01.06.2016 Ausgabe: 4/2016

Vereinbarung der „Betriebskosten“ genügt auch bei Wohnraummietvertrag

(BGH, Urteil vom 10.2.2016, Az.: VIII ZR 137/15)

DAS THEMA

Auch mit dem vorliegenden Urteil vereinfacht der BGH die Vereinbarung von umlagefähigen Betriebskosten und damit deren Abrechnung. Bislang war umstritten, ob und inwieweit die einzelnen Betriebskostenpositionen im Vertrag genau aufgeführt werden müssen oder ob eine Verweisung auf die Betriebskostenverordnung genüge. Dies war lediglich für die Vorgängernorm der Betriebskostenverordnung, Anlage 3 zu § 27 Abs. 2 der 2. Berechnungsverordnung, positiv entschieden. Darüber hinaus hatte das Berufungsurteil, welches dieser BGH-Entscheidung zugrunde liegt, zunächst für einige Irritation gesorgt. Das Berufungsgericht hatte nämlich entschieden, dass eine fehlerhafte Verweisung auf die Vorgängernorm die o. g. Vorgängernorm nicht genügt, wenn der Mietvertrag zu einem Zeitpunkt abgeschlossen wurde, zu dem diese Norm bereits außer Kraft getreten war und die aktuelle Betriebskostenverordnung galt. In diesem Fall könnten Betriebskosten gar nicht mehr umgelegt werden. Der BGH rückt mit der zu besprechenden Entscheidung nicht nur diese Fehlentscheidung des Berufungsgerichts gerade, sondern stellt auch einige Begrifflichkeiten klar.

DER FALL

Die Parteien hatten im Mietvertrag Vorauszahlungen auf die übrigen (nicht verbrauchsabhängigen) Betriebskosten „gemäß Anlage 3 zu § 27 Abs. 2 der 2. Berechnungsverordnung“ vereinbart und darüber hinaus, dass „für Art und Umfang der Betriebskosten diese Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der 2. Berechnungsverordnung in der jeweils geltenden Fassung maßgebend“ sei. Der Mietvertrag war zu einem Zeitpunkt abgeschlossen, zu dem die Anlage 3 zu §  27 der 2. Berechnungsverordnung bereits durch die Betriebskostenverordnung ersetzt worden war. Die beklagten Mieter haben behauptet, dass die Betriebskosten nicht wirksam umgelegt worden seien und ihnen daher erhebliche Rückzahlungsansprüche für die Betriebskosten der letzten Mietjahre zustünden. Das Berufungsgericht sah den Rückzahlungsanspruch wegen der fehlerhaften Bezugnahme auf die genannte, bereits ungültige Anlage 3 noch als gegeben an.
Dem widerspricht der BGH grundlegend. Er weist zunächst auf die lange Gesetzgebungsgeschichte bezüglich des Betriebskostenkatalogs hin, der seit dem Jahr 1957 sehr ähnliche Definitionen enthält, die sich auch in den beteiligten Kreisen so durchgesetzt haben. Insbesondere ist davon auszugehen, dass die Vermieterseite jeweils so viele Betriebskosten wie nach dem geltenden Katalog möglich, umlegen will. Der verwendete Begriff der „Betriebskosten“ lässt sich daher nach den Grundsätzen der Auslegung im Formularvertrag so auslegen, wie er von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden wird. Dies sind nach Auffassung des BGH die „Betriebskosten in der jeweils geltenden Fassung der jeweils geltenden Verordnung“. Der fehlerhafte Verweis auf die nicht mehr geltende Anlage 3 ist lediglich eine unschädliche Falschbezeichnung. Auch ist der Begriff der Betriebskosten nicht unklar. Der Katalog der Betriebskosten kann als bekannt vorausgesetzt werden, ebenso die Tatsache, dass alle Vermieter seit Jahrzehnten bemüht sind, die Umlage sämtlicher Betriebskosten zu vereinbaren und diese durchzusetzen. Damit stellt der BGH auch klar, dass die Beifügung der Betriebskostenverordnung zum Mietvertrag oder eine Aufzählung des entsprechenden Katalogs im Vertrag nicht notwendig ist, gerade auch in einem Wohnraummietvertrag. Der BGH betrachtet sodann noch, ob in dem streitgegenständlichen Vertrag diese Auslegung – gewünschte Umlage möglichst umfassend, alle Betriebskosten des Katalogs – durch Zusätze oder weitere Bestimmungen unklar geworden ist, wofür sich im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte ergaben.

Verwalter­strategie

Die Formulierung von Mietverträgen kann nach dieser Entscheidung erheblich verschlankt werden, insbesondere ist eine Beifügung der Betriebskostenverordnung oder ihres Katalogs nach den Nr. 1 bis 16 nicht mehr notwendig. Lediglich wenn weitere Betriebskosten umgelegt werden sollen, die nicht in der Betriebskostenverordnung Nr. 1 bis 16 enthalten sind, wären diese im Einzelnen aufzuzählen. Auch bei älteren Mietverträgen ist nicht zu befürchten, dass die Umlage etwa durch die Bezugnahme auf bei Vertragsabschluss schon veraltete Betriebskostenkataloge unwirksam wäre. Bei der Formulierung des Vertrags ist lediglich darauf zu achten, dass nicht durch weitere Bestimmungen oder Vereinbarungen etwa eine Argumentationsmöglichkeit des Mieters geschaffen wird, wonach einzelne Betriebskostenpositionen aus dem Katalog doch nicht umgelegt werden können. Diese müssen entweder ganz klar ausgenommen werden, oder aber es muss der gesamte geltende Betriebskostenkatalog umgelegt werden. Kommt es zu Unklarheiten, könnte dies eventuell dazu führen, dass der Begriff der „Betriebskosten“ nicht in dem vom BGH herausgearbeiteten umfassenden Sinn verstanden werden kann.

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Schiesser, Dr. Susanne

DR. SUSANNE SCHIESSER
Die Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht ist Salary Partner in der Kanzlei „ Sibeth Partnerschaft Rechtsanwälte Steuerberater“.