01.03.2017 Ausgabe: 2/2017

… und jährlich nervt das Nörgeltier

Jedes Jahr der gleiche unsinnige Antrag von ein und demselben Miteigentümer!
Wie blockt man so etwas ab? Natürlich unter dem Gesichtspunkt ordnungsgemäßer Verwaltung!


Die meisten Verwalter werden es schmunzelnd bestätigen: In der Praxis begegnet man viel zu oft dieser Art „unangenehmer“ Eigentümer, die gerade in der Eigentümerversammlung ständig querschießen, Bedenken tragen, nörgeln – stören. Verwalter bewegen sich beim Umgang mit ihnen im Spannungsfeld zwischen Neutralitätsgebot und der Verpflichtung, die Versammlung effizient und reibungslos zu führen. Auch wenn es den Nagel auf den Kopf trifft: Die Bezeichnung „Querulant“ sollte man sich gegenüber diesen Personen verkneifen.
Obgleich das AG Tosted einem klagenden Wohnungseigentümer, der von seinem Verwalter in der Eigentümerversammlung so tituliert worden war, kein Schmerzensgeld zugesprochen hat (Urteil vom 3.4.2012-5 C 316/11), war dasselbe Gericht der Auffassung, wegen der Neutralitätspflichtverletzung stehe diese Bezeichnung eines Eigentümers der ordnungsgemäßen Wiederbestellung entgegen (Urteil vom 6.5.2011, 5 C 119/10). So uneinheitlich die Rechtsprechung, so sehr sei dazu zu raten: Adressieren Sie Querulanten mit ihrem Familiennamen, ein vorangestelltes „Herr“ oder „Frau“ kann nicht schaden.

Darf der überhaupt, was er will?

Wohnungseigentümer, die Verwalter mit Telefonaten und E-Mails bombardieren, bieten auch oft Grund zur Klage. Querulanten, auch sie, und dafür muss es doch eine Lösung geben, aber welche? Zunächst ist zu klären, ob es überhaupt einen berechtigten Anspruch auf das jeweilige Begehren gibt. Zweifelsfrei steht jedem Wohnungseigentümer das Recht auf Einsicht in sämtliche Verwaltungsunterlagen zu. Es kann sowohl in den Geschäftsräumen des Verwalters geltend gemacht werden als auch durch kostenpflichtige Übermittlung der entsprechenden Dokumente. Im Büro ist dies während der üblichen Geschäftszeiten statthaft, allerdings ohne den Verwalter und seine Mitarbeiter über das zumutbare Maß hinaus zu okkupieren. Eine einseitige Erklärung des Verwalters kann dem ein Ende setzen. Das Einsichtsrecht ist aber vom Anspruch auf Auskunft zu trennen. Der BGH hat mit Urteil vom 11.2.2011, V ZR 66/10, entschieden, dass der gegen den Verwalter gerichtete Anspruch auf Auskunft zur Jahresabrechnung und zum Wirtschaftsplan allen Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zusteht. Erst wenn sie davon trotz des Verlangens eines Eigentümers keinen Gebrauch machen, kann dieser allein Auskunft verlangen. Darüber hinaus besteht der Anspruch eines einzelnen Eigentümers dann, wenn sich das Auskunftsersuchen auf Sachverhalte bezieht, die ausschließlich ihn betreffen. Verwalter müssen daher stets prüfen, ob ein einzelner Eigentümer Anspruch auf sein Begehren hat. Wenn nicht, besteht auch keine Verpflichtung, sich auf weitere Diskussionen einzulassen.

Das muss auf die Agenda!

Das riecht schon im Vorfeld nach Ärger: Sind Verwalter tatsächlich dazu verpflichtet, die 27 jährlich ­wiederkehrenden ergänzenden Tagesordnungspunkte eines Eigentümers in das Einberufungsschreiben für die Eigentümerversammlung aufzunehmen? Entgegen des verbreiteten Vorurteils bedarf die Aufnahme von Tagesordnungspunkten nicht des Quorums nach § 24 Abs. 2 WEG.

Die Rechtsprechung verpflichtet Verwalter dazu, Tagesordnungspunkte aufzunehmen, sofern diese den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen. Eine Einschränkung gilt für verspätete Anträge, also solche, die die zweiwöchige Frist aus § 24 Abs. 4 S. 2 WEG überschreiten. In diesen Fällen muss der Verwalter lediglich Tagesordnungspunkte aufnehmen, wenn es die besondere Dringlichkeit der Maßnahme erfordert, was im Einzelfall zu prüfen ist. Im Übrigen ist er berechtigt, verspätete Anträge zurückzuweisen, da ein solches Vorgehen zur Anfechtbarkeit von Beschlüssen führen kann (LG München I, Urteil vom 16.5.2011, 1 S 5166/11). Zu unterscheiden, wann ein Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, ist in der Praxis oft schwer. So recht­fertigt beispielsweise allein der Umstand, dass die Eigentümerversammlung den Antrag eines Miteigentümers in einer früheren Versammlung abgelehnt hat, nicht, dass dieser Tagesordnungspunkt nicht erneut zur Beschlussfassung steht. Es liegt im Ermessen der Versammlung, eine bereits getroffene Antragssituation neu zu bescheiden. Auch aus diesem Grund sollten sich Verwalter im Vorfeld der Versammlung nicht auf unsinnige Diskussionen mit ­einzelnen Eigentümern über die Aufnahme gewünschter Tagesordnungspunkte einlassen. Im Falle einer pflichtwidrigen Weigerung kann ein Anspruch nach § 43 Nr. 3 WEG gerichtlich gegen den Verwalter geltend gemacht werden. Als positiver Nebeneffekt dieser Vorgehensweise bleibt der vermiedene Konflikt mit dem ­Eigentümer im Vorfeld der Versammlung.
Showtime!

