02.08.2021 Ausgabe: 4/21

Tiefgaragensanierung - Mit professioneller Planung gut beraten: von der Schadenserkennung bis zur Empfehlung geeigneter Unternehmen

Tiefgaragen sind wertsteigernde Gebäudeteile, die besonderen Beanspruchungen unterliegen. Hohe dynamische Belastungen, Nässe, Schmutz und Streusalze führen zu Abnutzung und Schäden am Baukörper, die zu sanieren sind. Steht ein komplexes Bauvorhaben an, sind Planung von Bedarf und Ausführung, Nutzungseinschränkungen, Organisation von Ausweichstellplätzen sensible Themen, die die Verwaltung einer Immobilie nicht unterschätzen sollte. Mit dem neuen Wohnungseigentumsgesetz sollten künftig u. a. E-Ladestationen sowie barrierefreie Ein- und Umbauten als Chance für eine nachhaltige Verbesserung der Infrastruktur in die Planung einbezogen werden.

Praktisches Beispiel zur Erläuterung des richtigen Vorgehens: Eine mittelgroße Tiefgarage aus Stahlbeton weist erhebliche Schäden auf. Im Bereich der Stützenfüße liegt die Bewehrung frei und die Schutzbeschichtung auf der Bodenplatte ist schadhaft. Das überschreitet deutlich den Umfang einer Reparatur- oder Wartungsmaßnahme. Querschnittsverluste an Stützen gefährden nicht nur die Standsicherheit, sondern auch den Brandschutz der Tiefgarage.

Der sachverständige Planer
Damit die notwendigen Sanierungsarbeiten präzise erfasst, zeitnah ausgeschrieben und vergeben werden können, ist Verwaltungen dringend zur Einbindung eines Spezialisten zu raten. Grundsätzlich erfordern Schadensbilder eine erste Beurteilung durch einen qualifizierten, sachverständigen Planer für Bauwerkserhaltung und -instandsetzung. Über die Erkennung von Schäden, ihre Analyse und Bewertung hinaus erarbeitet dieser den auf das Vorhaben bezogenen Sanierungsplan, leistet überdies koordinative Aufgaben im Planungsprozess und überwacht die baulichen Maßnahmen.

Der Planungsvertrag klärt die Aufgabenstellung und die Verantwortlichkeiten zwischen Planer und Verwalter. Bereits zu diesem Zeitpunkt werden mit der Beantwortung wichtiger Fragen die Weichen für eine qualifizierte Ausschreibung gestellt: Liegen alle planungsrelevanten Informationen vor? Sind weitere Personen für Belange von Brandschutz, Technischer Gebäudeausrüstung (TGA) und Arbeitsschutz vertraglich zu binden? Fließen Variantenuntersuchungen, Wünsche der Gemeinschaft (z. B. Beginn-/Endtermine, nach Eigentum getrenntes Leistungs- und Kostensplitting) bzw. Ansprüche auf bauliche Maßnahmen in die Planung ein?

Kosten und Termine
Sind Aufgaben und Verantwortlichkeiten für alle Beteiligten klar, wird der Planungsbeauftragte im Ergebnis aus Ist- und Sollzustand ein Sanierungskonzept mit erster Kosteneinschätzung und grober Terminschiene präsentieren. Dies ist der richtige Zeitpunkt für die Verwaltung, sich einen Überblick über Sanierungsumfang, Ausführungszeiträume sowie die Kosten zu verschaffen und mit den Startvorgaben zu vergleichen. Den weiteren Entscheidungsprozess für die kurz-, mittel- und langfristige Planung der Kosten und Termine unterstützen hierbei nicht nur leistungsbezogene Variantenuntersuchungen, sondern auch zeitlich priorisierte Maßnahmenpakete. So sind z. B. Stützenfußreprofilierungen den Sofortmaßnahmen zuzuordnen, die Vorrüstungen für die E-Mobilität den Zusatzmaßnahmen.

Unter Abwägung aller Vor- und Nachteile favorisiert der Planer eine technisch sowie wirtschaftlich begründete Variante. Sie ist die Basis für den finalen Sanierungsplan mit maßgebender Kostenberechnung und Terminschiene. Im genannten Beispiel sind für die Überarbeitung von 1.000 Quadratmeter (qm) Beschichtung in Abhängigkeit von Beanspruchung und Qualität Kosten in Höhe von netto ca. 70 bis 140 Euro/qm und ca. zwei bis vier Wochen uneingeschränkte Ausführungszeit als grobe Orientierung zu erwarten. Kosten und Dauer für eine Stützenfußreprofilierung inklusive Vorbereitungsarbeiten sind höher einzuschätzen und verlängern die Gesamtmaßnahme je nach Gefährdungsgrad und Sanierungsumfang. Diese kostet aktuell, je nach Ausbruchtiefe, ca. 200 bis 450 Euro/qm.

