14.10.2021 Ausgabe: 6/2021

Über kurz oder lang? Was gilt für die Befristung von Arbeitsverhältnissen? Ein Überblick.

Ein nicht unbeachtlicher Teil aller Erwerbstätigen in Deutschland ist auf Basis befristeter Arbeitsverträge tätig. Im Jahr 2019 lag der Anteil bei 7,4 Prozent, bei Neueinstellungen sogar bei etwa 25 Prozent. Gesetzliche Grundlage für die Befristung von Arbeitsverhältnissen ist das im Jahr 2001 in Kraft getretene Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Dessen Wortlaut ist nicht immer eindeutig und war in jüngerer Vergangenheit Gegenstand unzähliger höchstrichterlicher Entscheidungen. Zeit, sich den wichtigsten Aspekten dieses Themas wieder anzunähern.

Die richtige Form
Schon bei Abschluss – aber auch bei jeder Verlängerung – eines befristeten Arbeitsvertrags ist zu beachten, dass die Befristung zu ihrer Wirksamkeit schriftlich in ein und derselben Urkunde festgehalten wird (§ 14 Abs. 4 TzBfG). Das heißt, dass zwar der zugrunde liegende Arbeitsvertrag auch formlos abgeschlossen werden darf, nicht jedoch die diesen Arbeitsvertrag befristende Abrede selbst.

Wurde die Schriftform nicht gewahrt, gilt der Arbeitsvertrag nach § 16 TzBfG als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Das gilt auch dann, wenn eine gekündigte Kraft nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses weiterbeschäftigt werden soll. Eine nachträgliche schriftliche Befristungsvereinbarung durch einvernehmliche Abänderung des Arbeitsvertrages ist nur bei Bestehen eines sachlichen Grundes möglich. Deshalb ist – soll die Befristung ohne Sachgrund erfolgen – schon im Rahmen von Vertragsgesprächen Vorsicht geboten: Arbeitgeber sollten hinreichend deutlich machen, den Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages von der Unterzeichnung einer entsprechenden Urkunde abhängig machen zu wollen. Unterlassen sie dies und schließen mündlich einen – vermeintlich – befristeten Arbeitsvertrag, ist die Befristung formnichtig und es besteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, auch wenn die schriftliche Niederlegung des Arbeitsvertrags später nachgeholt wird.

Für die Wahrung der Schriftform ist es nicht ausreichend, wenn Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber vorformulierte, aber noch nicht unterschriebene Vertragsurkunde unterzeichnet an ihn zurückgeben. Arbeitnehmern muss auch die vom Arbeitgeber gegengezeichnete schriftliche Annahmeerklärung zur Einhaltung der Schriftform zugegangen sein.

Eine Umdeutung der nachträglichen schriftlichen Niederlegung der Befristungsabrede in einen neuen – dann wirksam befristeten – Arbeitsvertrag dürfte nur in den seltensten Fällen möglich sein und scheitert überdies meist am Verbot der sachgrundlosen Anschlussbefristung (§ 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG). Ob eine sachgrundlose Befristung oder eine solche mit Sachgrund gewollt ist, muss dagegen nicht vertraglich vereinbart werden. Auch muss im Falle einer Befristung mit Sachgrund dieser nicht konkret benannt werden, bei einer Zweckbefristung dagegen ist der Zweck anzugeben.

Die Befristungsabrede ist regelmäßig Allgemeine Geschäftsbedingung und sollte hinreichend transparent gestaltet sein. Sie muss die wesentlichen Angaben enthalten, insbesondere die Bezeichnung der Vertragsparteien sowie bei kalendermäßigen Befristungen das Enddatum bzw. die Befristungsdauer.

Sachgrundlose Befristung
Eine Befristung des Arbeitsverhältnisses ohne Sachgrund ist zulässig, unterliegt jedoch neben dem Schriftformerfordernis gesetzlichen Grenzen, die im Rahmen ihrer Auslegung regelmäßig Ursache gerichtlicher Streitigkeiten sind. Eine sachgrundlose Befristung ist nach § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG regelmäßig bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Innerhalb dieser zwei Jahre ist auch die höchstens dreimalige (auch automatische) Verlängerung zulässig. Bei Neugründungen und älteren, zuvor arbeitslosen Arbeitnehmern gelten höhere Grenzen.

