29.04.2019 Ausgabe: 2/19

Unternehmen WEG - Teil 4: Welche Aufgaben und ­Pflichten hat die Eigentümergemeinschaft als ­Arbeitgeberin?

Nachdem in den vorangegangen Teilen der Beitragsreihe ausschließlich steuerliche Themen angesprochen wurden, soll zum Abschluss noch die grundsätzliche Aufgabenstellung der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) in ihrer Funktion als Arbeitgeberin beleuchtet werden. Die nachfolgend beschriebenen Aufgaben und Pflichten dürften sicherlich den wenigsten Wohnungseigentümern, aber wohl auch vielen Verwaltern nur teilweise bekannt sein, soweit die praktische Umsetzung an externe Dienstleister wie z. B. Steuer­berater ­übertragen wird.

Wer ist Arbeitgeber?

Zunächst stellt sich damit die Frage, wer die Stellung des Arbeitgebers einnimmt. Nach den Ausführungen in § 1 Lohnsteuerdurchführungsverordnung (LStDV), Abschnitt 19.1 Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) ist Arbeitgeber, wer aufgrund eines mündlichen oder schriftlichen Arbeitsvertrages Anspruch auf die Arbeitskraft eines Arbeitnehmers hat und berechtigt ist, diesem Weisungen zu erteilen. Dies können sowohl natürliche als auch juristische Personen sowie Personenzusammenschlüsse mit oder ohne eigene Rechtspersönlichkeit sein. Hierzu zählt im Ergebnis auch eine WEG als Personenmehrheit, die durch Gesetz zu einer Organisation zusammengefasst ist und deren Zweck auf die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums gerichtet und beschränkt ist (Verband sui generis).
Die Aufgaben der WEG als Arbeitgeber werden in diesem Fall durch den Verwalter im Rahmen seiner Befugnisse und Verpflichtungen aus § 27 Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz sowie § 34 Abgabenordnung (AO) wahrgenommen. Ist im Arbeitsvertrag zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und z. B. dem Hausmeister die WEG als Dienstberechtigte ausgewiesen und unterschreibt der Verwalter für diese, so handelt er bei der Ausübung der übertragenen Weisungsbefugnis in Vertretung für die WEG und nicht aus eigenem Recht. Mit Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27.9.2012, Az. 2 AZR 838/11, wurde klargestellt, dass eine solche Vertragsgestaltung nicht zur rechtsmissbräuchlichen Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes führt.

Wer ist Arbeitnehmer?

Der Arbeitnehmerbegriff ist ebenfalls in § 1 LStDV definiert. Als wichtigste Merkmale gelten hierbei:

  • die Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers,
  • Weisungsgebundenheit und
  • fehlendes eigenes Unternehmerrisiko.

In der Sozialversicherung liegt dagegen der Schwerpunkt der Beurteilung in der Weisungsgebundenheit als Merkmal der persönlichen Abhängigkeit. Die Prüfung der vorstehenden Merkmale kann im Zweifel von Bedeutung sein, wenn es um die Beurteilung möglicher „Scheinarbeitsverhältnisse“ geht.
Bezogen auf die hier angesprochene WEG dürften im Ergebnis vorrangig wohl Hausmeister und Reinigungskräfte für das gemeinschaftliche Eigentum als Arbeitnehmer in Frage kommen. Die Beschäftigung erfolgt dann entweder auf Grundlage eines festen Anstellungsverhältnisses oder aber vielfach wohl im Rahmen eines geringfügig entlohnten Beschäftigungsverhältnisses, dem sogenannten 450-Euro-Job.

Lohnsteuer und Sozialversicherung

Rechtsgrundlage für den Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber ist zunächst § 38 EStG. Hier wird festgelegt, dass die Einkommensteuer für die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vom Arbeitgeber durch den Abzug vom Arbeitslohn zu erheben ist. Im Fall der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse (450-Euro-Jobs i. S. d. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV) wird die Lohnsteuer dagegen nicht durch den Abzug vom Arbeitslohn, sondern gem. § 40 a Abs. 2 EStG in Höhe von zwei Prozent des gezahlten Arbeitsentgelts pauschal erhoben. Weiterhin sind in diesen Fällen abweichend von den allgemeinen Bestimmungen zur Sozialversicherung auch die Beiträge zur Rentenversicherung i. H. von 15 Prozent und zur Krankenversicherung i. H. von 13 Prozent pauschal zu berechnen und an die Bundesknappschaft Bahn-See zu entrichten. Seit dem 1.1.2013 hat der geringfügig Beschäftigte darüber hinaus 3,6 Prozent des Arbeitsentgelts als Anteil für die gesetzliche Rentenversicherung zu tragen, soweit er nicht ausdrücklich einen Antrag auf Befreiung beim Arbeitgeber gestellt hat (§ 6 Abs. 1 b SGB VI). Zusätzlich hat der Arbeitgeber noch die Beiträge zur Umlage U1 (Entgeltfortzahlung) i. H. von derzeit 0,9 Prozent zu entrichten sowie Beiträge zur Umlage U2 in Höhe von derzeit 0,24 Prozent (Mutterschutzgesetz). Dagegen ist die Insolvenzgeldumlage U3 für WEG nicht zu zahlen, da diese nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht insolvenzfähig sind (BSG v. 23.10.2014, B11 Al 6/14R). Abschließend ist in diesem Zusammenhang noch auf die Beitragspflicht zur gesetzlichen Unfallversicherung hinzuweisen, für die dann jährlich eine Meldung an die zuständige Berufsgenossenschaft abzugeben ist (§ 28 a Abs. 2 a SGB IV). Dies ist für WEG die VBG Hamburg.
Die Anwendung des Haushaltscheckverfahrens für Beschäftigte in Privathaushalten i. S. d. § 8 a SGB IV mit den niedrigeren Beitragssätzen von insgesamt zwölf Prozent kommt bei einer WEG nicht zur Anwendung (BSG vom 29.8.2012, Az. B 12 R 4/10R). Im Wesentlichen wurde die Inanspruchnahme des HH-Verfahrens mit der Begründung zurückgewiesen, dass Eigentümergemeinschaften regelmäßig durch eine professionelle Verwaltung vertreten wären und somit die Gefahr der illegalen Beschäftigung ausgeschlossen sei. Die gegen die Entscheidung des BSG eingelegte Verfassungsbeschwerde (Az. 1 BvR 138/13) wurde ebenfalls am 22.9.2015 als unzulässig zurückgewiesen.

