30.04.2020 Ausgabe: 2/20

Um 17 Uhr ist Schluss! Effizient ist es, wenn Eigentümerversammlungen während der üblichen Bürozeiten stattfinden.

Haben Sie das auch schon einmal erlebt? Der Anrufbeantworter blinkt Alarm, und das E-Mail-Postfach quillt quasi über – zu den üblichen Mängelmeldungen und Rückfragen zu laufenden Maßnahmen kommen diesmal ganz neue Beschwerden. Der Grund: die kürzlich versandte Einladung zu einer Eigentümerversammlung – um 15:00 Uhr! Eine „völlig unmögliche Uhrzeit“ konstatiert ein Mandant, der auch prompt eine Verschiebung des Termins auf frühestens 19:00 Uhr erwartet. Welchem hart arbeitenden Menschen könne man eine Eigentümerversammlung am Nachmittag schon zumuten!?

Es sind nicht nur unsere Überstunden
Tatsächlich wurde der Termin nicht aus einer Laune heraus auf den Nachmittag gelegt. Es ist wichtig, den Feierabend unserer Mitarbeiter zu schützen. Natürlich könnten wir Verwalter ihnen als Entschädigung für die Arbeit am Abend einen Bonus zahlen oder am nächsten Vormittag freigeben. Personell unterbesetzte Verwalterbüros am Vormittag schaden aber dem Tagesgeschäft. Zudem ist es nicht leicht, unseren Familien zu erklären, dass die Abende von Januar bis Juni wochentags den Eigentümern gehören. In Zeiten des Fachkräftemangels, den auch unsere Branche allzu deutlich spürt, muss es für uns Verwalter selbstverständlich sein, proaktiv für die Work-Life-Balance unserer Mitarbeiter einzutreten – und natürlich auch für unsere eigene.

Eine Frage der Wertschätzung
Hand aufs Herz: Können Sie nachvollziehen, warum es rund um den Termin der Eigentümerversammlung so viele Diskussionen gibt? Eine Immobilie ist mit das Wertvollste, was ein Mensch im Lauf seines Lebens erwirbt. Es kostet einiges an Geld und Pflege, ihren Wert zu erhalten oder zu steigern. Geht es aber darum, im Rahmen einer Eigentümerversammlung Zeit für diese Wertanlage aufzuwenden, werden viele Eigentümer plötzlich geizig. Das ist eine Diskrepanz, die sicher auch Sie seit Jahren beobachten. Gleichzeitig akzeptieren wir alle die „Gesetze“ anderer Branchen und investieren Urlaubs- oder Arbeitszeit, um dort einen Termin wahrzunehmen. Oder haben Sie schon einmal mit dem TÜV für die HU einen Ausnahmetermin – „am besten ab 20:30 Uhr“ – vereinbart? Auch ein Zahnarzt macht keine Überstunden am Abend, weil ein Patient es nicht schafft, tagsüber zur Zahnreinigung zu kommen. Der Wasserableser lässt sich Ersatztermine sogar extra bezahlen. Wir Verwalter sollten mutiger werden und unseren Mandanten freundlich, aber bestimmt klarmachen, dass unsere Arbeits- und Freizeit ebenfalls viel wert ist.

Wir sind gerne Verwalter, aber nicht um jeden Preis und nicht für jede Eigentümergemeinschaft. Uns sollte für die Zusammenarbeit mit unseren Mandanten nicht nur die Größe der Gemeinschaft wichtig sein, sondern viel mehr gegenseitige Wertschätzung, Kommunikation auf Augenhöhe und Kooperationsbereitschaft. Wenn wir unsere internen Prozesse sowie die Strukturen rund um die Eigentümerversammlung laufend optimieren, werden Ressourcen frei, um auch kleinere Gemeinschaften kostendeckend zu verwalten.