Formen der Aufragsvergabe
Den weiteren Fahrplan für die Wahl der passenden Vergabeform bestimmen nicht nur Leistungs- und Kostenumfang im finalen Sanierungsplan. Auch besondere Dringlichkeitsgründe bei Gefährdung sind zu berücksichtigen. Die Leistungsgrenzen könnten in Anlehnung an die Vergabe öffentlicher Aufträge wie folgt aussehen: Bei kleineren Leistungsumfängen bis 1.000 Euro oder besonderer Dringlichkeit ist es durchaus üblich, nur ein Kostenangebot einzuholen, bei Umfängen bis 10.000 Euro mindestens drei Angebote auf Basis des Maßnahmenplans. Für komplexere Vorhaben mit Umfängen über 10.000 Euro, wie hier im Beispiel, liefert die Ausschreibung mit Leistungsbeschreibung, bei der eine begrenzte Anzahl an Unternehmen schriftlich zur Angebotsabgabe aufgefordert wird, die wirtschaftlichsten Ergebnisse bei Vergleichbarkeit der Angebote. Der Planer stellt hierfür eine mit der Verwaltung abgestimmte Liste von mindestens drei Unternehmen zusammen. In allen Fällen ist die Eignung vorab, bei beschränkter Ausschreibung spätestens mit Angebotsvorlage, mittels Eigenerklärung oder Präqualifizierung nachzuweisen.

Die Vorbereitung der Vergabe
In Vorbereitung der Ausschreibung erstellt i. d. R. der Planer eine Leistungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis (LV), welche objektspezifische Angaben zu Vorhaben und Leistungen in der Reihenfolge nach Gewerken, ggf. auch in Sanierungsabschnitte gegliedert, erfasst. Dabei bezieht er alle fachlich Beteiligten ein, berechnet die Kosten positionsweise und stellt die Ausschreibungsunterlagen zusammen. Hierzu gehören auch die für die Ausführung geltenden allgemeinen und ggf. besonderen Vertragsbedingungen des Auftraggebers, welche sowohl Ausführungsfristen, vorhabenbezogene Abrechnungskriterien zur Rechnungslegung, etwaige Sicherheitseinbehalte und Umlagen, als auch die Zulässigkeit von Nebenangeboten regeln. Der Versand der Ausschreibungsunterlagen erfolgt mit einem Anschreiben zur Angebotsaufforderung an die ausgewählten Unternehmen unter Angabe von Abgabeort und einer angemessenen Abgabefrist von zwei bis drei Wochen.

Tipp: Plausibilität, Vollständigkeit sowie Kostenstand des berechneten Leistungsverzeichnisses vor Versand überprüfen und somit Möglichkeiten für optionale Erweiterungen oder Kürzungen nutzen. 

Empfehlung von Unternehmen
Nach fristgemäßem Eingang der Angebote prüft der Planer diese formell. Es folgen Prüfungen zur Eignung, auf rechnerische und fachliche Richtigkeit sowie anhand eines Preisspiegels auf Wirtschaftlichkeit. Im Ergebnis unterbreitet der Planer einen Vergabevorschlag an die Fachfirma mit dem wirtschaftlichsten Angebot. Die abschließende Entscheidung zur Vergabe trifft die Verwaltung in Abstimmung mit den Eigentümern.

Ausblick
Die Sanierung einer Tiefgarage birgt nicht nur Lasten und Risiken, sondern auch echte Chancen zur Verbesserung von Bauteilqualität und Nutzungskomfort. Zusatzmaßnahmen wie die Schaffung von E-Ladestationen oder die Entscheidung für ein qualitativ höherwertiges, langlebigeres Bodenbeschichtungssystem gehen natürlich über unbedingt notwendige Arbeiten hinaus. Doch sie eröffnen Verwaltungen insgesamt neue Perspektiven für eine zeitgemäße, nachhaltige und effizientere Bewirt­schaftung.

Foto: © FocusStocker / Shutterstock.com


Ludwig, Ralf

Der Diplom-Ingenieur ist geschäftsführender Gesellschafter der Hartung & Ludwig Architektur- und Planungsgesellschaft mbH, Weimar.
www.hartung-ludwig.de