaben entsprechen.
Zu diesem Zweck entwickelten das elenia Institut für Hochspannungstechnik und Energiesysteme der TU Braunschweig und die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) spezielle intelligente, digitale Messtechniken: Physikalisch gemessen werden hierbei zum einen der individuelle Strombezug der Wohnparteien, zum anderen die Solarstromerzeugung, die Ein- und Ausspeicherung der Batterie sowie der Strombezug aus dem öffentlichen Netz für das Gesamtgebäude. Mithilfe dieser Werte berechnet das Energiemanagementsystem drei virtuelle Zählerstände für die jeweiligen Stromqualitäten. So kann sekundengenau festgestellt werden, woher der Strom gerade stammt und welche Kosten für die Haushalte anfallen.
Ermöglicht wird das Forschungsprojekt durch die enge Kooperation namhafter Projektpartner. Neben Ökostrom-anbieter naturstrom, dem elenia Institut und der PTB gehört auch Photovoltaik-Spezialist SMA dazu. Unterstützt wird das vom Bundeswirtschaftsministerium geförderte Projekt außerdem auch vom VDIV Deutschland sowie vom GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen.
Schon heute ist klar, dass das Stromsystem sowohl auf Erzeugungs- als auch auf Nutzerseite flexibler werden muss. MELANI geht hier einen wichtigen Schritt und bietet den Bewohnerinnen und Bewohnern in der Holbeinstra-ße einen ersten Einblick in die Praxis des angepassten Nutzungsverhaltens.
Mit Erkenntnissen aus der Feldphase wird Ende 2024 gerechnet. Dann werten die Forschungspartner die erhobenen Daten und Ergebnisse aus und erarbeiten Empfehlungen, wie Batteriespeicher sowohl für Bewohnerinnen und Bewohner als auch für Energieversorger und die Immobilienwirtschaft am besten in Mehrfamilienhäuser integriert werden können.
Leiterin Urbanes Wohnen & Gewerbe naturstrom AG, Vorstandsmitglied Verband für Energiedienstleistungen, Effizienz und Contracting, vedec www.naturstrom.de