23.01.2019 Ausgabe: 1/19

Unternehmen WEG

Teil 3: Welche steuerlichen Auswirkungen hat der Verzicht auf die ­Umsatzsteuerbefreiung?

Das Umsatzsteuergesetz eröffnet mit der Vorschrift des § 9 UStG Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) die Möglichkeit, auf die grundsätzlich steuerbefreiten Leistungen, wie sie in § 4 Nr. 13 UStG aufgeführt sind (siehe DDIVaktuell 5/18), zu verzichten. Diese Verzichtserklärung, damit also die Option zur Regelbesteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des § 16 UStG beinhaltet dann gleichzeitig auch den Verzicht auf die Anwendung der sogenannten „Kleinunternehmerregelung“ im Sinne des § 19 UStG und bindet die Gemeinschaft für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren.

Wann ist der Verzicht sinnvoll?

Sinnvoll ist eine solche Optionserklärung nur dann, wenn einzelne Teil- oder Wohnungseigentümer einer WEG die Umsatzsteuer aus der Hausgeldabrechnung wiederum als Vorsteuer in ihren eigenen Umsatzsteuererklärungen zum Abzug bringen können. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn die betreffenden Eigentümer ihre Räumlichkeiten für eigene gewerbliche bzw. berufliche Zwecke nutzen (z. B. als Ladenlokal, Rechtsanwalts- oder Steuerberatungspraxis, Maklerbüro etc.) und mit ihrer Tätigkeit somit selbst der Umsatzsteuerpflicht unterliegen. Hierzu zählt neben der Eigennutzung auch die Vermietung an andere Unternehmer, wenn die Räume für Umsätze verwendet werden, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Damit dürfte klar sein, dass eine Option z. B. für Arztpraxen und Kleinunternehmer im Sinne des § 19 Abs. 1 UStG nicht möglich ist, da diese nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Bevor sich eine WEG für die Option zur Regelbesteuerung und damit auf den Verzicht einzelner Steuerbefreiungen entscheidet, sollte in jedem Fall auch der wirtschaftliche Aspekt überprüft werden. Hiernach ist die Option regelmäßig nur dann sinnvoll, wenn der zu erwartende Vorsteuerabzug bei den einzelnen Eigentümern höher ist als die wohl auf jeden Fall entstehenden Mehrkosten für den zusätzlichen Verwaltungsaufwand, der im Einzelfall beachtlich sein kann. Denn im Anschluss an eine solche Optionserklärung hat der Verwalter die künftigen Jahresabrechnungen grundsätzlich für die umsatzsteuerpflichtigen und umsatzsteuerfreien Eigentümer getrennt zu erstellen. Während im einen Fall die in der Abrechnung aufgeführten Kosten netto und die darauf entfallende Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen werden muss, darf bei den nicht an der Option beteiligten Eigentümern (z. B. Selbstnutzer) die Umsatzsteuer nicht gesondert in der Jahresabrechnung ausgewiesen werden. Andernfalls würde die WEG die in diesen Abrechnungen unberechtigt ausgewiesene Steuer zusätzlich an das Finanzamt abführen müssen (§ 14 c UStG).

Für Verwalter zu beachten

Des Weiteren hat der Verwalter die besonderen Aufzeichnungspflichten i. S. d. § 22 UStG zu beachten, was im Ergebnis dazu führt, dass bereits in der Buchhaltung der jeweiligen Eigentümergemeinschaft umfangreiche Aufteilungen hinsichtlich der steuerfreien und steuerpflichtigen Einnahmen sowie der in den Kostenrechnungen ausgewiesenen Vorsteuerbeträge erfolgen müssen. So sind auch die Bestimmungen des § 14 Abs. 4 UStG zum formalen Inhalt einer Rechnung von besonderer Bedeutung, wenn die darin enthaltene und gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer gem. § 15 UStG ganz oder teilweise geltend gemacht werden soll.

Der weitere Aufwand für den Verwalter besteht in der Verpflichtung, nunmehr für die WEG regelmäßig USt-Voranmeldungen zu erstellen und dem Finanzamt auf elektronischem Wege zu übermitteln (§ 18 UStG). Soweit die zu entrichtende Umsatzsteuer jährlich nicht mehr als 1.000 Euro beträgt, kann das Finanzamt auf die vierteljährliche Abgabe der Voranmeldungen verzichten. Übersteigt die Steuer dagegen den Betrag von 7.500 Euro, sind die USt-Voranmeldungen monatlich einzureichen. Der Kalendermonat gilt jedoch auch in den ersten beiden Jahren als Voranmeldungszeitraum nach der erstmaligen Option und damit der Verpflichtung zur Entrichtung von Umsatzsteuern.

Zusätzlich zur Abgabepflicht der lfd. Voranmeldungen hat der Verwalter dann jährlich die USt-Jahreserklärung zu erstellen und ebenfalls auf elektronischem Weg dem Finanzamt zu übermitteln.

