13.03.2020 Ausgabe: 1/20

Unter Null - Kommt die Negativverzinsung für Bankguthaben? Und was bedeutet das für die Verwaltung von ­Instandhaltungsrücklagen und Mietkautionen?

Seit der globalen Finanzkrise ist nichts mehr wie es war: Deren Beginn kann auf den 9. August 2007 datiert werden, den Tag, an dem die Zinsen für Interbankfinanzkredite sprunghaft anstiegen. Ihren Höhepunkt erreichte die Krise mit dem Zusammenbruch der US-amerikanischen Großbank Lehman Brothers am 15. September 2008. Im weiteren Verlauf mussten mehrere Staaten sogenannte systemrelevante Finanzinstitute mit enormen Kapitalerhöhungen durch – vor allem staatliches – Fremdkapital, aber auch mit Eigenkapital sichern. Einige Banken wurden verstaatlicht und später geschlossen. Die ohnehin hohe Staatsverschuldung vieler Länder stieg in der Folge stark an, insbesondere die der USA. Auch wurden die Leitzinsen niedrig gehalten oder weiter gesenkt, um eine Kreditklemme zu verhindern, wenigstens abzumildern. Und dennoch übertrug sich die Krise auf die Realwirtschaft, was sich durch rückläufige Produktion und Zusammenbrüche von Unternehmen bemerkbar machte.

Von der Finanz- zur Eurokrise
Ab 2009 folgte auf die Finanzkrise die Eurokrise. Als ihr Auslöser gilt die Mitteilung der gerade neu gewählten griechischen Regierung, dass die Nettoneuverschuldung 2009 nicht, wie von der Vorgängerregierung (vorsätzlich falsch) angegeben, rund sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts betrage, sondern mindestens das Doppelte.

Neben der Europäischen Union hat die Europäische Zentralbank (EZB) diverse Maßnahmen ergriffen, um die Stabilität der Finanzen im Euroraum, insbesondere der PIIGS-Staaten (Portugal, Italien, Irland, Griechenland, Spanien), aber auch der Frankreichs sowie ihrer Banken zu sichern. Wesentlich sind hier das sogenannte Anleihenaufkaufprogramm und die Senkung des Einlagesatzes, eines Leitzinssatzes der EZB. Der Einlagesatz sank von drei Prozent am 13. Juni 2007, also vor der Finanzkrise, auf seit dem 18. September 2019 geltende -0,5 Prozent. In Deutschland führten zudem die stabile finanz- und wirtschaftspolitische Situation der Bundesrepublik sowie die mit AAA sehr guten Ratings von S & P, Moody's und Fitch dazu, dass die hiesigen Zinsen zu den niedrigsten im Euroraum gehören.

Die geschilderte finanz- und wirtschaftspolitische Gemengelage und das damit einhergehende aktuelle zinspolitische Umfeld haben weitreichende Auswirkungen auf zahlreiche Branchen, so auch auf die Immobilienwirtschaft: So müssen sich Hausverwalter insbesondere mit der Frage auseinandersetzen, wie sie mit ihnen anvertrauten Geldvermögen wie Instandhaltungsrücklagen und Mietkautionen verfahren, um durch drohende Strafzinsen keinen Verlust zu erleiden und zugleich die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen.

Die zinsgünstige Anlage
Hausverwaltungen haben gemäß § 21 Abs. 5 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) eine angemessene Instandhaltungsrücklage anzusammeln. Über die Art und Weise der Geldanlage trifft das Gesetz keine Aussage. Hat die Eigentümergemeinschaft keine Weisung erteilt, wozu sie aufgrund § 27 Abs. 1 WEG berechtigt ist, oder trifft die Gemeinschaftsordnung hierzu keine Regelung, hat die Hausverwaltung sich an den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung im Sinne des § 21 WEG zu orientieren. So muss sie zumindest eine zinsgünstige Anlage der nicht unmittelbar oder kurzfristig benötigten Gelder bewirken (BayObLG, NJW-RR 1995, 530).

Da die WEG-Verwaltung eine besondere Verantwortung für die Gelder der Wohnungseigentümer trägt und zur Sorgfalt verpflichtet ist, muss sie nach Auffassung der Richter auch darüber wachen, dass die Eigentümer keine allzu riskanten Entscheidungen treffen, oder zumindest versuchen, dies zu verhindern. Auf Grund dieser Beschränkung der Anlagemöglichkeiten und -dauer kommen nur Tagesgelder, Festgelder und Spareinlagen sowie kurzfristige festverzinsliche Wertpapiere mit 100-prozentiger Rückzahlungsgarantie infrage. Gerade bei diesen Anlageformen ist in Deutschland aber aufgrund der oben skizzierten Situation zu erwarten, dass Barvermögen nicht oder gar negativ verzinst werden. Die Zinslage muss dazu auch vor dem Hintergrund der gravierenden strukturellen Veränderungen im deutschen Kreditwesen betrachtet werden. Viele deutsche Banken berechnen schon seit dem Jahr 2017 Negativzinsen für Einlagen von institutionellen Anlegern, Firmenkunden und große Privatvermögen. Ab diesem Jahr werden nur noch wenige Kreditinstitute Bankguthaben auch nur gering verzinsen, sondern günstigstenfalls mit null Prozent, häufiger aber im negativen Bereich. Insbesondere den Transfer von Guthaben von einem zu einem anderen Geldinstitut wird das aufnehmende Institut zukünftig mit Negativzinsen und/oder weiteren Gebühren belegen.