Aufzeichnungs- und Meldepflichten

Die Bestimmungen zu den umfangreichen Aufzeichnungs- und Meldepflichten des Arbeitgebers sind durch viele Änderungen und Ergänzungen in den letzten Jahren zu einem komplexen Bestandteil der lohnsteuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften geworden. So lässt insbesondere auch die fortschreitende Digitalisierung kaum noch Ausnahmen zu. Für das Steuerrecht gelten im Wesentlichen die Ausführungen in § 41 EStG i. V. mit den §§ 4, 5 und 8 LStDV sowie Abschnitt 41.1 ff. LStR. Neben den Bestimmungen zur Führung von Lohnkonten, getrennt für jeden Arbeitnehmer und jedes Kalenderjahr, für steuerliche Zwecke nehmen die Vorschriften der Beitragsverfahrensordnung, zuletzt geändert am 11.12.2018 (BGBl I S. 2387), einen breiten Raum ein. Hiernach sind ebenfalls alle Arbeitgeber verpflichtet, für jeden Beschäftigten Entgeltunterlagen in deutscher Sprache zu führen und geordnet aufzubewahren. Diese Verpflichtung gilt unabhängig von einer evtl. bestehenden Versicherungspflicht und ist damit auch für geringfügig Beschäftigte erforderlich. Darüber hinaus sind auch die Meldepflichten auf Grundlage des Meldeverfahrens zwischen den Arbeitgebern und den Einzugsstellen gem. § 28 a SGB IV sowie der Datenerfassungs- und Übermittlungsverordnung (DEÜV) nach § 28 b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 – 3 SGB IV zu beachten.
Hinzu kommen die seit dem 1.1.2015 neu eingeführten Aufzeichnungspflichten nach dem Mindestlohngesetz. Danach hat der Arbeitgeber die tägliche Arbeitszeit (Beginn, Ende und Dauer) für sämtliche geringfügig Beschäftigten zeitnah, d. h. spätestens am siebten Tag nach der Arbeitsleistung, aufzuzeichnen und diese Daten mindestens zwei Jahre aufzubewahren (§ 17 MiLoG). Im Übrigen wurde der Mindestlohn zum 1.1.2019 von bisher 8,84 Euro auf 9,19 Euro erhöht, ab dem 1.1.2020 werden es 9,35 Euro sein.

Lohnsteuer und Sozialabgaben

Der Arbeitgeber hat spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden LSt-Anmeldungszeitraums die Lohnsteuer nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz anzumelden und ebenfalls bis zum zehnten Tag an das Finanzamt zu entrichten (§ 41 a Abs. 1 EStG). Zuständig ist im Fall der WEG regelmäßig das Finanzamt, in dessen Bezirk der Verwalter seine Betriebsstätte unterhält (§ 41 Abs. 2 EStG).
Als Anmeldezeitraum für die Lohnsteuer ist grundsätzlich der Kalendermonat maßgebend (§ 41 a Abs. 2 EStG). Die Anmeldung ist vierteljährlich einzureichen, wenn die abzuführende LSt im Vorjahr mehr als 1.080 Euro, aber nicht mehr als 5.000 Euro betragen hat. Kalenderjährlich kann die Abgabe erfolgen, wenn die LSt im Vorjahr weniger als 1.080 Euro betragen hat.
Die Gesamtsozialversicherungsbeiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats, in dem die Beschäftigung ausgeübt wurde, zu entrichten (§ 23 Abs. 1 S. 2 SGB IV). Jedoch müssen die Beitragsnachweise der zuständigen Einzugsstelle bereits zwei Tage vorher vorliegen.

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Wilhelmy, Wolfgang

Der Steuerberater betätigt sich auch als Autor und Referent im Wohnungs­eigentumsrecht.
www.steuerberater-­wilhelmy.de