Einem Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zufolge soll die Regelung des § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG stark eingeschränkt werden: So soll die maximale Dauer auf 18 Monate beschränkt werden, innerhalb derer lediglich die einmalige Verlängerung zulässig sein soll. Im Hinblick auf die nahende Bundestagswahl wird der Entwurf wohl der Diskontinuität anheimfallen – ob er in der nächsten Legislaturperiode wieder aufgegriffen wird, dürfte davon abhängen, welche Parteien der neuen Regierungskoalition angehören. Eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG ist unzulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

Ausnahme: sehr lange ­zurückliegende Vorbeschäftigung
In Ausnahme von diesem Grundsatz ist eine Anschlussbeschäftigung jedoch dann zulässig, wenn das vorangegangene Arbeitsverhältnis bereits sehr lange zurücklag und das Verbot der sachgrundlosen Befristung deshalb unzumutbar ist. Wann eine Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt, ist gesetzlich nicht geregelt und war seit jeher umstritten.

Im Jahr 2019 nahm das Bundesarbeitsgericht (BAG) zu dieser Frage gleich mehrfach Stellung: Weder eine acht noch eine fünfzehn Jahre zurückliegende Vorbeschäftigung sei demnach als sehr lange zurückliegend einzustufen. Anerkannt wurde die Unzumutbarkeit eines Befristungsverbotes dagegen bei einer 22 Jahre zurückliegenden Vorbeschäftigung.

Ausnahme: ganz anders geartete Tätigkeit
Auch wenn die Vorbeschäftigung ganz anders geartet war, kann das Befristungsverbot des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG unzumutbar sein. Was darunter zu verstehen ist, ist stark einzelfallabhängig. Es genügt nicht, dass Arbeitnehmer an unterschiedlichen Arbeitsplätzen im Betrieb beschäftigt waren. Erforderlich ist vielmehr regelmäßig, dass die im neuen Arbeitsverhältnis auszuübende Tätigkeit Kenntnisse oder Fähigkeiten erfordert, die sich wesentlich von denjenigen unterschieden, die für die Vorbeschäftigung erforderlich waren.

Ausnahme: sehr kurze ­Vorbeschäftigung
Berücksichtigt man die zu diesem Kriterium der Unzumutbarkeit ergangene Rechtsprechung, muss es sich um eine tatsächlich sehr kurze Beschäftigung handeln. Das BAG hat jüngst entschieden, dass ein Arbeitsverhältnis, das sechs Monate bestand, nicht von sehr kurzer Dauer gewesen sei. Die Grenze dürfte demnach bei etwa drei Monaten liegen. Auf diese Ausnahme zu spekulieren, dürfte arbeitgeberseitig aber von massiver Rechtsunsicherheit geprägt sein, denn sie greift nur, soweit eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten.

Befristungen mit Sachgrund
Eine Befristung, die durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, unterliegt den vorgenannten Beschränkungen hinsichtlich Höchstdauer und Anzahl maximaler Verlängerungen nicht. § 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG enthält eine – nicht abschließende – Aufzählung solcher Gründe. Ein rechtfertigender Sachgrund muss für die Wirksamkeit der Befristung lediglich bei Abschluss des Arbeitsvertrages vorliegen. Ändern sich später die Umstände und führt dies dazu, dass der ursprüngliche Sachgrund nicht mehr vorliegt, bleibt die Befristung wirksam und eine dagegen erhobene Entfristungsklage erfolglos. Besonders alltagsrelevant ist die Befristung wegen eines nur vorübergehenden betrieblichen Bedarfs und zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers.