Hier entstehen Mehrkosten

Vor dem Hintergrund des durchaus erheblichen Mehraufwands für den Verwalter werden wohl regelmäßig die von der Option nicht betroffenen Eigentümer einer WEG penibel darauf achten, dass sie durch die ebenfalls anfallenden Mehrkosten der Verwaltung nicht zusätzlich belastet werden. So sollte es selbstverständlich sein, dass die Entscheidung zur USt-Option nur durch Mehrheitsbeschluss der Eigentümergemeinschaft erfolgen kann (so auch Bärmann/Becker § 28 Rn. 122, 123, 13. Aufl.). Dieser Beschluss muss dann auch die Verteilung der anfallenden Mehrkosten für die Verwaltung enthalten. Der von einem Verwalter ohne gesonderten Beschluss der Gemeinschaft erklärte Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung ist jedenfalls mangels Bevollmächtigung unwirksam (LG Hagen, Urteil vom 8.4.2014 – 3 T 39/10).

Neben den bisher beschriebenen überwiegend formalen Konsequenzen, die sich aus dem Verzicht auf die USt-Befreiung ergeben, sind noch weitere steuerliche Folgen zu beachten, auf die nachfolgend ­eingegangen wird.

Konsequenzen für Leistungen der WEG

Der mit der Option zwangsläufig verbundene Wegfall der Kleinunternehmerregelung im Sinne des § 19 UStG führt dazu, dass für sämtliche Einnahmen der WEG, die auch bisher nicht ausdrücklich nach den Vorschriften der §§ 4 Nr. 12 und Nr. 13 UStG von der Umsatzsteuer befreit waren, nunmehr die Umsatzsteuer nach dem allgemeinen Regelsteuersatz von derzeit 19 Prozent an das Finanzamt abgeführt werden muss. Beispielsweise kämen in diesem Fall die Einnahmen aus dem Verkauf von Münzen für Trockner und Waschmaschinen an Mieter, Einnahmen aus der Vermietung von Stellplätzen sowie Einnahmen aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage oder eines Blockheizkraftwerks infrage. Zu diesen möglichen Einnahmen einer WEG wurde bereits in DDIVaktuell 5/18 und 7/18 eingehend Stellung genommen.

Der Vollständigkeit halber soll an dieser Stelle noch darauf hingewiesen werden, dass WEG auch im Fall der Option grundsätzlich von den Bestimmungen des § 13b UStG (Umkehr der Steuerschuldnerschaft – reverse-charge) ausgenommen sind, wenn die hier in § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG genannten Bauleistungen als steuerfreie Leistungen (§ 4 Nr. 13 UStG) der WEG an die Wohnungseigentümer weitergegeben werden. Dies gilt auch dann, wenn die Eigentümergemeinschaft auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 13 UStG verzichtet hat und die dementsprechenden Umsätze teilweise oder ganz als steuerpflichtig behandelt (UStAE 13b. 3 Abs. 9). Doch Vorsicht: Betreibt die WEG z. B. eine Photovoltaikanlage oder ein BHKW und erzielt hierbei Einnahmen aus dem Stromverkauf, würden diese nicht unter die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 13 UStG fallen – mit dem Effekt, dass folglich im Fall der Anschaffung wiederum die Bestimmungen des § 13 b UStG zu beachten wären. Im Fall der lfd. Wartungs- und Reparaturarbeiten könnte andererseits die jeweilige Freigrenze in Höhe von 500 Euro in Anspruch genommen werden (UStAE 13b. 2 Abs. 7 Nr. 15). Die Ausnahmen von den Bestimmungen des § 13 b UStG sind jedoch auf keinen Fall anzuwenden, wenn eine WEG Leistungen durch einen ausländischen Unternehmer erbringen lässt.

Das gilt für ­Bauleistungen

Zum Abschluss soll noch auf eine weitere Bestimmung hingewiesen werden, die oftmals bereits in Vergessenheit geraten ist, für den Verwalter jedoch eine erhebliche Haftungsgefahr darstellt. Bereits seit dem Jahr 2002 haben Leistungsempfänger einer Bauleistung gem. § 48 Abs. 1 EStG einen Steuerabzug i. H. von 15 Prozent für Rechnungen des Leistenden vorzunehmen und an das Finanzamt abzuführen, wenn sie selbst Unternehmer i. S. d. § 2 UStG sind. Da WEG auch ohne die hier beschriebenen Folgen der Optionserklärung als Unternehmer im Sinne des UStG gelten, lässt sich der Verpflichtung zum Steuereinbehalt nur entgehen, wenn der Verwalter darauf achtet, dass der leistende Unternehmer der WEG eine Freistellungsbescheinigung i. S. d. § 48b Abs. 1 S. 1 EStG vorlegt. Ein Steuerabzug durch den Verwalter muss auch dann nicht vorgenommen werden, wenn die Bauleistungen im Kalenderjahr 5.000 Euro nicht überschreiten. Diese Grenze bezieht sich hierbei immer auf den konkret Leistenden, damit also nicht auf alle Leistenden in ihrer Gesamtheit.

Interessant ist vielleicht auch noch der Hinweis, dass im Zweifel die Überschreitung der Freigrenze vermieden werden kann, wenn die möglicherweise erst zum Jahreswechsel fällige Zahlung (Gegenleistung) der Handwerkerrechnung teilweise oder ganz in das nächste Jahr verschoben wird, da die Freigrenze kalenderjahrbezogen ist (Schmidt/Loschelder EStG § 48 Rn. 29).


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Wilhelmy, Wolfgang

Der Steuerberater betätigt sich auch als Autor und Referent im Wohnungs­eigentumsrecht.
www.steuerberater-­wilhelmy.de