03.06.2014 Ausgabe: 4/2014

Stimmrechtsausschluss eines Wohnungseigentümers beim Rechtsstreit gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft

Der Kläger war Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft, die er als Verband gerichtlich auf Zahlung von ca. 30.000,00 Euro in Anspruch nahm. Die Wohnungseigentümer berieten auf einer Eigentümerversammlung, wie seitens der Eigentümergemeinschaft auf die Klage reagiert werden sollte. Dabei beschlossen die Wohnungseigentümer, den Kläger „von dem Stimmrecht auszuschließen“. Außerdem beschlossen sie, sich gegen die Zahlungsklage zu verteidigen und einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Die Verwaltung wurde beauftragt, dem Anwalt eine Prozessvollmacht zu erteilen. Die Nein-Stimme des Klägers wurde bei der Beschlussfassung nicht gewertet. Der Kläger focht diese Beschlüsse an.

Die Meinung des Gerichts

Die Klage wurde in allen Instanzen abgewiesen. Auch der BGH schloss sich dieser Auffassung an.
Das Gericht bejahte in entsprechender Anwendung von § 25 Abs. 5 WEG den Stimmrechtsausschluss des Klägers bei der Beschlussfassung. Zwar wird die Klage eines Wohnungseigentümers gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband nicht unmittelbar vom Wortlaut der Vorschrift umfasst. In derartigen Fällen ist aber kein wesentlicher Unterschied zu den in § 25 Abs. 5 WEG geregelten Fällen einer Interessenkollision erkennbar, sodass die Vorschrift entsprechend angewendet werden muss. Anderenfalls droht die Gefahr, dass eine interessengerechte Klärung des Rechtsstreits erschwert oder verhindert wird. Daher scheidet die Beteiligung des gegen die WEG klagenden Eigentümers an der Abstimmung über alle Beschlussgegenstände aus, die verfahrensbezogene Maßnahmen betreffen. Er kann daher bei Beschlüssen über die Einleitung des Rechtsstreits, die Art und Weise der Prozessführung und die Frage einer Verfahrensbeendigung nicht mit abstimmen.

Dokumentation: BGH, Urteil vom 06.12.2013 – V ZR 85/13 = IMR 2014, 164

Ratschlag für den Verwalter

Wird eine Wohnungseigentümergemeinschaft durch eines ihrer Mitglieder gerichtlich belangt, hat der Verwalter bei der Abstimmung Vorsicht walten zu lassen. Das Stimmrecht des betroffenen Eigentümers ist ausgeschlossen, dies gilt auch im Vertretungsfall. Auch wenn der Eigentümer bei der Beschlussfassung mitwirkt, darf der Versammlungsvorsitzende seine Stimme nicht mitzählen. Zählt er die Stimme mit, kann der Beschluss im Wege der Anfechtungsklage für ungültig erklärt werden, wenn ohne die Stimme keine Mehrheit zustande gekommen wäre. Zu beachten ist jedoch, dass § 25 Abs. 5 WEG nur das Stimmrecht ausschließt. Sein Teilnahme-, Rede- und Antragsrecht wird durch den Stimmrechtsausschluss nicht berührt.

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Schiesser, Dr. Susanne

DR. SUSANNE SCHIESSER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner in der Kanzlei „ Sibeth Partnerschaft Rechtsanwälte Steuerberater“.