Was wir anders machen sollten
Ob eine Versammlung Stress verursacht, hängt oft vom Startzeitpunkt ab. Abstimmungen und Beschlüsse können schon mal bis weit nach 22:00 Uhr dauern. Um dieses Problem zu umgehen, sollte man darüber nachdenken, bei neuen Mandaten gleich im Verwaltervertrag ein festes Zeitfenster für den Beginn der Eigentümerversammlungen zu fixieren – innerhalb der üblichen Geschäftszeiten. Außerdem könnten die Versammlungen generell in den Räumlichkeiten der Verwaltung stattfinden. Auf diese Weise wäre es möglich, bis zum Geschäftsschluss um 17:00 Uhr vier Eigentümerversammlungen mit einer Taktung von 1,5 Stunden abzuhalten. Zu achten ist dabei natürlich darauf, dass Zeitbedarf und Agenda einer Versammlung jeweils korrelieren. Das Protokoll wird, wenn möglich, noch in der Versammlung fertiggestellt und unterschrieben, ins webbasierte, passwortgeschützte Eigentümerportal hochgeladen oder automatisiert per E-Mail an die Eigentümer versandt. Die Mandanten können im Portal jederzeit auf ihre Unterlagen zugreifen. Kunden, die den Postweg bevorzugen, erhalten das Protokoll vollautomatisiert über einen Dienstleister. Der kümmert sich komplett um Druck und Versand. Wir können somit die Kosten für Porto, Papier und Druckertinte einsparen – und personelle Ressourcen, die an anderer Stelle wieder effektiv genutzt ­werden.

Sie wissen aus eigener Erfahrung: Gerade bei größeren Liegenschaften nimmt bereits die Anwesenheitsprüfung sehr viel Zeit in Anspruch. Ist laut Teilungserklärung zudem die Abstimmung nach Miteigentumsanteilen gefordert, dauert die Stimmenauszählung meist sehr lange. Eine EDV-Lösung zur Dokumentation und Analyse der Abstimmung und Prüfung der Beschlussfähigkeit beschleunigt den Prozess. Die erforderlichen Abstimmungen erfolgen entsprechend den zuvor festgelegten Kriterien. Das Ergebnis wird vom Versammlungsleiter parallel mit dem Laptop erfasst. Anschließend wertet das Programm die Ergebnisse der Abstimmung zum jeweiligen TOP aus und zeigt ein klares Endergebnis an.

Die virtuelle Versammlung
Effizienz verspricht auch die virtuelle Eigentümerversammlung. Mit speziellen Softwaretools können Eigentümergemeinschaften live in einer Videokonferenz oder einem virtuellen Raum zusammengeführt werden. Einige unserer kleineren Gemeinschaften nutzen diesen Weg bereits. Gerade wenn Eigentümer beruflich sehr eingespannt sind oder weit entfernt wohnen, ist diese Möglichkeit ein Segen: Alle Eigentümer sind eingebunden und tragen die Beschlüsse aktiv mit. Die Mandanten erhalten vorab eine digitale Einladung mit einem Link für den Online-Zugang zu ihrer Versammlung. Man muss dabei beachten, dass rein virtuelle Zusammenkünfte zum heutigen Zeitpunkt nicht dem Versammlungsbegriff nach § 23 Abs. 1 WEG entsprechen. Damit sind sie nach geltendem Recht (noch) unzulässig. Es empfiehlt sich, im Vorfeld mit den Miteigentümern eine Vereinbarung zu schließen und dass zugeschaltete Eigentümer einem anwesenden Miteigentümer oder dem Verwalter eine Vollmacht erteilen. Dies sollte jedoch nur bei Gemeinschaften durchgeführt werden, die in sich harmonisch sind und wenn alle Beteiligten diese Versammlungsart wünschen. Es ist hoffentlich nur eine Frage der Zeit, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen für virtuelle Versammlungen geregelt werden. Warten wir optimistisch auf die Novellierung des Wohnungseigentumsgesetzes, die ja noch in diesem Jahr erfolgen soll.

Mensch bleiben!
An dieser Stelle auch ein paar nachdenkliche Worte: Körpersprache, Mimik, Gestik und ein offener Blick können heikle Situation entschärfen und Menschen positiv stimmen. In virtuellen Versammlungen gerät diese zwischenmenschliche Komponente zwangsläufig ins Hintertreffen. Überlassen wir die Qualität unserer Kundenbeziehungen also besser nicht allzu oft unserem Avatar. Nur Verwalter, die fachkundig und dem Menschen zugewandt beraten, werden in der Regel wieder bestellt und gerne weiterempfohlen.

Foto: © MJgraphics / Shutterstock.com


Mönig, Eugen

Der Geschäftsführer der Mönig ­Immobilienmanagement GmbH ist ­Immobilienverwalter des Jahres 2017.