07.01.2013 Ausgabe: 1/2013

Umsatz- und ertragssteuerliche Konsequenzen

Wegen der Klimaschutzgesetzgebung der Bundesregierung und der eingeleiteten Energie­wende erzeugen Wohnungseigentümergemeinschaften zunehmend Strom durch den Betrieb von  Blockheizkraftwerken (BHKW). Der Verkauf des produzierten Stroms hat Umsatz- und ertragssteuerliche Konsequenzen, die Eigentümer bei der Beschlussfassung über den Einbau eines BHKW häufig übersehen und dringend wissen sollten.

Der Bundesfinanzhof hat durch seine Rechtsprechung vom 19. Juli 2011 unmissverständlich dargelegt, dass Wohnungseigentümergemeinschaften umsatzsteuerliche Unternehmer im Sinne des § 2 des Umsatzsteuergesetzes sind. In diesem Zusammenhang ist es nicht ausschlaggebend, dass die WEG typischerweise keine Gewinnerzielungsabsicht hat und nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird. Die WEG erbringt an die Eigentümer steuerfreie Umsätze im Sinne des § 4 Nummer 13 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Die Umsatzsteuerbefreiung umfasst grundsätzlich nur die Leistungen, die das gemeinschaftliche Eigentum betreffen. Soweit jedoch Leistungen an das Sondereigentum der Wohnungs- und Teileigentümer erbracht werden, besteht Umsatzsteuerpflicht. Fraglich ist deshalb, ob der Stromverkauf an die Eigentümer eine Leistung sein könnte, die durch die Befreiungsvorschrift des § 4 ­Nummer 13 UStG miterfasst ist. Ausführungen zu dieser Frage sind allerdings im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) nicht ­enthalten, da beim Verfassen dieser Vorschriften sich die Frage der Stromlieferung noch nicht gestellt hat. Da die Stromlieferung im UStG (§ 4 Nummer 13) nicht erwähnt ist, und wohl auch nicht unter die Lieferung von Wärme und ähnlichen Gegenständen zu subsumieren ist, muss man davon ausgehen, dass die Stromlieferung an die Bewohner nicht steuerbefreit ist. Der Stromverbrauch im Gemeinschaftseigentum wird wohl von der Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 13 UStG erfasst.

Die Rechtslage ist noch nicht endgültig geklärt

Sofern eine physische Möglichkeit der Einspeisung in das Stromnetz besteht, arbeitet das Bundesfinanzministerium mit einer Fiktion. Dann wird unterstellt, dass selbst bei Verwendung des Stroms innerhalb der WEG oder aber durch die Mitglieder der WEG im ersten Schritt eine Lieferung an einen Energieversorger erfolgt und im zweiten Schritt eine Rücklieferung an die Verbraucher. In diesem Zusammenhang darf nicht unerwähnt bleiben, dass die Rechtslage noch nicht endgültig geklärt ist. So ist derzeit ein Verfahren beim europäischen Gerichtshof unter dem Aktenzeichen C-219/12 anhängig, das durch den österreichischen Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt worden ist. Das Urteil des europäischen Gerichtshofs könnte zumindest in allen nichtbestandskräftigen Fällen zu einer anderen Sachbehandlung oder aber zu einer Änderung der Veranlagung führen.

Da die WEG hauptsächlich nach § 4 Nummer 13 UStG steuerfreie Leistungen ­erbringt, wird sie in aller Regel als Kleinunternehmer nach § 19 UStG zu beurteilen sein. Die Kleinunternehmereigenschaft liegt dann vor, wenn der nach § 19 Absatz 3 UStG zu ermittelnde Gesamtumsatz im Vorjahr 17.500 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Jahr voraussichtlich 50.000 Euro nicht übersteigen wird. Die steuerfreien Umsätze nach § 4 Nummer 13 UStG sind bei der Berechnung dieses Gesamtumsatzes nicht zu berücksichtigen. Bleibt die WEG auch aufgrund der Stromlieferungen Kleinunternehmer, sind ihre Umsätze nicht umsatzsteuerpflichtig, andererseits ist sie aber auch nicht befugt, die Umsatzsteuer aus den Eingangsrechnungen für das BHKW als Vorsteuer abzuziehen. In vielen Fällen wird die WEG aufgrund der umsatzsteuerlichen Fiktion die Umsatzgrenze von 17.500 Euro allerdings überschreiten. Sollte dies nicht der Fall sein, besteht nach § 19 Absatz 2 UStG die Möglichkeit, zur Umatzsteuerpflicht zu optieren. Voraussetzung hierfür ist ­jedoch ein Beschluss der Wohnungseigentümer, wie unzweifelhaft aus dem Urteil des OLG Hamm vom 12. Mai 1992 (NJW-RR 1992 Seite 1232) hervorgeht. Bei der Einspeisung in das öffentliche Netz handelt es sich um eine sonstige Leistung nach
§ 1 Absatz 1 UStG, die der Umsatzsteuer unterliegt. In der Einspeisevergütung ist gemäß § 18 Absatz 2 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) keine Umsatzsteuer enthalten. Deshalb muss der Energieversorger der WEG die Umsatzsteuer vergüten, wenn sie nicht Kleinunternehmer im Sinne des § 19 UStG
ist. Für die fingierte Lieferung in das öffentliche Netz und die Rücklieferung sind die Vorschriften in Abschnitt 2.5 Absatz 8 UStAE zu beachten. Die Bemessungsgrundlage ist analog zu ermitteln.

