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BGH, Urteil vom 31.1.2018, Az. VIII ZR 105/17
Im Wohnraummietrecht schützt das Gesetz die Wohnungsinhaber. Insbesondere bei Tod des Mieters geht das Mietverhältnis deshalb nicht automatisch – wie alle anderen Rechtsverhältnisse und Verträge – auf dessen Erben über. Vielmehr sieht § 563 BGB vor, dass Ehegatten oder Lebensgefährten, die mit dem Mieter einen gemeinsamen Haushalt geführt haben (aber selbst nicht Mitmieter waren), oder auch volljährige Kinder automatisch in den Mietvertrag eintreten. Erst wenn alle Eintrittsberechtigten ausdrücklich ihr Eintrittsrecht ablehnen, werden schließlich die Erben zu Partnern des Mietvertrags. Der Vermieter muss damit einen neuen Vertragspartner akzeptieren, auf dessen Auswahl er keinerlei Einfluss hat. Er wird daher durch ein Sonderkündigungsrecht gemäß § 563 Abs. 4 BGB geschützt, wonach er ein außerordentliches Kündigungsrecht (innerhalb der gesetzlichen Frist) hat, wenn ihm die Fortsetzung des Mietverhältnisses aus einem in der Person des Eintretenden liegenden Grund nicht zugemutet werden kann. Hierzu gehört jedenfalls die finanzielle Leistungsunfähigkeit des Mieters. Inwieweit diese bereits zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vorliegen muss oder ob sie mit einer Prognoseentscheidung beurteilt werden kann, hat der BGH im zu besprechenden Urteil ausführlich – und gegen die beiden Vorinstanzen sowie die bisher überwiegende Instanzrechtsprechung – begründet:
Die Mieterin bewohnte die Wohnung mit ihrem Lebensgefährten und ihrer erwachsenen Tochter. Nach dem Tod der Mieterin zog die Tochter aus. Der Lebensgefährte blieb in der Wohnung und erklärte später ausdrücklich seinen Eintritt in den Mietvertrag. Der Vermieter kündigte dem Mieter wegen mangelnder finanzieller Leistungsfähigkeit. Dieser befand sich zum Zeitpunkt der Kündigung in einem Ausbildungsverhältnis. Der Vermieter argumentierte, dass von dem Ausbildungsgehalt die Warmmiete auf Dauer nicht zu leisten sei. Der Mieter behauptete, weiteres Vermögen zu haben, er zudem Unterstützung durch die öffentliche Hand beantragen könne. Darüber hinaus bat der Mieter um die Erlaubnis zur Untervermietung des Kinderzimmers an einen Arbeitskollegen, der sich mit ihm im gleichen Ausbildungsjahr befand und sich sowohl an der Miete als auch an den Fahrtkosten zur Arbeit beteiligen würde. Der Vermieter verweigerte die Erlaubnis zur Untervermietung schon wegen der seines Erachtens wirksamen Kündigung. Beide Vorinstanzen entschieden zugunsten des Vermieters, da die finanzielle Leistungsfähigkeit des Mieters zum Zeitpunkt der Kündigung gefährdet erschien, ohne den vom Mieter angebotenen Nachweis der Höhe seines Ausbildungsgehalts, des weiteren Vermögens oder der möglichen Unterstützung der öffentlichen Hand einzuholen. Tatsächlich war der Mieter während der gesamten Prozessdauer nie in Mietrückstand gekommen.
Der BGH hob das Urteil auf, da die notwendige Prognoseentscheidung nicht auf belastbare Tatsachen, sondern nur auf Mutmaßungen gestützt worden sei. Die Gefährdung der Zahlungsfähigkeit allein reicht für einen wichtigen Grund nicht aus. Der BGH zeigt allerdings den schmalen Grat dieser Prognoseentscheidung auf: Bei einem echten Zahlungsverzug würden bereits die allgemeinen Kündigungsgründe des § 543 BGB greifen. Die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses nach § 563 Abs. 4 b) BGB muss daher auf zusätzliche Umstände gestützt werden, die zeigen, dass es dem Vermieter nicht zuzumuten ist, die Verwirklichung des Zahlungsverzugs abzuwarten. Dies kann auch in persönlichen Gründen des Vermieters liegen, der beispielsweise zur Finanzierung seines eigenen Lebensunterhaltes oder von Kreditzahlungen für diese Wohnung auf den pünktlichen Eingang der Miete angewiesen ist. Die Prognose hinsichtlich der Leistungsunfähigkeit des Mieters muss auf konkrete Anhaltspunkte und objektive Umstände gestützt sein. Die bloße Erwartung, fällige Mietzahlungen würden alsbald ausbleiben, reicht nicht; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte einen zuverlässigen Schluss darauf zulassen. Gegenteilige Anhaltspunkte, wie der Rückgriff auf staatliche und sonstige Einkünfte, reichen nicht; Untermietzahlungen werden vom BGH hierbei ausdrücklich als sonstige Einkünfte genannt.