Vorübergehender Bedarf an Arbeitsleistung
Ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags liegt nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vo­rübergehend besteht. Auch kann ein einmal wegen eines vorübergehenden Bedarfs befristetes Arbeitsverhältnis verlängert werden, wenn der zusätzliche Bedarf weiterhin, aber immer noch vorübergehend besteht. Von den Gerichten wird allerdings ein wachsames Auge darauf geworfen, ob eine Verlängerung von befristeten Arbeitsverträgen tatsächlich zur Deckung eines zeitweiligen Bedarfs dient und nicht in Wirklichkeit eingesetzt wird, um einen ständigen und dauerhaften Bedarf abzudecken.

Ein vorübergehender Beschäftigungsbedarf kann sich etwa durch die Übernahme eines Projekts oder einer Zusatzaufgabe ergeben, für deren Erledigung das vorhandene Stammpersonal nicht ausreicht. Bei den im Rahmen des Projekts zu bewältigenden Aufgaben muss es sich um vorübergehende, gegenüber den Daueraufgaben des Arbeitgebers abgrenzbare Zusatzaufgaben handeln. Daueraufgaben eines Arbeitgebers sind Tätigkeiten, die im Rahmen des Betriebszwecks ihrer Art nach im Wesentlichen unverändert und kontinuierlich anfallen. Ein Arbeitgeber kann deshalb einen vorübergehenden Bedarf nicht dadurch herbeiführen, dass er im Wesentlichen unveränderte Daueraufgaben in organisatorisch eigenständige „Projekte“ aufteilt.

Vertretung eines anderen­ ­Arbeitnehmers
Ein Vertretungsfall liegt vor, wenn durch den zeitweiligen Ausfall einer Arbeitskraft (z. B. wegen Krankheit, Mutterschutz, Elternzeit) der vorübergehende Bedarf für die Beschäftigung einer anderen entsteht. Es ist nicht erforderlich, dass Arbeitnehmer gänzlich an der Erbringung ihrer Arbeitsleistung gehindert sind, auch ein teilweiser Ausfall kann durch eine befristete Einstellung abgedeckt werden. Auch nicht erforderlich ist es, dass die Vertretung dieselben Arbeiten verrichtet wie die ausgefallene Kraft. So können Arbeitgeber z. B. bestimmen, dass im Wege der Umverteilung die von verhinderten Mitarbeitern zu erledigenden Aufgaben anderen Beschäftigten zugewiesen und deren Aufgaben ganz oder teilweise von der befristet eingestellten Vertretung erledigt werden. Diese mittelbare Vertretung muss dem ursprünglichen Arbeitsausfall gedanklich zuzuordnen sein. Nimmt vertretenes Personal die Arbeit selbst wieder auf, müssen Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage sein, ihnen die ihrer Vertretung zugewiesenen Aufgaben zu übertragen.

Befristete Beschäftigung von Rentnern
Die Befristung kann schließlich ein flexibles Instrument sein, um einem etwaigen Fachkräftemangel in Unternehmen zu begegnen. Sollen ältere Mitarbeiter, deren Ausscheiden arbeitsvertraglich ursprünglich mit Erreichen der Regelaltersgrenze vorgesehen war, einem Betrieb über diesen Zeitpunkt hinaus erhalten bleiben, kann mit ihnen gem. § 41 S. 3 Sozialgesetzbuch (SGB) VI vereinbart werden, den Beendigungszeitpunkt gegebenenfalls mehrfach hinauszuschieben. Ein Sachgrund i. S. d. § 14 Abs. 1 TzBfG ist dann nicht ­erforderlich.

Fazit
Die Befristung von Arbeitsverhältnissen kann für Unternehmen ein wirksames Mittel sein, flexibel auf Unwägbarkeiten zu reagieren und sich Optionen offen zu halten. Wichtig ist, die Befristung formgerecht und rechtzeitig zu vereinbaren sowie gegebenenfalls das Vorliegen eines Sachgrundes eingehend zu überprüfen.

Das TzBfG ist zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht. Arbeitnehmer können weder vor noch bei Vereinbarung einer Befristung wirksam auf die spätere Erhebung einer Befristungskontrollklage verzichten.

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Schwartz, Tobias

Der Fachanwalt fur Arbeitsrecht sowie fur Handels- und Gesellschaftsrecht ist in der LKC Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Sitz in Munchen-Bogenhausen tätig.
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