Die Besserwisser, Schreihälse, Choleriker und Berufskritiker betreten die Bretter, die für sie die Welt bedeuten: die Wohnungseigentümerversammlung. Ständige Wortmeldungen, lautstarkes Unterbrechen des Verwalters und der Miteigentümer, langatmige Erklärungen und Ausführungen zu einzelnen Tagesordnungspunkten werden als Störung des Versammlungsablaufs empfunden – was meist auch zutreffend ist. Der Verwalter ist nach § 24 Abs. 5 WEG Vorsitzender und in dieser Eigenschaft auch Leiter der Versammlung. Leitung bedeutet, einen möglichst raschen und reibungslosen Ablauf der Versammlung zu gewährleisten, wobei Wohnungseigentümer nicht an der Ausübung ihres Teilnahme- und Stimmrechts gehindert werden dürfen (siehe hierzu BGH Urteil vom 10.12.2010, V ZR 60/10).

Ruhe im Karton!

Zweifelsfrei trägt es der Leitungsverpflichtung auch Rechnung, Störenfriede wenn nötig zu ermahnen, um den effizienten Ablauf der Versammlung herbeizuführen. Einer Legitimation dazu bedarf es nicht, das Anfachen des ohnehin schon bestehenden Konflikts sollte aber vermieden werden. Ein wirksames Mittel, für Ordnung zu sorgen, liegt in sogenannten Geschäftsordnungsbeschlüssen (dazu umfassend und lesenswert: Greiner ZWE 2016, 297 ff.). Sie kommen in diesem Zusammenhang vor allem für die Begrenzung der Redezeit in Betracht, wobei das gesetzte Zeitlimit die Komplexität der Beschlussthemen berücksichtigen sollte. Stets ist darauf zu achten, das Teilnahmerecht (dazu zählt insbesondere auch das Rederecht) der Wohnungseigentümer nicht zu beschneiden, da in Einzelfällen eine auf diesen Umstand gestützte Anfechtungsklage erfolgreich sein kann. Wichtig: Im Rahmen der Beschlussfassung hat der Versammlungsleiter jederzeit das Recht, selbst das Wort zu ergreifen, um ggf. die Ordnung ­wieder herzustellen.

Tipp: Es empfiehlt sich, Geschäftsordnungsbeschlüsse zur Redezeitbegrenzung so zu fassen, dass bei Überschreitung der vereinbarten Redezeit nach Ankündigung das Wort entzogen werden kann. Gewarnt sei vor Regelungen, die die Redezeit generell und ohne Ausnahme begrenzen. Sie entsprechen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung (LG Frankfurt am Main, ZWE 2014,408). Um den unmittelbaren Konflikt mit „Störern“ nicht noch zu schüren, ist es besser, einen Miteigentümer den Geschäftsordnungsantrag zur Redezeitbegrenzung „stellen zu lassen“. 

Eleganter Rückzieher

Als probates Mittel eignet sich auch die Übertragung der Versammlungsleitung auf den „Störer“. § 24 Abs.  5 WEG eröffnet die Beschlusskompetenz dazu. Die Maßnahme besänftigt. Der sich so geschmeichelt Fühlende übernimmt den Vorsitz für die von ihm eingebrachten Tagesordnungspunkte, der Verwalter zieht sich elegant aus der Affäre, der Rest erledigt sich meist durch die Eigendynamik der Versammlung – und der Interimsvorsitzende erfährt den Unterschied zwischen Versammlungsleitung und Versammlungsstörung am eigenen Leibe.

… und raus bist du!

Als letzter Rettungsanker kommt der Ausschluss störender Eigentümer in Betracht. Er kann ebenfalls durch Geschäftsordnungsbeschluss erfolgen. Der Verwalter ist dann verpflichtet, den auf dem Hausrecht beruhenden Ausschluss ggf. zu erzwingen, notfalls mit Polizeieinsatz – immer noch besser als der ebenfalls denkbare sofortige Abbruch der Versammlung. Der nämlich hätte insofern negative Konsequenzen, weil für die noch nicht behandelten Beschlüsse eine weitere Versammlung zusätzlich anberaumt werden muss. Zwingend geboten ist es, Störungen, die zum Ausschluss führten, im Protokoll zu dokumentieren. Als Grundlage des Geschäftsordnungsbeschlusses sowie des Ausschlusses selbst muss in einem Anfechtungsverfahren beides bewiesen werden können.

Fazit

Ein Ein Patentrezept für den Umgang mit schwierigen Eigentümern gibt es nicht. Auch mit juristischen Mitteln lässt sich das Problem nur eingeschränkt lösen. Das Einzige, was Verwaltern in dieser Versammlungssaison sicher hilft, ist einfach mehr Gelassenheit.

Foto: © ibreakstock / Shutterstock.com


Volpp, Stephan

Der Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Justiziar des VDIV Baden-Württemberg. Volpp ist Dozent bei der Akademie der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Baden-Württemberg und Mitglied des Prüfungsausschuss ­Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei der Rechtsanwaltskammer Stuttgart.