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Kommentar zur ersten Lesung des Gesetzentwurfes zur Zulassung virtueller Eigentümerversammlungen im Deutschen Bundestag
Am 18. Januar 2024 kam es zur ersten Lesung des Gesetzentwurfes im Deutschen Bundestag. Kurz vor Mitternacht wurde der TOP 27 aufgerufen. Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann MdB ließ es dabei nicht nehmen, den Entwurf seines Hauses vorzustellen und für dessen Umsetzung zu werben. Erfreulich war ebenso, dass neben FDP und B90/Die Grünen auch CDU/CSU und Die Linke den Entwurf begrüßen.
Die SPD hingegen lehnt den Entwurf ab, wie auch die AfD. Statt einer Dreiviertelmehrheit Zustimmung zur virtuellen Versammlung regen sie ein Recht auf digitale Teilhabe an, was bedeutet, wenn auch nur ein einzelner Eigentümer online daran teilnehmen möchte, wird aus der Präsenzversammlung immer eine hybride Versammlung. Vom enormen Abstimmungsbedarf für jede Versammlung im Vorfeld einmal abgesehen, müsste jeder Versammlungsort über eine belastbare Internet-Infrastruktur verfügen und Gemeinschaften die zusätzlichen Kosten für den Aufwand der Vorbereitung, Technik, Moderation etc. tragen. Ist das Praktikabel? Nein! Weder wollen Eigentümer diese Kosten tragen, noch wird sich überall ein entsprechend schnelles Internet bereitstellen lassen. Im Büro der Verwaltung ist dies aber ohne Weiteres möglich – und heute schon vorhanden. Man stelle sich einmal vor, was passiert, wenn der Verwalter den Kneipenwirt fragt, ob dieser im Hinterzimmer, in dem die Versammlung seit 25 Jahren stattfindet, nun derartiges anschafft, weil ein einzige Eigentümer dieses Recht in Anspruch nimmt. Hat man in Teilen der Regierung immer noch nicht begriffen, dass auch wir einen eklatanten Fachkräftemangel beklagen und schlichtweg keine Lust haben, über steigende Versammlungskosten, die wir nicht zu verantworten haben mit den Eigentümern ins Feld zu ziehen? Oder übernimmt die SPD gar die stumpfe Polemik von Wohnen im Eigentum, wonach ältere und finanzscwächere Eigentümer über kein Internet verfügen und damit von der Versammlung ausgeschlossen werden?
Die SPD wäre gut beraten, diese Ansicht aufzugeben. Die Vorteile der virtuellen Versammlung liegen auf der Hand: Zeit- und Kostenersparnis, umweltschonend, schnelle Abstimmungsprozesse usw. Sofern man meint, ältere Menschen vor dem Internet schützen zu müssen, sollte man sich erst mal die Frage beantworten, wie es gelingen kann, die klimapolitischen Herausforderungen zu lösen. Im Hinblick auf einkommensschwache Eigentümer stellen sich künftig ganz andere Fragen als ein Internetanschluss. Bei Mehrheitsbeschlüssen bspw. zur Sanierung am Gemeinschaftseigentum müssen alle Eigentümer mitfinanzieren. Der Fokus sollte daher eher darauf liegen, wie gewährleistet wird, dass niemand deswegen seine Wohnung veräußern muss. Verlässliche Förderprogramme – damit könnte man sich profilieren!
Aber vielleicht hält man es zunächst mit der Berichterstatterin von B90/Die Grünen, Canan Bayram MdB. Sie führte nämlich Folgendes aus: „Doch was ist mit den Bedenken, es könnten Eigentümer ohne Online-Anschluss nicht teilnehmen? Nun, bei Lichte betrachtet, scheint es in heutigen Zeiten doch sehr unwahrscheinlich zu sein, dass eine Person zwar über eine Eigentumswohnung verfügt, aber keinerlei Möglichkeiten hat, an einer Versammlung im Internet teilzunehmen. Auch bedingt durch die Pandemie haben in Deutschland fast alle Menschen einen eigenen Internetanschluss oder doch zumindest Gelegenheit, auf einen Anschluss Zugriff zu bekommen.“
Es kann nur darum gehen, zukünftig die Handlungsfähigkeit von Gemeinschaften zu stärken, dem Fachkräftemangel zu begegnen und die Umsetzung von Gesetzen zu gewährleisten. Das ist dringend notwendig, schaut man sich einmal an, wie viele Gemeinschaften schon heute keine Ver-waltung mehr finden. Das virtuelle Versammlungs-format als eine weitere Option trägt dem Rechnung. Es ist nachhaltig, spart Zeit und Kosten und bietet eine größere Teilhabe als bisher – ob als Ersatz für die Präsenzversammlung oder als zusätzliches unterjähriges Abstimmungstool. Das digitale Zeitalter hat längst begonnen!
Ich kann nur hoffen, dass Vernunft und Praxis über populistische und ideologische Bedenken siegen. Alles entwickelt sich, so auch die virtuelle Versammlung. Man sollte nun ausreichend Vertrauen in unsere Rechtsprechung haben.
Geschäftsführer des VDIV Deutschland