Besser jetzt investieren
Keine Option ist es, anvertraute Vermögen bei ausländischen Geldinstituten anzulegen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft als Rechtskonstrukt ist jenseits der deutschen Grenzen unbekannt, und die Deckung nach § 7 Abs. 5 Einlagensicherungsgesetz von 100.000 Euro je Eigentümer greift nicht, denn sie gilt nur für deutsche Kreditinstitute.

Was aber bleibt als Alternative, wenn eine Geldanlage keine Zinsen mehr bringt? Die Gebäude vieler Eigentümergemeinschaften wurden in den 1960er, 70er und 80er Jahren gebaut und entsprechen häufig nicht mehr den aktuellen oder zukünftigen energetischen Anforderungen im Sinne des Klimaschutzes. Verwalter sollten daher in der Eigentümerversammlung darauf dringen, dass notwendige Modernisierungsmaßnahmen (Heizung, Fenster, Fassade, Dach etc.) zügig beschlossen und durchgeführt werden. Auch die geplanten Änderungen des WEG zur E-Mobilität werden weitere Investitionen erfordern. Für diese Maßnahmen kann die Instandhaltungsrücklage eingesetzt werden, und weil sie oft zur Finanzierung der geplanten Maßnahmen nicht ausreicht, kann sie durch ein sogenanntes WEG-Darlehen aufgestockt werden. Mit Laufzeiten von zehn Jahren und zehnjähriger Zinsbindung bieten die Kreditinstitute in der derzeitigen Zinssituation aktuell sehr günstige Konditionen, wobei die zur Verfügung stehende Instandhaltungsrücklage als Eigenkapital verwendet werden kann. Darüber hinaus lassen sich für energetische Sanierungsmaßnahmen zinsgünstige KfW-Förderdarlehen in die Finanzierung einbinden. Wegen der teils sehr komplexen Materie ist es sinnvoll, dass Hausverwalter und die Wohnungseigentümergemeinschaft einen Berater hinzuziehen.

Mietkautionen gesetzes­konform verwalten
Mietkautionen werden in Deutschland überwiegend als Barkaution vom Mieter gefordert. Der Vermieter hat diese Gelder getrennt von seinem übrigen Vermögen zu verwalten. Er hat sie insolvenzfest und verzinst anzulegen (§ 551 Abs. 3 BGB). Der Mieter darf deshalb die Zahlung der Kaution an den Vermieter von der Benennung eines insolvenzfesten Kontos abhängig machen. Die Verzinsung richtet sich mindestens nach dem Zinssatz für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist (§ 551 Abs. 3 BGB). Damit liegt die Verzinsung von Mietkautionen im aktuellen zinspolitischen Umfeld bei nahezu 0,00 Prozent. Als Alternative bietet sich die Mietkautionsbürgschaft an, auch Mietaval genannt: Die Bank des Mieters gibt dem Vermieter die Sicherheit, ggf. für Schäden oder Mietausfall aufzukommen, bis zur Höhe der vertraglich vereinbarten Kaution. Den Mietaval bieten allerdings nicht mehr viele Banken an, für den jährlich Gebühren in Höhe von ca. drei Prozent des Avalbetrags anfallen, zudem eine Bearbeitungspauschale, was ihn in Summe für Mieter zur teuren Variante macht.

Eine weitere Möglichkeit ist die Mietkautionsversicherung: Für die Deckung entstehender Schäden aus dem Mietverhältnis springt der jeweilige Anbieter ein. Dafür zahlt der Mieter monatlich oder jährlich Versicherungsprämien, die dieses Modell insbesondere bei langjährigen Mietverhältnissen nicht gerade günstig gestalten. Zudem hat der Vermieter hier keinen Zugriff auf die Kaution, sondern muss sie, wie beim Mietaval auch, erst anfordern.

Die Barkaution bleibt praktikabel
Fazit: Die Barkaution ist und bleibt für Vermieter auch weiterhin die einfachste und praktikabelste Form der Mietsicherheit – schon deshalb, weil die meisten Kreditinstitute die Mietkautionsverwaltung als Service anbieten, den sie sich mit einer einmaligen oder jährlichen Gebühr vergüten lassen. Damit Mietverwaltungen auf diesen Kosten nicht sitzen bleiben, sollte die Weiterberechnung vertraglich geregelt sein, denn bis dato zählen diese Gebühren ohne gesonderte Vereinbarung nicht zu den umlagefähigen Kosten. So sollte im Verwaltervertrag geregelt sein, dass die Kosten der Kautionsverwaltung der Eigentümer zu tragen hat. Im Mietvertrag wiederum muss die Weiterbelastung der Kosten an den Mieter festgeschrieben sein.

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Nassl, Rudolf

Das Mitglied des Vorstands der Hausbank München eG ist verantwortlich für das Ressort Immobilienwirtschaft.
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