Vorsteuerabzug nur bei 100 Prozent Unternehmensvermögen

Um den Vorsteuerabzug zu gewährleisten, ist es unabdingbar, dass die WEG gegenüber dem zuständigen Finanzamt erklärt, dass sie das BHKW zu 100 Prozent dem Unternehmensvermögen zuordnet. Diese Zuordnungsentscheidung spielt eine wesentliche Rolle für eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs, wenn sich die Verhältnisse ändern und somit eine Änderung gemäß § 15a UStG in Verbindung mit Abschnitt 2.5 Absatz 11 UStAE durchzuführen wäre. Ist diese Zuordnung unterblieben, wäre eine positive Berichtigung gemäß § 15a UStG aufgrund des BFH-Urteils ausgeschlossen. Der Vorsteuerabzug gemäß § 15 UStG ist sowohl aus den Anschaffungs- beziehungsweise Herstellungskosten des BHKW, aus den laufenden Kosten und gegebenenfalls aus der fingierten Rücklieferung möglich. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die Rechnungslegungsschriften des § 14 Absatz 4 Nummer 1 bis 9 UStG genau eingehalten werden müssen. Ansonsten versagt die Finanzverwaltung den Vorsteuerabzug.

Die ertragssteuerliche Behandlung der WEG und deren Eigentümer richtet sich nach den Vorschriften des § 15 EStG für gewerbliche Einkünfte. Sofern Steuerpflichtige, die ein BHKW betreiben, Strom erzeugen und diesen an Versorgungsunternehmen veräußern, erzielen sie daraus unter der Voraussetzung einer Gewinnerzielungsabsicht Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die Gewinnerzielungsabsicht ist laut Oberfinanzdirektion Rheinland unter der Berücksichtigung der individuellen Leistungsdaten des BHKW, der erhaltenen Fördermittel, der Nutzungsdaten der Anlage, der vorgenommenen Investitionen und der Finanzierung zu überprüfen. Ideal für die WEG wäre allerdings, wenn das Ergebnis dieser Überprüfung dazu führen würde, dass keine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt. Wenn die WEG aufgrund dieses Ergebnisses nicht in Gewinnerzielungsabsicht handelt, ergibt sich bei einem Tätigkeitsumfang der WEG keine ertragssteuerliche Relevanz und somit in letzter Konsequenz auch keine ­Auswirkung bei den Eigentümern.

Kommt die Finanzverwaltung zu dem Ergebnis, dass eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt, wäre das Ganze im Rahmen einer Mitunternehmerschaft zu behandeln. Die steuerliche Mitunternehmerschaft wäre nur hinsichtlich der Gewerbe- und Umsatzsteuer steuerpflichtig. In Bezug auf die Einkommensteuer ist jeder Mitunternehmer (WEG-Eigentümer) anteilig selbst steuerpflichtig, weshalb die gemeinschaftlichen Einkünfte der WEG gemäß § 180 Abgabenordnung (AO) einheitlich und gesondert festzustellen wären. Die WEG hätte in diesen Fällen eine jährliche Feststellungserklärung beim Finanzamt einzureichen. Betriebsausgaben, die beim einzelnen Eigentümer für das BHKW anfallen, wären in der Feststellungserklärung als sogenannte Sonderbetriebsausgaben geltend zu machen. Hierbei ist streng darauf zu achten, dass diese sogenannten Sonderbetriebsausgaben nur in der Feststellungserklärung und nicht in der persönlichen Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden können.

BHKW von Anfang an mit Steuerberater planen

Bei den Einnahmen aus Kapitalvermögen verzichtet die Verwaltung aufgrund der Randnummer 18 des Schreibens vom Bundesfinanzministerium (BMF) vom 18. Dezember 2009 in der Regel auf die gesonderte Feststellung nach § 180 Absatz 3 AO. Damit reicht es aus, wenn der Verwalter die anteiligen Zinsen in der jeweiligen Abrechnung für den einzelnen Eigentümer nach Miteigentumsanteilen gesondert ausweist. Eine Verwaltungsanweisung, dass etwaige gewerbliche Einkünfte der WEG in der Jahresabrechnung nur aufgeführt werden können und deshalb auf die einheitliche und gesonderte Ermittlung der Einkünfte verzichtet werden könnte, wurde bislang nicht erlassen. Im Rahmen politischer Gespräche der Verbände sollte beim Finanzministerium darauf hingewirkt werden, dass derartige gewerbliche Einkünfte ebenfalls unter die Randnummer 18 des genannten BMF-Schreibens eingeordnet werden können. Damit würde die Arbeit für die Verwaltungsunternehmen wesentlich entlastet werden und es wäre ebenfalls eine enorme Arbeitserleichterung für die beteiligten Finanzämter.

Bei der Komplexität der gesamten steuerlichen Vorgänge, die in diesem Artikel nicht abschließend dargestellt und beurteilt werden konnten, sollten Verwaltungsunternehmen bereits bei der Planung einen Steuerberater hinzuziehen, um alle Gestaltungsmöglichkeiten im Interesse der WEG ausschöpfen zu können.

Foto: © Franz Pfluegl / Shutterstock.com


Reutlinger, Alois

Alois Reutlinger ist seit 1990 selbstständiger Steuerberater und Geschäftsführer der A. Reutlinger Steuerberatungsgesellschaft im baden-württembergischen Rosenfeld. Davor war er im Bereich Außenprüfung beim Finanzamt Balingen tätig. www.steuerberater-reutlinger.de