Die Prognoseentscheidung darf auch nicht das gesamte unbefristete Mietverhältnis umfassen, und damit wurde die Auffassung des Landgerichts, eine Ausbildung sei als weniger sicher anzusehen als ein festes Arbeitsverhältnis, verworfen. Schließlich würdigte der BGH als Indiz zugunsten des Mieters ausdrücklich, dass die Miete während der Prozessdauer tatsächlich erbracht wurde.
Damit war die Kündigung unwirksam und konnte nicht als Grund für die Verweigerung der Erlaubnis zur Untervermietung verwendet werden. Der BGH entscheidet, dass auch diese hätte erteilt werden müssen. Denn es zählt jedes berechtigte Interesse eines Mieters an einer Untervermietung von nicht ganz unerheblichen Gewicht, das mit der geltenden Rechtsprechung und Sozialordnung in Einklang steht. Schon der Wunsch, nicht allein in einer größeren Wohnung leben zu müssen, sondern wieder einen Wohngenossen zu haben, reicht aus. Ein gewichtiger Grund ist die Verringerung der Mietbelastung und hier zusätzlich der Fahrtkosten.
Darüber hinaus weist der BGH noch auf einen rechtlichen Aspekt hin, den die Vorinstanzen völlig außer Acht gelassen haben: Die erwachsene Tochter der verstorbenen Mieterin hatte nie ausdrücklich erklärt, nicht in den Mietvertrag eintreten zu wollen. Die Fristen für diese Erklärung waren längst abgelaufen. Insofern war vordergründig davon auszugehen, dass die Tochter gemeinsam mit dem Lebensgefährten ihrer Mutter in das Mietverhältnis eingetreten war. Gesetzt den Fall, wäre die ausgesprochene Kündigung des Vermieters schon deshalb unwirksam gewesen, weil sie nur gegenüber einem von mehreren Mitmietern ausgesprochen und die finanzielle Leistungsfähigkeit der Tochter bei der Prognoseentscheidung gar nicht berücksichtigt worden war. Etwas anderes hätte sich nur ergeben können, wenn alle drei Parteien, also auch der Vermieter, einem Aufhebungsvertrag zugestimmt hätten. Der wäre einerseits stillschweigend durch den Auszug der Tochter zum Abschluss gekommen, andererseits durch die alleinige Mietzahlung des Lebensgefährten und die Zustimmung des Vermieters, indem er nur dem Lebensgefährten und nicht auch der Tochter gekündigt hatte.
Im Todesfall eines Mieters ist innerhalb der kurzen Fristen (vier Wochen nach Kenntnisnahme des Todes!) genau zu prüfen, wer mieterseitig weiterhin Mietvertragspartei bleibt oder wird. Sind es mehrere Mitmieter, so wird der Mietvertrag mit den übrigen Mietern fortgesetzt, beispielsweise also mit dem Ehegatten; diesen Fall betrifft das angesprochene Urteil nicht. Die Eintrittsrechte des § 563 BGB greifen nur dann, wenn der einzige Mieter verstirbt. Hilfreich kann auch – trotz oder gerade wegen der kurzen Fristen – eine Nachfrage bei den im selben Haushalt lebenden Personen sein. Sie kann für Klarheit in solchen Lebenssituationen sorgen, in denen Angehörige nicht unbedingt über die Fortsetzung des Mietverhältnisses nachdenken. Sollten vermieterseitig tatsächlich Befürchtungen bestehen, der Eintretende sei finanziell nicht leistungsfähig, ist dies – wiederum innerhalb der kurzen Fristen nach Erklärung des Eintritts – genau zu prüfen, um die strengen Anforderungen des BGH an diese Prognoseentscheidung erfüllen zu können. Insbesondere bei mehreren Eintrittsberechtigten ist zu beachten, dass diese eventuell Mitmieter geworden sind und daher eine Kündigung gegenüber mehreren Personen ausgesprochen werden müsste.
Foto: © Africa Studio / Shutterstock.com
DR. SUSANNE SCHIESSER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner der Kanzlei Arnecke Sibeth Dabelstein, München.
KRISTIN JANZE
Die Rechtsanwältin ist bei Arnecke Sibeth Dabelstein, München, schwerpunktmäßig auf den Gebieten des privaten Baurechts und des WEG-Rechts tätig.
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