21.04.2015 Ausgabe: 3/2015

Sonderfall München

Auch die Münchner Entwässerungssatzung sah vor, dass private Abwasserleitungen bis spätestens 31.12.2015 erstmals zu prüfen seien. Die Vollversammlung des Stadtrates beschloss allerdings 2013, die Fristen zu streichen. Was steckt dahinter? Stadtrat Marian Offman im Interview.

Herr Offman, wie kam es dazu, dass man in München gegen die Fristsetzung aktiv wurde?
Im März 2012 wurde vom Innenministerium eine neue bayerische Muster-Entwässerungssatzung veröffentlicht. Die Vorschriften zur Dichtigkeitsprüfung wurden darin erheblich gelockert. Insbesondere gibt es keine Pflicht, die Prüfung, wie in der Münchner Satzung vorgeschrieben, zum 31.12.2015 festzulegen. Da Siedlervereine und Hausverwaltungen wegen der großen Schwierigkeiten und einer großen Verunsicherung ob der Möglichkeiten, den festgesetzten Termin bis Ende 2015 einzuhalten, auf uns zugekommen sind, hat am 9.10.2012 die CSU-Fraktion beantragt, für die Dichtigkeitsprüfung eine bürgerfreundliche Übergangsfrist nach 2015 festzulegen. In einer Vorlage für den Stadtentwässerungsausschuss vom 16.4.2013 unterbreitete die Referentin erfreulicherweise den Vorschlag, die Erstprüfungsfrist zum 31.12.2015 samt Wiederholungsfrist von 20 Jahren bis auf weiteres ersatzlos zu streichen. Der Stadtrat folgte dieser Vorlage.

Auf welcher rechtlichen Grundlage basierte die Satzungsänderung?
Rechtliche Grundlage war die vom bayerischen Innenministerium erlassene Muster-Entwässerungssatzung, welche eine Prüfungspflicht bis zu einem festgelegten Zeitpunkt nicht mehr vorschreibt.

Welche sachlichen Argumente gab es dafür?
Hausverwaltungen und Hauseigentümer waren mit dieser Terminsetzung völlig überfordert. Zudem mangelte es an der erforderlichen Zahl qualifizierter Fachfirmen für die Dichtigkeitsprüfung und in der Folge natürlich für die Kanalsanierungen. Zudem fehlten im Baureferat die Personalkapazitäten, um zu kontrollieren, ob man wirklich bei allen Häusern die Hausanschlusskanäle bis 2015 überprüft hätte. Tatsächlich geht es darum, an die Eigenverantwortlichkeit von Hauseigentümern zu appellieren.

Ist die Auflage zur Dichtigkeitsprüfung für Eigentümer damit generell aufgehoben, und gibt es Ausnahmen, in welchen Fällen?
Natürlich ist die Auflage nicht aufgehoben. Es sollte unbestritten das Anliegen aller Hauseigentümer sein, dass Abwasser nicht vorschriftswidrig ins Grundwasser gelangen. Deshalb sind Hauseigentümer verpflichtet, die Leitungen stets in baulich gutem Zustand und vollkommen betriebsfähig zu halten, in einer Weise, dass eine ordnungsgemäße Ableitung des Abwassers stets gewährleistet ist. Deshalb werden in München auch nach wie vor unter gewissen Umständen Dichtigkeitsnachweise behördlich vorgeschrieben. Bei neu hergestellten oder bearbeiteten Leitungen, bei Leitungen mit gewerblichen Abwässern, in Wasserschutzgebieten und dann, wenn bei Hausanschlusskanälen im Rahmen der Untersuchung des städtischen Kanals Schäden festgestellt wurden.

Welche Konsequenzen hat die Satzungsänderung für Eigentümer, und was ist zu empfehlen?
Zunächst gibt es für die Hauseigentümer keine behördlich vorgeschriebenen Fristen für die Kanalsanierung mehr. Dennoch kann im Zusammenhang mit der Überprüfung von Stadtkanälen die Stadtentwässerung Schäden am Hausanschlusskanal feststellen und sehr kurzfristig deren Beseitigung verlangen. Deshalb sollte gerade bei älteren Häusern und bei möglichen Hinweisen auf eine Undichtigkeit eine Dichtigkeitsprüfung erwogen oder beschlossen werden.

In vielen älteren Häusern wird nach wie vor Niederschlagswasser in das Abwassersystem eingeleitet. Dieses ist in München bei Neubauten satzungsrechtlich nicht zulässig. Altbauten genießen mit Einschränkungen Bestandsschutz. Im Zuge einer baulichen Änderung des Abwassersystems im Haus wäre auch der Hausanschlusskanal zu überprüfen.

Illustration: © tovovan / Shutterstock.com


Offman, Marian

Der Geschäftsführer einer mittelständischen Hausverwaltung mit dem Schwerpunkt auf WEG-Verwaltung ist seit 13 Jahren im Münchner
Stadtrat. Als sozial- und energiepolitischer Sprecher
der CSU befasst er sich vorwiegend mit Sozial- und Kulturpolitik und widmet sich darüber hinaus Themen
aus dem Bereich der Immobilienverwaltung.